In der Beratungspraxis begegnet man immer wieder der Annahme, Ehepartner / eingetragene Lebenspartner dürften umfassend füreinander Entscheidungen treffen, wenn der andere durch Krankheit oder Unfall handlungsunfähig wird.
Dem ist nicht so, was zu bösen Überraschungen führen kann.
Zum 1. Januar 2023 wurde im Zuge der Reform des Betreuungsrechts erstmals das sog. Ehegatten-Notvertretungsrecht (§ 1358 BGB) eingeführt. Zuvor war eine gesetzliche Vertretungsbefugnis nur im Umfang der Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs (§ 1357 Abs. 1 BGB) vorgesehen. Dies ermöglichte es, vereinfacht gesagt, „im Rahmen des Wocheneinkaufs“ auch den anderen Ehegatten zu vertreten. Eine weitergehende Berechtigung bestand jedoch nicht.
Auch mit der Einführung des Ehegatten-Notvertretungsrechts hat sich dies nicht wesentlich und nur im Rahmen der Gesundheitssorge geändert. Im Einzelnen:
„Kann ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich nicht besorgen“, so darf der andere Ehegatte (§ 1358 Abs. 1 BGB) für einen Zeitraum von maximal sechs Monaten im Wesentlichen:
- in Untersuchungen, Heilbehandlungen und ärztliche Eingriffe einwilligen oder diese ablehnen (mit Einschränkungen des § 1358 Abs. 6 i.V.m. § 1829 BGB),
- Behandlungs-/Krankenhausverträge oder Verträge über eilige Rehabilitationsmaßnahmen abschließen und durchsetzen,
- in begrenztem Umfang über freiheitsentziehende Maßnahmen (etwa Bettgitter) entscheiden und
- Ansprüche gegenüber Dritten (z.B. Sozialleistungsträger) aufgrund der Krankheit geltend machen.
Es gilt für diesen Zeitraum auch eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber dem Ehegatten.
Der Ehegatte/ Lebenspartner hat dabei das Vertretungsrecht nach den Wünschen oder dem mutmaßlichen Willen des Erkrankten auszuüben.
Dieses Notvertretungsrecht gilt jedoch nicht, wenn die Partner getrennt sind oder eine Vorsorgevollmacht erteilt wurde, die die genannte Rechte umfasst oder wenn eine Betreuung mit diesem Aufgabenbereich eingerichtet ist. Allerdings kann der Vertretung gegenüber dem Ehegatten vorab widersprochen oder diese Entscheidung im Zentralen Vorsorgeregister eingetragen werden. In einigen Fällen ist weiterhin die Genehmigung des Betreuungsgerichts erforderlich.
Zur Ausübung des Notvertretungsrechts muss zusätzlich ein Arzt das Vorliegen der Voraussetzungen schriftlich bestätigen (vgl. § 1358 Abs. 4 BGB).
Die Ausführungen machen deutlich, dass eine Vertretung in (anderen), v.a. finanziellen Angelegenheiten, nicht erfasst ist.
Eine umfassende Vertretungsmöglichkeit für den Ehegatten kann nur erreicht werden, indem dieser bereits vor dem Notfall ausdrücklich bevollmächtigt wird. Regelmäßig empfiehlt sich hierzu neben der Bankvollmacht die Erteilung einer Vorsorgevollmacht, um die Handlungsfähigkeit des Ehegatten / Lebenspartners sicherzustellen. Weitere wichtige Informationen finden sie hier.
In der Vorsorgevollmacht, idealerweise auch in Kombination mit einer Patientenverfügung, kann umfassend und ausführlich geregelt werden, welche Rechte dem Partner (oder auch einem Dritten) im Vorsorgefall zustehen sollen und welche Behandlung (oder Nicht-Behandlung) man sich wünscht.
Gerne beraten wir Sie zur Frage des Notvertretungsrechts sowie bei Fragen zur Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung umfassend.



