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13.06.2019

Steuerbegünstigte Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften – Anforderungen an eine sog. „Pool-Vereinbarung“

zugleich Anmerkung zu BFH, Urteil v. 20.02.2019 – II R 25/16

Nach dem Erbschaftsteuergesetz („ErbStG“) in der aktuell gültigen Fassung ab dem 01.07.2016 ist bei Übergang von Vermögen, z.B. aufgrund eines Erbfalls, grundsätzlich die Unterscheidung zwischen begünstigtem Vermögen und nicht begünstigtem bzw. „schädlichem“ Verwaltungsvermögen vorzunehmen. Verwaltungsvermögen unterliegt der „vollen“ Besteuerung nach ErbStG, während für begünstigtes Vermögen steuerliche Begünstigungen bis hin zu einer 100 %igen Steuerbefreiung in Anspruch genommen werden können. Eine Grenze ist insoweit in § 13 b Abs. 2 S. 2 ErbStG geregelt, wonach bei einem Anteil von mindestens 90 % Verwaltungsvermögen insgesamt keine Begünstigung mehr gewährt wird.

Im vom BFH entschiedenen Fall geht es um die Zuordnung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (hier: Anteile an einer GmbH) zum begünstigten Vermögen bzw. zum Verwaltungsvermögen. Im Streitfall war das zu vererbende Einzelunternehmen des Erben zu 12 % an einer GmbH beteiligt. Der Wert dieses GmbH-Anteils machte insgesamt 91 % des Wertes des Einzelunternehmens aus. Somit war also die o. g. „90 %-Grenze“ bereits überschritten. Die Frage war folglich, ob die Anteile des Einzelunternehmens an der GmbH (mit einem Wert von 91 %) als begünstigtes Vermögen oder Verwaltungsvermögen anzusehen sind.

Rechtsgrundlage ist § 13 b Abs. 4 Nr. 2 ErbStG. Hiernach sind Anteile an Kapitalgesellschaften grundsätzlich Verwaltungsvermögen, wenn die Beteiligung am Nennkapital 25 % oder weniger beträgt. Demnach wäre die 12 %-Beteiligung im BFH-Fall für die Annahme von begünstigtem Vermögen nicht ausreichend gewesen. Jedoch ist weiter S. 2 der Vorschrift zu beachten. Danach werden die Anteile aller Gesellschafter an der Kapitalgesellschaft für die Bestimmung der 25 % zusammen gerechnet, wenn die Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, (1.) über ihre Anteile nur einheitlich zu verfügen (= Verfügungsbeschränkung) und (2.) das Stimmrecht in der Gesellschaft nur einheitlich auszuüben (= Stimmbindung). Dies ist in einer sog. „Pool-Vereinbarung“ zwischen den Gesellschaftern zu regeln. Die zu vererbenden GmbH-Anteile gelten dann als begünstigtes Vermögen und nicht mehr als „schädliches“ Verwaltungsvermögen.

Nach o. g. BFH-Entscheidung sind an die Pool-Vereinbarung folgende Anforderungen zu stellen:

  • Die notwendige Verfügungsbeschränkung erfordert zumindest eine Regelung, wonach die Übertragung der GmbH-Anteile nur an einen beschränkten Personenkreis, beispielsweise Ehegatte oder Verwandte erfolgen darf, oder für die Übertragung stets die Zustimmung der Mehrheit der Gesellschafter erforderlich ist. Die Stimmbindung muss so geregelt sein, dass der einzelne Gesellschafter einen einklagbaren Anspruch gegen die anderen Gesellschafter erhält, das Stimmrecht einheitlich auszuüben
     
  • Nicht ausreichend ist nach BFH eine nur moralische Verpflichtung zur einheitlichen Stimmabgabe, z.B. aus einer familiären oder verwandtschaftlichen Beziehung heraus. Ebenso nicht ausreichend ist die sog. faktische Stimmbindung, also Regelungen in der Satzung, wonach ein Gesellschafter als Mehrheitsgesellschafter ohnehin alle Beschlüsse mit seiner Mehrheit fassen kann.
     
  • Die Regelungen aus der Pool-Vereinbarung müssen nicht in einem einheitlichen Vertragswerk enthalten sein. Möglich sind Regelungen in der notariell zu beurkundenden GmbH-Satzung. Zulässig ist auch der Abschluss einer gesonderten Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern außerhalb der Satzung. Eine solche Vereinbarung ist formfrei möglich und kann damit auch mündlich erfolgen. Allerdings ist von einer nur mündlichen Vereinbarung abzuraten, da hier meist nicht der Nachweis der Existenz und des exakten Inhalts gegenüber den Finanzbehörden erbracht werden kann.

Fazit:

Bei Vermögen unter Einbeziehung von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteht mit dem Abschluss einer Pool-Vereinbarung die Möglichkeit, begünstigtes Vermögen zu generieren. Dabei sind jedoch für die steuerliche Anerkennung exakt die vom BFH entschiedenen Anforderungen zu beachten. Zudem muss die Pool-Vereinbarung bereits zum Zeitpunkt der Steuerentstehung vorliegen. Eine nachträgliche Vereinbarung ist nicht möglich, in diesem Fall würde es bei der Zuordnung der Anteile an Kapitalgesellschaften von 25 % oder weniger als „schädliches“ Verwaltungsvermögen verbleiben. Es ist daher zu empfehlen, möglichst frühzeitig den Übergang von Vermögen unter Einbeziehung von Anteilen an Kapitalgesellschaften zu planen und dabei im konkreten Fall zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine steuerbegünstigte Übertragung gegeben sind bzw. welche Gestaltungsmöglichkeiten hierfür noch in Betracht kommen.