Der Warenverkehr ist heute globaler und schneller denn je. Die Logistikbranche ist dabei als Marktteilnehmer in verschiedensten Jurisdiktionen in Im- und Exporte eingebunden. Doch mit der Internationalisierung des Handels wächst auch das Risiko, unbewusst in Rechtsverstöße – insbesondere Markenrechtsverletzungen – hineingezogen zu werden.
Gerade für Logistikdienstleister, die in der Lieferkette nicht als Verkäufer, sondern als reine Servicepartner auftreten, stellt sich die Frage: Wo beginnt die eigene rechtliche Verantwortung, wenn Dritte markenverletzende Ware versenden?
Diese Frage hat das Landgericht Düsseldorf im Verfahren 37 O 42/24 – bestätigt durch das Oberlandesgericht Düsseldorf (20 U 9/25 vom 07.08.2025) – in bemerkenswerter Deutlichkeit beantwortet: Der Logistikunternehmer kann als sog. Störer mithaften. Man könne sich der Haftung nicht als „bloßer Erfüllungsgehilfe“ entziehen. Vielmehr müssen Logistikunternehmen demnach zukünftig damit rechnen, als „Ermöglicher“ von Markenrechtsverletzungen selbst ins Visier zu geraten.
Das OLG Düsseldorf (20 U 9/25) bestätigt die Entscheidung des LG Düsseldorf (37 O 42/24)
Das Urteil hat eine Unterlassungsklage eines großen Sportartikelherstellers zum Gegenstand, der Inhaberin verschiedener eingetragener Unionsmarken ist. Über verschiedene Onlineshops in China wurden Trikots mit diesen Marken ohne Zustimmung der Markeninhaberin nach Europa verkauft. Die Antragsgegnerin, ein in Deutschland ansässiger Logistikdienstleister, stellte hierbei ihre Adresse als Absenderanschrift für die Pakete zur Verfügung. Sie fungierte zudem als Rücksendeadresse für unzustellbare Ware und lagerte diese. Diese Dienstleitungen wurden für den Versand von Plagiatsware genutzt.
Das LG Düsseldorf erließ auf den Antrag der Markeninhaberin hin per Beschluss eine einstweilige Unterlassungsverfügung und bestätigte sie später im Urteil. Die Berufung zum OLG Düsseldorf blieb erfolglos.
Das LG Düsseldorf urteilte, dass auch wenn die Markenverletzung durch Dritte – nämlich den Hersteller und den Händler der Plagiatsware – als Täter oder Teilnehmer erfolgt sei, der Logistikdienstleister als Störer hafte. Auch wenn die Antragsgegnerin die Ware nicht selbst verkauft oder produziert habe, so hat sie die Markenverletzung ermöglicht, da ohne die Bereitstellung ihrer Adresse die Pakete den europäischen Markt nicht erreicht hätten. Ein Logistikdienstleister könne als Störer haften, wenn er willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung der Markenrechte beiträgt und Prüfungs- bzw. Überwachungspflichten verletzt. Insoweit gebe es zwar keine generelle Pflicht zur anlasslosen Überprüfung aller Sendungen. Allerdings sei der Logistikdienstleister verpflichtet, nach konkretem Hinweisen auf Markenrechtsverletzungen zumutbare Prüf- und Kontrollmaßnahmen zu ergreifen.
Der konkrete Vorwurf sei dabei – so das OLG Düsseldorf in der Berufungsinstanz – das „Ermöglichen“ von Rechtsverletzungen. Es gehe nicht darum, ob der Logistiker selbst Markenrechte verletzt, sondern dass er Dritten die Rechtsverletzung erleichtere.
Damit obliege es dem Logistikdienstleiser zu kontrollieren, ob die jeweilige Ware rechtsverletzend sei. Der Einwand, eine solche Kontrolle sei technisch oder wirtschaftlich unmöglich, wurde zurückgewiesen. Das Gericht stellte klar, dass von Logistikunternehmen zwar keine Vollkontrolle verlangt wird, wohl aber angemessene organisatorische Maßnahmen, die das Risiko von Rechtsverletzungen erheblich verringern. Gerade bei offensichtlichen Rechtsverletzung sei eine Stichprobenkontrolle durchzuführen. So sei insbesondere bei Importen nach Deutschland von außerhalb des EWR, insbesondere aus China, als verdächtig einzustufen, da insoweit eine Erschöpfung der Markenrechte (§ 24 MarkenG, Art. 15 UMV) regelmäßig nicht vorliege.
Was bedeutet das beim Umgang mit – möglicherweise – rechtsverletzender Ware?
Das Urteil zeigt eindrücklich: Logistikunternehmen sind nicht nur neutrale Transporthelfer, sondern stehen schnell im Fokus markenrechtlicher Haftung. Wer Adressen, Lager oder Versandservices für Dritte bereitstellt, läuft Gefahr, als Störer für Markenrechtsverletzungen in Anspruch genommen zu werden. Dies kann schwerwiegende Folgen haben; von der Abmahnung bis zur gerichtlichen Geltendmachung von Unterlassung-, Auskunft- und Schadensersatzansprüchen. Aber wie kann sich ein Logistikdienstleister dagegen schützen? Geschäftsführer sollten deshalb präventive Compliance-Strukturen einführen, um Haftungsrisiken zu minimieren.
So sollten Vertragspartner dahingehend in einem KYC-Prozess überprüft werden, ob Verdachtsmomente für systematischen Markenverletzungen bestehen, etwa bei Billig-Onlineshops aus Drittstaaten. Gegebenenfalls sind dann Verträge und AGB um Zusicherungen und Pönalen im Hinblick auf Markenverletzungen zu ergänzen. Der Schutz von Unternehmenshaftpflichtversicherungen mag um die Absicherung möglicher Risiken aus markenrechtlichen Unterlassungs- und Auskunftsansprüchen zu ergänzen sein. Systematisch sollten in Abhängigkeit zum Risikograd Stichproben durchgeführt und dokumentiert werden. Mitarbeiter sind entsprechend anzuweisen und zu schulen.
Und nicht zuletzt gilt es eine „Notice-and-Staydown“-Verfahren einzuführen, wie es bereits bei Betreibern von Online-Plattformen gang und gäbe ist. Dieses stellt sicher, dass nach Hinweisen von Markeninhabern nicht nur die konkret beanstandeten Sendungen zurückgehalten, sondern auch zukünftige gleichartige Verstöße verhindert werden. Sollte es dabei tatsächlich zu einer Kontaktaufnahme durch Markeninhaber kommen, gilt es hierauf schnell, professionell und informiert zu reagieren, die Kommunikation zu dokumentieren und möglichst proaktiv mit Markeninhabern zusammenzuarbeiten, um eine gerichtliche Eskalation zu vermeiden.
Es gilt mithin, sich über die Risiken einer Handhabung markenverletzender Waren klar zu werden und angemessener Risikominimierungsmaßnahmen zu ergreifen. Sprechen Sie uns hierzu gern an.