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20.01.2021

Update: Virtuelle Hauptversammlungen 2021

Der Gesetzgeber bessert COVID-19-Gesetz nach und stärkt damit Aktionärsrechte - unmittelbare Fragen und Anfechtungsrechte bleiben eingeschränkt.

Im Frühjahr 2020 hat der Gesetzgeber mit den Regelungen in Art. 2 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (Covid-19-Gesetz) die Durchführung von virtuellen Hauptversammlungen (VHV) deutlich vereinfacht. Die ursprünglich bis zum Jahresende 2020 befristeten Erleichterungen wurden - vor dem Hintergrund der anhaltenden Pandemielage - bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Hierüber hatten wir hier bereits berichtet.

Kurz vor dem Jahresende 2020 hat der Gesetzgeber nun auf  die - zum Teil nicht unerhebliche - Kritik aus der HV-Praxis reagiert und im Vergleich zur bisherigen unveränderten Verlängerung der 2020er Regelung erstmals einige wichtige Neureglungen für die Hauptversammlungssaison 2021 erlassen. Er hat dabei das sachfremde Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens zum Anlass für die Umsetzung genommen, was man schnell übersehen kann.

Was ist neu im Vergleich zur Hauptversammlungssaison 2020?

Die nun im Bundesgesetzblatt verkündeten Neuregelungen vom 22.12.2020 stärken die Aktionärsrechte und schaffen zugleich mehr Rechtssicherheit für Unternehmen.

Fragerecht statt nur “Fragemöglichkeit”

Im Rahmen der VHVs 2021 steht den Aktionären nun ein zwingendes “Fragerecht” statt der - im vergangenen Jahr noch bloßen - “Fragemöglichkeit” (§ 1 Abs. 2 S. 2 COVID-19-G a.F.) zu. Bislang durfte der Vorstand nach pflichtgemäßem, freiem Ermessen entscheiden, “ob” und “wie” er welche Fragen beantwortet. Insbesondere bei Aktionärsvertretern war diese Regelung auf große Kritik gestoßen. Wenngleich in der VHV-Praxis 2020 zu beobachten war, dass sich viele Unternehmen ohnehin dazu entschlossen hatten, alle eingegangenen Aktionärsfragen zu beantworten, hat der Gesetzgeber diese Kritik aufgegriffen und gesetzlich nachjustiert. Der Vorstand hat jetzt nur noch die Wahl, “wie” er Fragen beantwortet und nicht mehr “welche” Fragen er beantwortet (§ 1 Abs. 2 Satz 2 HS. 1 COVID-19-G n.F.). Der Vorstand hat jedoch weiterhin das Recht, inhaltlich gleiche oder ähnliche Fragen zusammenzufassen und einheitlich zu beantworten, wenn dies sinnvoll erscheint.

Auch die Frist zur Einreichung von Fragen an den Vorstand wurde zugunsten der Aktionäre verlängert. Der Vorstand kann den Eingang von Fragen künftig auf maximal bis einen Tag - anstatt bisher auf zwei Tage - vor der Hauptversammlung begrenzen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 HS. 2 COVID-19-G n.F.). Ob diese Regelung tatsächlich einen Mehrwert für die Aktionäre bringt, dürfte fraglich sein. Denn die Fragen sind nach wie vor einzureichen. Eine Verpflichtung, während der VHV im Rahmen der Videokonferenz unangekündigte verbale Fragen zu ermöglichen, besteht nicht.

Nachbesserung bei Sachanträgen und Wahlvorschlägen

Unter den Voraussetzungen der § 126 und § 127 AktG sind Anträge oder Wahlvorschläge von Aktionären in der VHV fortan so zu behandeln, als würden sie in dieser (nochmals) gestellt (sog. Fiktionslösung; § 1 Abs. 2 S. 3 COVID-19-G n.F.). Diese Gesetzesänderung greift eine von vielen Unternehmen in den VHVs 2020 bereits praktizierte Vorgehensweise auf. Der Gesetzgeber trägt damit dem Umstand Rechnung, dass in der Regel eine (nochmalige) Antragstellung “in” der Versammlung ohnehin nicht möglich ist, wenn den elektronisch teilnehmenden Aktionären (§ 118 Absatz 1 Satz 2 AktG) kein Antragsrecht gewährt wird oder den Aktionären die Stimmrechtsausübung lediglich im Wege der elektronischen Briefwahl ermöglicht wird. Voraussetzung für das Antragsrecht nach § 1 Abs. 2 S. 3 COVID-19-G n.F. ist jedoch, dass der betroffene Aktionär seine Legitimation nachgewiesen und sich zu der Versammlung ordnungsgemäß angemeldet hat.

Anfechtungsrechte weiterhin stark eingeschränkt

Die Anfechtungsrechte der Aktionäre bleiben auch für die VHVs 2021 weiterhin stark eingeschränkt. Auf eine Verletzung der Vorschriften über virtuelle Hauptversammlungen in § 1 Abs. 2 COVID-19-G kann grundsätzlich keine Beschlussmängelklage gestützt werden (§ 1 Abs. 7 COVID-19-G).

Weitere Laufzeit

Die vorgenannten Regelungen gelten nun kraft Gesetzes (und nicht mehr wie bislang kraft Verordnung) bis zum 31.12.2021; eine nochmalige Verlängerung für 2022 könnte nur durch Gesetz erfolgen.

Fazit

Die Änderungen sind vor allem deshalb zu begrüßen, weil sie - neben der Erweiterung der Fragerechte des Aktionärs - vor allem auch für die Unternehmen mehr Rechtssicherheit im Umgang mit der VHV bringen. 

Autor/innen

Tatjana Schroeder

Dr. Tatjana Schroeder

Partnerin (Of Counsel)

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