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14.03.2020

Modellbezeichnungen im Bekleidungssektor sind nicht stets als Marken aufzufassen

Wird ein Vorname (im Streitfall: „Sam“), der mit einer für Bekleidungsstücke eingetragenen Wortmarke identisch ist, in einem Internetangebot als Modellbezeichnung für eine Hose verwendet, liegt darin dann keine markenmäßige, das heißt die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigende Benutzung, wenn es sich bei der Klagemarke um keine bekannte Marke handelt und das Bestellzeichen nicht im räumlichen Zusammenhang mit einer Hersteller- oder Dachmarke und nur an unauffälliger Stelle des Angebots verwendet wird. Dies hat jüngst das OLG Frankfurt a.M. (Urt. v. 1.10.2019 – 6 U 111/16) entschieden, nachdem sich zuvor der BGH mit dieser Rechtsfrage befasst hatte.

Zur Vorgeschichte: Geklagt hatte das Bekleidungsunternehmen BRAX. BRAX ist unter anderem Inhaberin einer für „Bekleidungsstücke“ eingetragenen Wortmarke „SAM“. Die Beklagte betreibt zwei Onlineportale für Markenmode. Dort bot sie Jeanshosen an, bei denen sich im Beschreibungstext des Angebots die Bezeichnung „Modell: SAM“ fand. Darin sah die Klägerin eine Verletzung ihrer Wortmarke.

Das OLG Frankfurt a.M. hatte der Klage zunächst mit der Begründung stattgegeben, die Verwendung des Zeichens „SAM“ werde vom durchschnittlich verständigen und aufmerksamen Verbraucher hier als Zweitmarke (neben der ebenfalls im Angebot genannten Dachmarke des dritten Herstellers) aufgefasst. Beispiel für eine solche Zweitmarke ist etwa die bekannte Marke „501“ unter der Dachmarke „Levi‘s“. Dass „SAM“ damit vergleichbar lediglich beschreibend – etwa für den Schnitt der Hose – verstanden werde, lehnte das OLG ab.

Nachdem der BGH dieses Urteil aufgehoben und an das OLG zurückverwiesen hat (Urt. v. 7.3.2019 – I ZR 195/17), hatte das OLG erneut über die Sache zu entscheiden und eine Markenverletzung nunmehr verneint. Die Bezeichnung „Modell: SAM“ werde in diesem Fall nicht als herkunftshinweisend verstanden, weil die Bezeichnung nur an unauffälliger Stellung im Angebotstext auftauchte und in keiner Weise hervorgehoben war. Das OLG stellte mit Verweis auf die BGH-Entscheidung ausdrücklich klar, dass eine allgemeine Verkehrsgewöhnung dahingehend, dass Modellbezeichnungen in Online-Verkaufsangeboten generell und unabhängig von der konkreten Gestaltung als Zweitmarke angesehen werden, nicht angenommen werden kann.

Praxistipp:

Die Entscheidung des OLG Frankfurt ist nach der Zurückverweisung wenig überraschend, schafft aber Klarheit. Denn während es in der aufgehobenen Entscheidung die markenmäßige Benutzung noch bejahte, verneinte das LG Köln (Urt. v. 9.7.2013 – 81 O 41/13) dies in einem anderen Fall mit ähnlicher Konstellation. Die jüngste Entscheidung hat diese Uneinigkeit nun geklärt. Dies zeigt auch eine jüngere Entscheidung des OLG Hamburg (Urt. v. 28.11.2019 - 5 U 65/18), das in der Verwendungsform „Chiemsee Damen Kleid Rock Isha“ den Bestandteil „Isha“ ebenfalls nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft, sondern als Modellbezeichnung sah. Für den Bekleidungssektor heißt dies: Möchte ein Modeunternehmen Kennzeichen Dritter nicht verletzen, sollten Modellbezeichnungen möglichst wenig hervorgehoben verwendet und erst Recht nicht auf Etiketten der Bekleidungsstücke selbst angebracht sein. Je deutlicher die Modellbezeichnung von der Herstellerbezeichnung abgesetzt wird, desto geringer ist das Risiko, von einem Markeninhaber in Anspruch genommen werden zu können. Ausnahmen gelten, wenn es sich bei der verwendeten Bezeichnung um eine bekannte Marke – etwa „Levi’s“ – handelt.