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15.03.2023

LG München I stuft § 25 TTDSG als Datenschutzvorschrift ein und eröffnet Verbrauchern Auswahlmöglichkeiten bei Cookie-Bannern im Rahmen des UKlaG

Das Urteil des LG München I – worum geht es?

Das LG München I hat am 29. November 2022 ein Urteil hinsichtlich der Zulässigkeit der Speicherung von Cookies in Endgeräten von Webseitennutzern erlassen (Az. 33 O 14776/19). Geklagt hatte ein Verbraucherschutzverein gegen die Anbieterin und Betreiberin eines bekannten online Nachrichtenportals.

Das Urteil ist aus zwei Gründen für die Praxis sehr relevant. Zum einen hat das Gericht § 25 Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz („TTDSG“) als Verbraucherschutzgesetz eingestuft. Zum anderen hat das Gericht zur praktischen Gestaltung von sog. Cookie-Bannern entschieden.

1. § 25 TTDSG als Verbraucherschutzgesetz

Das LG München I hat festgestellt, dass es sich bei § 25 TTDSG um ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 11 UKlaG handelt. Es ist zwar allgemein umstritten, ob das Wettbewerbsrecht auf Datenschutzvorschriften nach der Datenschutz-Grundverordnung („DSGVO“) Anwendung finden kann, aber § 25 TTDSG steht gesetzessystematisch neben der DSGVO. Das TTDSG geht nicht auf die DSGVO zurück, sondern auf die ePrivacy-RL.

§ 25 TTDSG sei als Datenschutzvorschrift vom Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 11 UKlaG umfasst. Das TTDSG regelt u.a. den Schutz personenbezogener Daten. Ferner enthalte das TTDSG eine verbraucherschützende Komponente, da es zumindest auch um die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten von natürlichen Personen in ihrer Eigenschaft als Verbraucher durch Unternehmen als Teil des Marktes gehe.

Nach den Feststellungen des LG München I stellt es einen Verstoß gegen § 25 TTDSG dar, wenn der Betreiber einer Webseite veranlasst, dass Cookies auf dem Endgerät des Nutzers gespeichert und im Anschluss zum sog. „Tracking“ des Nutzers genutzt werden, ohne zuvor eine wirksame Einwilligung des Nutzers einzuholen. Die Einwilligung sei insbesondere nur dann wirksam, wenn sie freiwillig erteilt worden ist.

2. Gestaltung von Cookie-Bannern

Das LG München I hat zu der praktisch hochrelevanten Frage hinsichtlich der Gestaltung von Cookie-Bannern ausgeführt, dass eine Einwilligung dann nicht freiwillig sei, wenn es auf der ersten Ebene des Cookie-Banners nur zwei Optionen zur weiteren Webseitennutzung gebe:

Entweder eine umfassende Einwilligung erteilen oder über die Schaltfläche „Einstellungen“ auf eine zweite Ebene zu gelangen.

Von Freiwilligkeit könne nur dann die Rede sein, wenn ein Nutzer tatsächlich eine Wahlmöglichkeit habe, also auch ohne Nachteile auf die Erteilung der Einwilligung verzichten kann. Bereits der Umstand, dass ein Nutzer die Webseite der Beklagten nicht ohne weitere Interaktion mit der Consent Management Platform nutzen könne, spricht gegen eine freiwillige Entscheidung.

Aufgrund des Webseitenaufbaus der Beklagten war dies hier nicht der Fall. Ein Nutzer musste zunächst die Schaltfläche „Einstellungen“ betätigen, um eine gesonderte Auswahl bzgl. seiner Einwilligung treffen zu können. Selbst dieser verhältnismäßig geringe Aufwand sei nach dem LG München I bereits erheblich. Das Internet lebe von seiner Schnelligkeit und Nutzer seien daher grundsätzlich weniger aufmerksam. Hinzu komme, dass die Schaltfläche „Akzeptieren“ auf der ersten Ebene des Cookie-Banners blau hervorgehoben war, was dem jeweiligen Nutzer signalisiere, dass das bloße Akzeptieren ohne Auswahlmöglichkeit den „schnelleren“ Weg zur eigentlichen Webseite darstelle.

Praktische Relevanz

Das Urteil des LG München I ist ohne Wenn und Aber ein Paukenschlag, der eine hohe praktische Relevanz hat.

Die Anforderungen an die rechtssichere Gestaltung von Cookie-Bannern sind hoch. Zudem könnte in der Zukunft § 25 TTDSG auch als Marktverhaltensregelung nach § 3a UWG eingestuft werden, wodurch ggf. auch Konkurrenten einen entsprechenden Wettbewerbsverstoß möglicherweise verfolgen könnten (vgl. hier den Vorlagebeschluss des BGH vom 12.01.2023, Az. I ZR 223/19, an den EuGH zum Verhältnis der DSGVO zum UWG).

Wahrscheinlich werden viele Webseitenanbieter ihre Cookie-Banner anpassen müssen. Nach dem LG München I genügt es nicht mehr, wenn auf der ersten Ebene des Cookie-Banners lediglich zwei Schaltflächen vorhanden sind: „Akzeptieren“ oder „Einstellungen“. Eine weitere Auswahl über die Schaltfläche „Einstellungen“, auf der (mindestens) zweiten Ebene des Cookie-Banners ist nach dem LG München I nicht zulässig.

Zum einen sollte es wohl auf der ersten Ebene weitere Auswahlmöglichkeiten geben, z. B. eine Schaltfläche mit dem Inhalt „Abbrechen“ oder „Weiter nur mit unbedingt erforderlichen Cookies“.

Zum anderen ist unklar, wie viel Auswahl auf der ersten Ebene des jeweiligen Cookie-Banners tatsächlich möglich sein muss. Bei strenger Auslegung des Urteils könnte sich die Frage stellen, ob alle nicht unbedingt erforderlichen Cookies auf der ersten Ebene des Cookie-Banners bei Webseiten zur Auswahl angezeigt werden müssten. Gerade bei einer Vielzahl solcher Cookies / Tracker / Identifiern dürfte dies ziemlich unübersichtlich werden, insbesondere auf kleineren Display (wie z. B. auf Smartphones).

Autor/innen

Stefan Peintinger

Dr. Stefan Peintinger

Partner

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