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17.04.2023

Erste Hilfe für „unmittelbare Zulieferer“ nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)

Nachdem wir in unserem Beitrag vom 5. Oktober 2022 bereits über die wichtigsten Aspekte der Risikoanalyse sowie in unserem Beitrag vom 29. Dezember 2022 über das einzurichtende Beschwerdeverfahren berichtet haben, möchten wir nunmehr einen Wechsel der Perspektive vornehmen und einen gänzlich neuen Blick auf das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) wagen:

Auch auf „bloße“ Zulieferer (nach der gesetzlichen Terminologie: „unmittelbare Zulieferer“), welche ihrerseits nicht unmittelbar dem LkSG unterfallen, kommen vermehrt neue Herausforderungen zu. Wir haben in unserer Beratungspraxis nunmehr vermehrt feststellen müssen, dass insbesondere kleine und mittelständige Unternehmen mit den Anforderungen der (großen) Vertragspartner, welche ihrerseits unmittelbar dem LkSG unterfallen, überfordert sind. Dies kann sich bspw. bei dem Umgang mit Fragenkatalogen oder zu unterzeichnenden Lieferanten Codes of Conduct wiederspiegeln.

Der vorliegende Beitrag ist Teil einer Reihe („Das 1x1 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetztes“), welche sich näher mit dem LkSG und dessen konkreten Anforderungen auseinandersetzt.

Vermehrt Kontaktaufnahmen durch (große) Vertragspartner
Bei der aktuell zu beobachtenden Kontaktaufnahme durch diverse (große) Vertragspartner von kleinen und mittelständigen Unternehmen handelt es sich um eine derzeit typische und regelmäßig vorkommende Konstellation. Viele Unternehmen, welche bereits den Regelungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) unterfallen, versuchen die nunmehr vorgesehenen Regelungen möglichst umfassend und zügig umzusetzen. Dies bedeutet, dass insbesondere Unternehmen, welche den Anforderungen des LkSG eigentlich nicht unmittelbar unterfallen (als sog. „unmittelbare Zulieferer“ i.S.d. § 2 Abs. 7 LkSG), mit Auskunftsersuchen und/oder Vertragsanpassungen (insbesondere unter Akzeptanz eines Lieferanten Code of Conduct) konfrontiert werden.

Hintergrund dieser Anfragen sind dabei die folgenden Regelungen des LkSG:
In § 5 LkSG wird zunächst vorgeschrieben, dass ein dem Gesetz unterfallendes Unternehmen eine angemessene Risikoanalyse durchzuführen hat, „um die menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken im eigenen Geschäftsbereich sowie bei seinen unmittelbaren Zulieferern zu ermitteln“. Eine entsprechende Risikoanalyse ist dabei gemäß § 5 Abs. 4 LkSG einmal jährlich sowie anlassbezogen durchzuführen. Um an die hierfür notwendigen Informationen zu gelangen, wird von einigen Unternehmen nunmehr der Weg von umfassenden Fragenkatalogen gewählt, welche deren unmittelbaren Zulieferern zur Beantwortung vorgelegt werden. Die entsprechenden Dokumente können nach Art und Umfang der Fragen sehr unterschiedlich ausgestaltet sein und daher einen mehr oder minder großen Aufwand bei deren Beantwortung verursachen.

Angemerkt sei jedoch bereits an dieser Stelle, dass eine rechtliche Verpflichtung zur Beantwortung dieser Fragenkataloge nur dann besteht, soweit dies vertraglich vereinbart wurde. Soweit dies demgegenüber (noch) nicht geschehen ist, handelt es sich lediglich um ein vertragliches Entgegenkommen, sodass der Vertragspartner seine Pflichten nach dem LkSG erfüllen kann. Häufig sehen sich Unternehmen jedoch gewissermaßen dazu „gezwungen“, die jeweiligen Fragen zu beantworten, insbesondere um vertragliche Beziehungen nicht zu gefährden.

In § 6 Abs. 4 LkSG wird sodann vorgeschrieben, dass ein dem Gesetz unterfallendes Unternehmen – sollte es ein Risiko identifiziert haben – angemessene Präventionsmaßnahmen gegenüber einem unmittelbaren Zulieferer verankert. Auch wenn die im Gesetz genannten Präventionsmaßnahmen lediglich exemplarisch aufgelistet werden (vgl. den Wortlaut: „insbesondere“), sind diese für die Praxis von enormer Relevanz. Für die vorliegende Konstellation gilt dies in besonderem Maße für § 6 Abs. 4 Nr. 2 bis 4 LkSG, wonach als vorgeschlagene Präventionsmaßnahmen insbesondere die nachstehend aufgeführten Maßnahmen gehören:

„die vertragliche Zusicherung eines unmittelbaren Zulieferers, dass dieser die von der Geschäftsleitung des Unternehmens verlangten menschenrechtsbezogenen und umweltbezogenen Erwartungen einhält und entlang der Lieferkette angemessen adressiert(Nr. 2) – sog. „Weitergabeklauseln

„die Durchführung von Schulungen und Weiterbildungen zur Durchsetzung der vertraglichen Zusicherungen des unmittelbaren Zulieferers nach Nummer 2“ (Nr. 3)

„die Vereinbarung angemessener vertraglicher Kontrollmechanismen sowie deren risikobasierte Durchführung, um die Einhaltung der Menschenrechtsstrategie bei dem unmittelbaren Zulieferer zu überprüfen“ (Nr. 4)

Für Unternehmen, welche nicht unmittelbar dem LkSG unterfallen, jedoch gleichwohl als unmittelbarer Zulieferer in vertraglichen Beziehungen zu entsprechenden Unternehmen stehen, bedeutet dies, dass mit den o.g. Vorgehensweisen vermehrt zu rechnen ist. Von Fall zu Fall können die in diesem Kontext vorgelegten Dokumente auch weitere Pflichten vorsehen, wie etwa die Meldung von Compliance-Verstößen über einen fest definierten Meldekanal und/oder aktive Mitwirkungshandlungen bei dem Ergreifen von Präventions- und Abhilfemaßnahmen. Auch vorgegebene Schulungskonzepte können in entsprechenden Regelungen beinhaltet sein.

Anders als bei dem „bloßen“ Vorlegen eines Fragenkatalogs, wird es einer Vielzahl der dem LkSG unterfallenden Unternehmen insbesondere auf die vertragliche Vereinbarung dieser konkreten Punkte ankommen, da durch diese Vorgehensweise die im LkSG vorgesehenen Pflichten in dokumentierter Weise umgesetzt werden können. Angemerkt sei jedoch auch an dieser Stelle, dass grundsätzlich – von wirtschaftlichen Faktoren abgesehen – keine rechtliche Verpflichtung zur Zustimmung entsprechender Vertragsanpassungen besteht.

Mögliche Vorgehensweisen für kleine und mittelständige Unternehmen
Sobald ein Unternehmen mit den angeführten Maßnahmen (in der Tendenz insbesondere betreffend die Unterzeichnung eines vorgefertigten Code of Conduct) konfrontiert wird, kommt zwangsläufig die Frage auf, wie mit diesen weiter zu verfahren ist. Hierbei bestehen letztlich zwei denkbare Möglichkeiten. Während einerseits eine schlichte Akzeptanz der Vorgaben des Vertragspartners in Betracht kommt, können alternativ auch eigene Dokumente bereitgestellt werden, welche – gerade auch im Hinblick auf den jeweiligen Vertragspartner – die Vorgaben des LkSG umsetzen.

Aus unserer Sicht stellt es häufig einen empfehlenswerten Weg dar, ein eigenständiges „LkSG-Konzept“ bereitzuhalten, welches die o.g. Konstellationen umfassend abbildet. Hierbei sollten betroffene Unternehmen insbesondere Dokumente für die nachstehenden Szenarien vorsehen:

Szenario 1: Reaktion auf eine gewünschte Vertragsanpassung / die Unterzeichnung eines Code of Conduct

Szenario 2: Reaktion auf ein Auskunftsersuchen (bspw. in Form eines Fragenkatalogs)

Szenario 3: Dokumente, welche in angemessener Weise die Rechtspositionen des LkSG entlang der eigenen Lieferkette adressieren:

Sofern und sobald ein Unternehmen sämtliche der vorgenannten Szenarien „im Griff“ hat, kann auf Anfragen jedweder Art sowie entlang der eigenen Lieferkette schnell und unkompliziert reagiert werden. Diese Vorgehensweise stellt gleich mehrere Vorteile zur Verfügung, insbesondere da Art und Umfang der vertraglichen Regelungen sowie die konkrete Vorgehensweise zumindest mitbestimmt werden können.

Um eine ablehnende Entscheidung seitens der (großen) Vertragspartner zu vermeiden, sollten dabei die nachstehenden Erwägungen berücksichtigt werden: Während diejenigen Dokumente, welche gerade zur Einhaltung der Vorgaben des LkSG (für den Vertragspartner) verwendet werden, möglichst nah an den Vorgaben des LkSG ausgestaltet werden sollten, können diejenigen Dokumente, welche entlang der eigenen Lieferkette (etwa an weitere Subunternehmen) weitergegeben werden, insgesamt kürzer ausfallen.

Bei allen Dokumenten und Szenarien muss jedoch dem Prinzip der größtmöglichen Flexibilität Rechnung getragen werden. So können bspw. für bestimmte „Hochrisiko-Lieferanten“ schärfere vertragliche Regelungen vorgesehen werden, während bei anderen Lieferanten lediglich die Aufforderung zur Einhaltung der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Rechtspositionen des LkSG ausreichen kann. Nochmal sei an dieser Stelle angemerkt, dass die (großen) Vertragspartner nach den Vorgaben des LkSG lediglich dazu verpflichtet sind, zu gewährleisten, dass ihre unmittelbaren Zulieferer die entsprechenden Vorgaben „angemessen“ entlang der eigenen Lieferkette „adressieren“.

Praxishinweis
Die Anforderungen, welche durch das LkSG aufgestellt werden, sollten nach unserer Einschätzung nicht unterschätzt werden. Dies gilt auch für „unmittelbare Zulieferer“, welche bspw. mit sog. „Weitergabeklauseln“ konfrontiert werden und faktisch – wenngleich in „abgespeckter“ Form – ebenfalls die Anforderungen des LkSG umsetzen müssen.

Um für die vorstehend aufgezeigten Szenarien gewappnet zu sein, sollten Unternehmen verschiedene eigene Dokumente bereithalten, sodass diese bei einer Kontaktaufnahme durch einen (großen) Vertragspartner ohne größeren Aufwand „aus der Schublade“ genommen werden können.

Hierbei sollte insbesondere beachtet werden, dass spätestens ab dem 1. Januar 2024 ein erneuter Schwung entsprechender Anfragen zu erwarten ist. Ab diesem Zeitpunkt unterfallen auch Unternehmen, welche in Deutschland regelmäßig „lediglich“ 1.000 Mitarbeiter beschäftigen, den Anforderungen des LkSG.

Gerne kommen wir mit einem auf Ihr Unternehmen zugeschnittenes Angebot auf Sie zu und stellen Ihnen die jeweiligen Dokumente – entweder als „Paket-Lösung“ oder separat – zu einem angemessenen Pauschalpreis zur Verfügung.

Autor/innen

Marius Drabiniok

Marius Drabiniok

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Oliver Hornung

Dr. Oliver Hornung

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