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03.03.2021

Das Hinweisgeberschutzgesetz kommt - Referentenentwurf für das Hinweisgeberschutzgesetz zur Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie liegt vor

Wir berichteten hier bereits über die Whistleblower-Richtlinie (RL (EU) 2019/1937). Den nationalen Gesetzgebern wurde aufgegeben, diese Richtlinie bis zum 17. Dezember 2021 in nationales Recht umzusetzen. Für Unternehmen mit der Regel bis zu 249 Beschäftigten soll diese Pflicht erst ab dem 17. Dezember 2023 gelten. Für ein entsprechendes Umsetzungsgesetz liegt nun ein Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vor. Mit dem neuen Gesetz zum Schutz hinweisgebender Personen (Hinweisgeberschutzgesetz – HinSchG) soll der bislang lückenhafte und unzureichende Schutz hinweisgebender Personen ausgebaut werden.

Schutzbereich

Das HinSchG regelt den Schutz von natürlichen Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an die nach diesem Gesetz vorgesehenen Meldestellen melden oder offenlegen (hinweisgebende Personen). Darüber hinaus werden auch natürliche Personen geschützt, die Gegenstand einer Meldung oder Offenlegung sind, sowie sonstige Personen, die von einer Meldung oder Offenlegung betroffen sind.

Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen

Entsprechend der Vorgaben der Whistleblower-Richtlinie werden Unternehmen ab einer Größe von 50 Beschäftigten, Kommunen ab einer Größe von 10.000 Einwohnern, sowie Behörden zur Errichtung von Meldesystemen für Hinweisgeber verpflichtet. Für bestimmte Unternehmen gilt die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen unabhängig von der Zahl der Beschäftigten, z.B. für Wertpapierdienstleistungsunternehmer im Sinne des § 2 Absatz 10 des Wertpapierhandelsgesetzes.

Die Whistleblower-Richtlinie stellt es den EU-Mitgliedsstaaten frei, ob nur Meldungen über Verstöße gegen EU-Recht oder auch Verstöße gegen nationales Recht von den nationalen Umsetzungsgesetzen erfasst sein sollen. Der deutsche Gesetzgeber hat sich dazu entschieden, dass auch straf- und bußgeldbewährte Vorschriften in den Anwendungsbereich des deutschen Hinweisgeberschutzgesetzes fallen sollen. Begründet wird dies mit der Vermeidung von Wertungswidersprüchen, weil bei einfacher Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie künftig zwar Verstöße gegen Europäisches Vergaberecht in den Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes fallen würden, schwere Wirtschaftsstraftaten hingegen nicht.

Aufgaben der Meldestellen und sonstige Vorgaben

Bei internen Meldungen bestätigt die interne Meldestelle der hinweisgebenden Person den Eingang einer Meldung spätestens nach sieben Tagen, hält mit dieser Kontakt, prüft die Stichhaltigkeit der eingegangenen Meldung, ersucht die hinweisgebende Person erforderlichenfalls um weitere Informationen und ergreift angemessene Folgemaßnahmen.

Interne Meldekanäle müssen Meldungen in mündlicher oder in Textform ermöglichen. Auf Ersuchen der hinweisgebenden Person ist für eine Meldung innerhalb einer angemessenen Zeit eine persönliche Zusammenkunft mit den für die Entgegennahme einer Meldung zuständigen Personen der internen Meldestelle zu ermöglichen.

Hervorzuheben ist weiterhin, dass die Hinweisgeberstellen nicht verpflichtet werden sollen, anonymen Hinweisen nachzugehen. Die Identität sowohl der Hinweisgeber als auch der durch die Meldung sonst betroffenen Personen sind von der Meldestelle vertraulich zu behandeln.

Der Gesetzesentwurf sieht ferner konkrete Regelungen zu den einzuhaltenden Verfahrensabläufen nach Eingang einer Meldung vor. Dies betrifft insbesondere die Dokumentationspflichten, Fristen für Rückmeldungen an den Hinweisgeber und Folgemaßnahmen wie z. B. Internal Investigations.

Weiterhin sieht der Gesetzesentwurf vor, dass die internen Meldestellen Unabhängigkeit wahren müssen und frei von Interessenkonflikten sind. Eine interne Meldestelle kann zum einen durch eine im Unternehmen beschäftigte Person und zum anderen durch eine interne Organisationseinheit betrieben werden. In Betracht kommen z. B. der Compliance-Beauftragte, eine beschäftigte Person aus der Rechtsabteilung oder der Datenschutzbeauftragte des Unternehmens.

Der Gesetzesentwurf sieht aber auch ausdrücklich vor, dass externe Dritte, wie z. B. Rechtsanwälte als sog. Ombudsperson eingesetzt werden können. Hier besteht also ein Wahlrecht für die betroffenen Unternehmen um ein Hinweisgeber-System auf die konkreten Bedürfnisse des Unternehmens anpassen zu können.

Zudem soll es für Unternehmen in einer Größenordnung zwischen 50 bis 249 Beschäftigten aus Kosten- und Organisationsgründen möglich sein, mit anderen Unternehmen eine gemeinsame Meldestelle zu betreiben.

Wahlrecht zwischen interner und externer Meldung

Der Gesetzesentwurf sieht neben unternehmensinternen Meldestellen auch die Errichtung von externen Meldestellen durch Bund und Länder vor. Personen, die beabsichtigen, Informationen über einen Verstoß zu melden, können wählen, ob sie sich an eine interne Meldestelle oder eine externe Meldestelle wenden. Hierdurch sollen Unternehmen dazu animiert werden, ihre internen Meldestellen möglichst attraktiv auszugestalten.

Wenn einem intern gemeldeten Verstoß nicht abgeholfen wurde, bleibt es der hinweisgebenden Person unbenommen, sich anschließend an eine externe Meldestelle zu wenden.

Schutzmaßnahmen

Hinweisgebende Personen werden bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen vor Repressalien, wie z.B. Kündigungen oder Nichtbeförderungen, geschützt. Insoweit gilt eine Beweislastumkehr: Falls eine hinweisgebende Person nach einer Meldung oder Offenlegung eine Benachteiligung im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit erleidet, hat die Person, die die hinweisgebende Person benachteiligt hat, zu beweisen, dass die Benachteiligung auf hinreichend gerechtfertigten Gründen basierte oder dass sie nicht auf der Meldung oder Offenlegung beruht.

Praxishinweise

Zwar handelt es sich bisher nur um einen Referentenentwurf. Es ist aber damit zu rechnen, dass das Hinweisgeberschutzgesetz noch im Jahr 2021 verabschiedet werden wird. Mit Inkrafttreten des Gesetzes sind Unternehmen dann zur Einrichtung von internen Meldestellen verpflichtet. Unternehmen sollten sich auf die kommenden Regelungen durch Einrichtung entsprechender Meldekanäle und Schulungen der Mitarbeiter vorbereiten. Ein gutes internes Meldesystem kann auch dazu führen, dass sich Beschäftigte an interne statt externe Meldestellen wenden. Unternehmen, die bereits über ein internes Meldesystem verfügen, müssen prüfen, ob dieses den neuen gesetzlichen Vorgaben an Meldewegen und den einzuhaltenden Verfahrensabläufen entspricht.

Ein gut funktionierendes Hinweisgeber-System stellt zukünftig einen wichtigen Baustein für ein effektiv funktionierendes Compliance Management System dar.

In weiteren Beiträgen wird SKW Schwarz Rechtsanwälte über die konkreten Pflichten, die Unternehmen treffen, im Detail berichten.

Die Experten von SKW Schwarz Rechtsanwälte stehen Ihnen für Fragen zur Whistleblower-Richtlinie jederzeit gerne zur Verfügung.

Autor/innen

Oliver Hornung

Dr. Oliver Hornung

Partner

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