Alle News & Events anzeigen

14.09.2022

Eine deutsche GmbH mit einem Board of Directors?

Auch eine deutsche GmbH oder Personalgesellschaft kann ein Board haben, auch wenn es nicht einem Management Board US-amerikanischer Provenienz entspricht.

Das deutsche Gesellschaftsrecht kennt kein, dem US-amerikanischen Board ähnliches Organ. Vielmehr geht es regelmäßig von einer Trennung zwischen Geschäftsleitung und Aufsicht aus. Daher führen in deutschen Gesellschaften Vorstand bzw. Geschäftsführer die Geschäfte des jeweils von ihnen geleiteten Unternehmens. Während der Vorstand einer Aktiengesellschaft (AG) dabei die Geschäfte in eigener Verantwortung leitet, unterliegt der GmbH-Geschäftsführer den Weisungen der Gesellschafter. Je nach Gestaltung der Vertretungsmacht vertreten Vorstände und Geschäftsführer die Gesellschaft alleine oder gemeinsam mit anderen. Jedenfalls werden sie, soweit vorhanden, bei deutschen Gesellschaften von einem Aufsichtsrat überwacht.

Besteht die Geschäftsführung aus mehr als nur einer Person, wird diese Geschäftsleitung gerne im Englischen mit „Management Board“ oder „Board of Directors“ übersetzt. Doch ist dies eine unglückliche Übersetzung. Selbstverständlich kennt der angloamerikanische Sprachraum diese Begrifflichkeiten, doch verbindet er mit „Director“ oder „Board of Directors“ etwas ganz anderes. Während in Deutschland nämlich zwischen der Leitung der Gesellschaft (GmbH-Geschäftsführung bzw. AG-Vorstand) und Aufsicht (Aufsichtsrat) unterschieden wird (sog. dualistisches System), liegt dem US-amerikanischen Gesellschaftsrecht (gleich in welchem US-Bundesstaat) das sog. monistische System zu Grunde. Hiernach hat eine Gesellschaft ein einziges Organ, das sowohl aus nichtgeschäftsführenden (sog. directors) als auch geschäftsführenden Mitgliedern (sog. officers) besteht. Die Direktoren können dabei nicht eigenständig, sondern nur als Gruppe („Board“) entscheiden und sind zumeist nicht mit dem Tagesgeschäft der Gesellschaft betraut. Diese Aufgabe obliegt vielmehr den officers (den bekannten CEO, CFO, COO etc.), welche wiederum durch die directors überwacht werden, die auch Leitlinien der Geschäftspolitik vorgeben.

Auch in Deutschland wachsendes Interesse

Trotz dieser grundsätzlichen Unterscheidung kommt unter dem Einfluss der US-amerikanischen Kultur und der Berührung mit deren Geschäftswelt bei manchen, insbesondere jungen Unternehmern vielfach der Wunsch auf, für ihre deutsche Gesellschaft ebenfalls ein Board US-amerikanischer Prägung zu installieren. Zumeist werden die sie beratenden Rechtsanwälte und Steuerberater einem solchen Ansinnen mit einem Zweiklang aus „das haben wir noch nie so gemacht“ und „da kann ja jeder kommen“ begegnen.

Doch diese Antwort ist nur die halbe Wahrheit. Denn auch das deutsche Recht kennt seit der Einführung der europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea – SE) grundsätzlich die Möglichkeit, sich nach dem monistischen System zu organisieren. Zudem kann insbesondere in Familiengesellschaften mit Blick auf Erfahrungstransfer und Nachfolgeregelung das Bedürfnis bestehen, ein Organ zu haben respektive zu schaffen, in dem sowohl die jungen, (nun) geschäftsführenden als auch alte, nicht (mehr) geschäftsführende (Familien-)Mitglieder vertreten sind. Aber auch im Konzern kann es sinnvoll erscheinen, Vertreter von Tochtergesellschaften als nicht geschäftsführende Mitglieder in einem Organ der Gesellschaft an der Konzernspitze zu haben.

Nun kann zwar nicht völlig losgelöst von den gesetzlichen Vorgaben in einer deutschen Gesellschaft ausschließlich ein Board implementiert werden. Gleichwohl kann auch in einer deutsche GmbH oder Personengesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen neben der Geschäftsführung ein Board aus geschäftsführenden und nichtgeschäftsführenden Mitgliedern als fakultatives (zusätzliches) Organ geschaffen werden.

Da sich allerdings, soweit ersichtlich, bisher noch kein einheimisches Gericht mit einem Board bei einer deutschen Gesellschaft befasst hat, ist es nicht ratsam, als Gründer oder Unternehmer ohne anwaltliche Begleitung und aus einer Bewunderung für die US-amerikanische Geschäftswelt ein solches Organ in seiner Gesellschaft kurzfristig zu implementieren. Vielmehr sollte der Errichtung dieses zusätzlichen Organs eine Beratung und Abwägung der Vor- und Nachteile vorweggehen.

Wir sind Ihr Ansprechpartner

Gerne steht Ihnen das Corporate Team von SKW Schwarz für Fragen im Zusammenhang mit der Errichtung eines Board oder ganz generell bei der Gründung und rechtlichen Ausgestaltung Ihres Unternehmens zur Seite.

Autor/innen

Thomas Hausbeck

Dr. Thomas Hausbeck

Partner

Profil anzeigen