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26.09.2025

Green Claims in der Immobilienwirtschaft rechtssicher gestalten

Nachhaltigkeit ist eines der bestimmenden Themen in politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen. Auch in der Immobilienwirtschaft hat das Thema Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert. Immobilienunternehmen, Projektentwickler und Investoren berücksichtigen diese Aspekte zunehmend und positionieren sich auf dem Markt durch entsprechende Umweltkommunikation, kurz: durch Green Claims.

Mit der EmpCo-Richtlinie der Europäischen Union („Directive on Empowering Consumers for the Green Transition“) wird ein neuer Standard für die Verwendung und Zulässigkeit von Umweltaussagen eingeführt: Verbraucherinnen und Verbraucher sollen zuverlässig vor Greenwashing geschützt werden. Unternehmen müssen daher strenge Nachweispflichten erfüllen, bevor sie sich mit Begriffen wie „umweltfreundlich“, „klimaneutral“ oder „grün“ am Markt präsentieren können.

Die Folge: Unternehmen sind gefordert, ihre Marketingpraktiken grundlegend zu überdenken und sich mit Prozessen zur Nachweisführung, Zertifizierung und rechtlichen Überprüfung zu befassen. Anderenfalls drohen wettbewerbsrechtliche Konsequenzen.

Dieser Beitrag zeigt, welche rechtlichen Fragestellungen sich gerade für Immobilienunternehmen in Deutschland und Europa aktuell in dieser Hinsicht ergeben, wie diese gelöst werden können und wie man Risiken in der Umweltwerbung wirksam minimiert.

Die EmpCo-Richtlinie wurde bereits am 17. Januar 2024 vom Europäischen Parlament verabschiedet und trat am 26. März 2024 offiziell in Kraft. Aktuell wird das Thema aber jetzt. Denn innerhalb von 24 Monaten – das heißt bis spätestens Ende März 2026 – müssen alle EU-Mitgliedstaaten die Richtlinie in nationales Recht umsetzen; für Deutschland ist eine Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vorgesehen. Der Regierungsentwurf hierfür liegt seit Anfang September 2025 vor.

EmpCo verfolgt das Ziel, irreführende Umweltaussagen und Greenwashing in der Verbrauchermarketing-Kommunikation dauerhaft zu unterbinden. Die Richtlinie legt fest, dass Unternehmen Umweltaussagen nur noch dann werblich nutzen dürfen, wenn diese zutreffend und spezifiziert sind.

Ein zentrales Element ist dabei das Verbot unbelegter allgemeiner Umweltaussagen. Begriffe wie „umweltfreundlich“, „nachhaltig“, „grün“ oder „biobasiert“ dürfen in der Werbung nur noch verwendet werden, wenn für sie eine „anerkannte hervorragende Umweltleistung“ nachgewiesen werden kann. Dieser Ansatz ist bereits jetzt in Deutschland durch die Anforderungen an mehrdeutige Umweltaussagen abgedeckt.

Werbung mit Klimaneutralität ist in Zukunft untersagt, wenn diese ausschließlich oder auch nur zum Teil durch Kompensationsmaßnahmen („Offsetting“) erreicht wird – eine Reaktion auf die Kritik, dass Ausgleichszahlungen für Treibhausgasemissionen oft keinen tatsächlichen Umweltnutzen bewirken. Eine weitere neue zentrale Regelung lautet: Nachhaltigkeitssiegel oder Umweltlabels müssen auf einem Zertifizierungssystem basieren, das bestimmten Anforderungen genügt, oder von staatlichen Stellen eingeführt worden sein; „Green-Labelling“ ohne entsprechende Grundlage wird verboten.

Auch Aussagen über die zukünftige Umweltleistung eines Unternehmens oder Produkts sind nicht mehr ohne Weiteres möglich. Ob ein Klima- oder Umweltziel beispielsweise für das Jahr 2030 kommuniziert werden kann, hängt davon ab, ob ein detaillierter und realistischer Umsetzungsplan vorliegt, der u.a. messbare und zeitgebundene Ziele umfasst – und der laufend von externen Sachverständigen begutachtet werden muss.

EmpCo erfasst sowohl schriftliche als auch mündliche Aussagen und stellt strenge Anforderungen an die Klarheit von Informationen sowie die Nachweisführung. Unternehmen müssen sicherstellen, dass alle Kommunikationsformen – ob in Broschüren, auf Websites, im Vertriebsgespräch oder bei Events – die Richtlinie und darauf basierende Zertifizierungsstandards strikt einhalten. Bereits bestehende Claims sind nicht durch Übergangsfristen geschützt und müssen überprüft und ggf. zertifiziert werden, um auch in Zukunft noch verwendet werden zu dürfen. Gelingt das nicht, müssen sich Unternehmen unter Umständen von ggf. sogar lang erprobten Kampagnen, Claims oder sogar Marken verabschieden. 

Die zentralen Herausforderungen der EmpCo-Richtlinie bzw. des neuen UWG für die Immobilienbranche bestehen deshalb darin, Umweltaussagen präzise und zutreffend zu formulieren und die neuen Vorgaben in bestehende Prozesse und Verträge zu integrieren sowie Nachweise zu führen und, soweit anwendbar, Zertifizierungen einzuholen. Wer als Bauherr, Projektentwickler oder Betreiber mit Begriffen wie „umweltfreundlich“, „klimaneutral“, „nachhaltig“ oder „grün“ werben will, muss zusätzlich sicherstellen, dass für die Projekte tatsächlich eine anerkannte hervorragende Umweltleistung besteht. Die entsprechende Dokumentation betrifft etwa Energieverbrauch, Ausstoß von Treibhausgasen, Verwendung nachhaltiger Materialien u.v.m.

Aus diesen rechtlichen Herausforderungen ergeben sich ganz praktische Fragen: Wie müssen die Umweltclaims rechtlich geprüft und validiert werden? Welche internen Dokumentations- und Compliance-Routinen sind anzupassen oder neu einzuführen, damit alle Claims lückenlos nachweisbar sind? Bestehende Verträge – z. B. mit Lieferanten oder Dienstleistern – benötigen ggf. Zusatzvereinbarungen, die die Nachweisverpflichtung und Haftung eindeutig regeln. Neue Nachhaltigkeitssiegel oder Labels dürfen nur noch verwendet werden, wenn sie einer konformen und transparenten Zertifizierung zugrunde liegen, die regelmäßig überprüft und fortgeschrieben wird. Für Versprechen bezüglich künftiger Umweltleistungen muss ein detaillierter Umsetzungsplan mit realistischer (Zwischen-)Zieldefinition erstellt werden.

Unternehmen in der Immobilienwirtschaft sollten eine ganzheitliche Strategie für rechtskonforme Umweltkommunikation entwickeln: Claim, Kommunikation, Validierung, Nachweisführung. Vorgehensweise und Best Practices orientieren sich daran, alle Green Claims vorab zu prüfen, validierte Nachweise zu erbringen und Prozesse zur kontinuierlichen Anpassung an neue Vorgaben einzuführen. Grundsätzlich empfiehlt sich die Einrichtung eines digitalen Nachweissystems, das alle aktuellen Zertifikate, Life Cycle Assessments (LCA-Berichte) und Auditdaten zentral dokumentiert und bei Rückfragen oder im Streitfalle sofort verfügbar macht.

Die Zusammenarbeit mit anerkannten Zertifizierungspartnern erhöht die Rechtssicherheit und den Vertrauensfaktor gegenüber Investoren, Mietern und Partnern. Regelmäßige Compliance-Schulungen für alle Abteilungen – insbesondere Vertrieb, Marketing, Rechtsabteilung – sollten Pflicht werden. Für die Kommunikation empfiehlt sich Transparenz: Statt pauschaler Begriffe werden die konkret gemessenen Ergebnisse und zertifizierten Leistungen in den Mittelpunkt gerückt, ergänzt um eine digitale Verweisstruktur (z. B. QR-Codes in Broschüren und auf Websites).

Vertragliche Regelungen zu Nachweispflichten, Haftung und Rücktrittsrecht sollten in alle Projekt-, Lieferanten- und Dienstleistungsverträge eingebunden werden. Das Monitoring von Claims und die fortlaufende Aktualisierung der Daten sind zentral, um regelmäßig neue gesetzliche Vorgaben und Branchenstandards umzusetzen.

Die EmpCo-Richtlinie setzt für die Immobilienbranche einen neuen Standard für rechtssichere und glaubwürdige Umweltkommunikation. Nur wer sorgfältig Nachweis führt, unabhängige Zertifizierungen und transparente Informationsprozesse implementiert, bleibt langfristig wettbewerbsfähig und agiert rechtssicher. Unternehmen müssen ihre Prozesse, Vertragsinhalte und Kommunikationsstrategien proaktiv anpassen und ein Compliance-System etablieren, das Green Claims in sämtlichen Medien und Vertriebskanälen vorab prüft und dokumentiert. Die künftige Entwicklung wird eine weitere Verschärfung und Professionalisierung – sowohl bei der rechtlichen Prüfung als auch in der technischen Umsetzung und Digitalisierung der Zertifikate und Umweltnachweise – mit sich bringen.

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