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09.09.2025

Der Einfluss des EU AI Acts auf die Immobilienbranche

Künstliche Intelligenz (KI) hat längst Einzug in nahezu alle Branchen gehalten und verändert maßgeblich, wie Unternehmen Prozesse gestalten, Entscheidungen treffen und Wertschöpfung generieren. Auch die Immobilienwirtschaft bleibt von diesem Trend nicht unberührt. Von der automatisierten Bewertung von Immobilien über datengetriebene Prognosen zur Mietpreisentwicklung bis hin zu intelligenten Gebäudesteuerungen – KI ist im Real Estate-Sektor längst angekommen.

Mit der Verabschiedung des EU AI Acts, der weltweit ersten umfassenden Regulierung künstlicher Intelligenz, treten nun rechtliche Rahmenbedingungen hinzu, die für Unternehmen dieser Branche von erheblicher Bedeutung sind.

Relevanz erhält dieses Thema insbesondere dadurch, dass die Immobilienwirtschaft stark datengetrieben ist und zunehmend KI-gestützte Systeme in Geschäftsmodellen und Projekten integriert. Gleichzeitig stellt sich die Frage, welche rechtlichen Herausforderungen damit verbunden sind und wie sich Unternehmer, Investoren und Projektentwickler rechtssicher aufstellen können.

Der AI Act verfolgt einen risikobasierten Ansatz. Bestimmte Anwendungen in Immobilienprojekten – etwa biometrische Zugangssysteme oder algorithmische Risikobewertungen – potenziell werden in hohe Risikokategorien fallen. Daraus resultieren erhöhte Compliance-Anforderungen, Haftungsrisiken und Dokumentationspflichten.

Im Folgenden zeigen wir auf, welche rechtlichen Implikationen sich beim Einsatz von KI ergeben, wie Unternehmen KI-Compliance-Projekte in den Griff bekommen können und welche Handlungsempfehlungen sich für die Praxis ableiten lassen.

 

Wieso ist KI in der Immobilienbranche ein rechtliches Thema?

Der EU AI Act verfolgt das Ziel, einheitliche Regeln für den Einsatz von künstlicher Intelligenz innerhalb der Europäischen Union zu schaffen. Er basiert auf einem risikobasierten Ansatz, der KI-Anwendungen in vier Kategorien unterteilt: verbotene Systeme, Hochrisiko-Anwendungen, KI-Systeme mit begrenztem Risiko und KI-Systeme mit minimalen Risiken. Für die Immobilienbranche bedeutet dies, dass je nach Anwendungsfall unterschiedliche Pflichten greifen.

Grundlegende Aspekte sind zunächst die Identifikation von Anwendungen im Immobiliensektor, die unter die gesetzliche Regulierung fallen könnten sowie die Kategorisierung von KI-Systemen im Sinne des AI Acts. Beispiele aus der Praxis und die rechtlichen Implikationen sind etwa:

  • Automatisierte Immobilienbewertungen: KI-Systeme, die Immobilienpreise oder Mietrenditen berechnen, können zu Fehlbewertungen führen und müssen transparent gestaltet werden.
  • Smart-Building-Technologien: Intelligente Gebäudesteuerungen, die auf Nutzungsdaten basieren, können in den Bereich personenbezogener Daten fallen.
  • Mieter- und Bonitätsprüfungen: Der Einsatz algorithmischer Risikobewertungen bei Bewerberprüfungen werden häufig als Hochrisiko-Anwendung eingestuft werden müssen und erfordern erweiterte Compliance Maßnahmen.
  • Sicherheits- und Zugangssysteme: Gesichtserkennung oder biometrische Zugangskontrollen gelten in der Regel als Hochrisiko und unterliegen ebenfalls strengen Pflichten.

Für Immobilienunternehmen, Bauherren und Investoren sind diese Aspekte hochrelevant, da sie einerseits neue Chancen eröffnen – etwa Effizienzsteigerungen, verbesserte Prognosen und Kosteneinsparungen – andererseits aber auch neue rechtliche Verpflichtungen nach sich ziehen. Verstöße gegen den AI Act können zu erheblichen Bußgeldern führen, die sich am Umsatz des Unternehmens orientieren.

Die rechtlichen Implikationen betreffen vor allem die Pflicht zur Risikobewertung, Transparenz- und Dokumentationspflichten sowie die Verantwortung für die Qualität der eingesetzten Daten. Immobilienunternehmen müssen künftig sicherstellen, dass KI-Systeme nicht diskriminierend wirken, dass Ergebnisse nachvollziehbar bleiben und dass die eingesetzten Systeme kontinuierlich überwacht werden. Dies bedeutet einen erheblichen organisatorischen und rechtlichen Anpassungsbedarf und die Implementierung eines effektiven Compliance-Management-Systems im Bereich KI.

 

Was ist rechtlich beim Einsatz von KI zu beachten?

Mit dem Inkrafttreten des EU AI Acts ergeben sich für Unternehmen der Immobilienwirtschaft vielfältige rechtliche Herausforderungen. Besonders relevant sind folgende Bereiche:

a) Haftungsrechtliche Fragestellungen: 
Die Immobilienbranche bewegt sich in einem haftungsintensiven Umfeld. Fehlerhafte Prognosen oder diskriminierende Systeme können nicht nur zu finanziellen Schäden führen, sondern auch zu Reputationsverlusten. Wer trägt die Verantwortung, wenn ein KI-System eine fehlerhafte Immobilienbewertung vornimmt oder ein Bewerber aufgrund eines algorithmischen Fehlers benachteiligt wird? Empfehlenswert sind klare Regelungen zu Gewährleistung, Haftungshöchstgrenzen und Regressmöglichkeiten in sämtlichen Verträgen mit Dienstleistern. Der AI Act sieht zudem vor, dass Unternehmen, die Hochrisiko-KI einsetzen, umfassende Prüf- und Dokumentationspflichten erfüllen müssen. Werden diese verletzt, drohen erhebliche Sanktionen. Unternehmen sollten daher interne Prozesse zur Qualitätssicherung etablieren und Verantwortlichkeiten klar zuweisen.

b) Compliance- und Datenschutzthemen: 
Viele KI-Anwendungen in der Immobilienbranche verarbeiten personenbezogene Daten, etwa bei Bonitätsprüfungen oder beim Einsatz von Smart-Building-Systemen. Hier überschneiden sich die Anforderungen des AI Acts mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Unternehmen müssen sicherstellen, dass KI-Systeme datenschutzkonform betrieben werden. Dazu gehört u. a. die Durchführung von Datenschutz-Folgenabschätzungen, die Minimierung von Datenrisiken sowie die Gewährleistung von Transparenz gegenüber betroffenen Personen. Soweit es um die Vergabe von Krediten oder das (Mieter-)Bewerbermanagement geht, gilt es die Regelungen zum Profiling nach der DSGVOI zu beachten.

c) Organisatorische Herausforderungen: 
Der AI Act erfordert, dass Hochrisiko-Systeme nur unter strengen Voraussetzungen eingesetzt werden dürfen. Dazu zählen u. a. die Einrichtung eines Risikomanagementsystems, die Dokumentation der Funktionsweise, menschliche Aufsicht sowie eine kontinuierliche Überwachung. Unternehmen müssen daher interne Compliance-Strukturen schaffen, die sowohl juristische als auch technische Expertise vereinen.

Lösungsansätze: Um diese Herausforderungen zu meistern, empfiehlt sich ein mehrstufiger Ansatz:

  1. Bestandsaufnahme: Identifikation aller eingesetzten KI-Systeme im Unternehmen.
  2. Risikoklassifizierung: Einstufung gemäß den Kategorien des AI Acts.
  3. Vertragsanpassung: Überarbeitung bestehender und zukünftiger Verträge mit KI-Anbietern.
  4. Compliance-Integration: Aufbau eines internen Kontroll- und Überwachungssystems.
  5. Schulung und Sensibilisierung: Mitarbeiter müssen für die rechtlichen Anforderungen geschult werden.
  6. Externe Beratung: Zusammenarbeit mit Fachanwälten und IT-Sicherheitsexperten.

Auf diese Weise können Immobilienunternehmen sicherstellen, dass sie die rechtlichen Risiken minimieren und zugleich die Vorteile der neuen Technologien nutzen.

 

Wie sorge ich für Compliance bei Einsatz von KI in meinem Unternehmen?

Um die rechtlichen Anforderungen des EU AI Acts in der Praxis erfolgreich umzusetzen, sollten Immobilienunternehmen eine strategische Herangehensweise wählen. Folgende Empfehlungen und Best Practices sind besonders relevant:

  1. Frühzeitige Compliance-Strategie entwickeln: 
    Unternehmen sollten nicht abwarten, bis der AI Act vollständig anwendbar ist, sondern bereits jetzt interne Strukturen schaffen. Dazu gehört die Einrichtung eines Compliance-Management-Systems, das speziell auf den Umgang mit KI zugeschnitten ist.
  2. Interdisziplinäre Teams aufbauen: 
    Die rechtlichen Anforderungen betreffen nicht nur die Rechtsabteilung, sondern auch IT, Datenanalyse, Vertrieb und Facility Management. Empfehlenswert ist daher ein interdisziplinäres Team, das juristische, technische und betriebswirtschaftliche Expertise bündelt.
  3. Verträge systematisch prüfen und anpassen: 
    Da viele KI-Systeme von externen Anbietern stammen, müssen Einkaufs- und Lizenzverträge rechtssicher gestaltet werden. Wichtig ist insbesondere die Klärung von Haftungsfragen und die vertragliche Sicherstellung, dass Anbieter die Anforderungen des AI Acts erfüllen.
  4. Transparenz und Dokumentation gewährleisten: 
    Unternehmen sollten Prozesse implementieren, um die Funktionsweise von KI-Systemen nachvollziehbar zu dokumentieren. Dies ist nicht nur rechtlich erforderlich, sondern stärkt auch das Vertrauen von Investoren, Mietern und Geschäftspartnern.
  5. Datenschutz und Ethik berücksichtigen: 
    Neben den rechtlichen Mindestanforderungen sollten Unternehmen freiwillige Standards im Bereich Ethik und Datenschutz einführen. Dies schafft Wettbewerbsvorteile und signalisiert Verantwortungsbewusstsein gegenüber Stakeholdern.
  6. Monitoring und kontinuierliche Verbesserung: 
    KI-Systeme entwickeln sich dynamisch weiter. Daher sollten Unternehmen regelmäßige Audits und Überprüfungen vorsehen, um sicherzustellen, dass eingesetzte Systeme auch langfristig den Anforderungen entsprechen.

Best Practices bestehen also nicht allein in der rechtlichen Umsetzung, sondern auch in einer proaktiven, strategischen Nutzung der Technologie. Unternehmen, die den AI Act als Chance begreifen, können ihre Marktposition stärken und rechtliche Risiken zugleich minimieren.

 

Fazit & Ausblick

Der EU AI Act markiert einen Meilenstein in der Regulierung künstlicher Intelligenz und hat erhebliche Auswirkungen auf die Immobilienbranche. Die zentralen Erkenntnisse sind, dass Immobilienunternehmen künftig verpflichtet sind, ihre KI-Systeme einer Risikobewertung zu unterziehen, Transparenz und Dokumentation sicherzustellen sowie Haftungs- und Datenschutzfragen sorgfältig zu berücksichtigen. Die größten Herausforderungen liegen in der praktischen Umsetzung dieser Vorgaben, insbesondere bei Hochrisiko-Anwendungen wie Bonitätsprüfungen oder biometrischen Zugangssystemen.

Für Unternehmen ist es entscheidend, rechtzeitig eine klare Compliance-Strategie zu entwickeln und interne Strukturen aufzubauen, die sowohl juristische als auch technische Expertise vereinen. Wer frühzeitig handelt, kann nicht nur rechtliche Risiken minimieren, sondern auch das Vertrauen von Investoren, Mietern und Geschäftspartnern stärken.

Der Ausblick zeigt, dass die Regulierung von KI weiter zunehmen wird. Unternehmen müssen sich darauf einstellen, dass die Anforderungen an Transparenz, Verantwortung und ethische Standards steigen. Wer sich rechtzeitig vorbereitet, kann den AI Act nicht nur als regulatorische Pflicht, sondern auch als Chance zur Positionierung im Markt nutzen.

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