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08.11.2023

Vorsicht bei der Überlassung von Dienstwagen/Vermeidung von Nachzahlungen wegen Unwirksamkeit der Dienstwagenvereinbarung

BAG vom 31. Mai 2023, 5 AZR 273/23

Abhängig vom Nettoeinkommen des Arbeitnehmers und unter Berücksichtigung seiner Unterhaltspflichten, kann eine Dienstwagenvereinbarung, aber auch jede sonstige Vereinbarung über einen Sachbezug Unwirksam sein und zu Nachzahlungen führen.

Der 5. Senat des BAG hatte mit seiner Entscheidung vom 31. Mai 2023, 5 AZR 273/23 Gelegenheit, sich mit einigen wesentlichen Fragen der Dienstwagenüberlassung auseinanderzusetzen. Dies bringt einerseits Klarheit in manche offenen Fragen. Andererseits sind Arbeitgeber aber gut beraten, vor der Überlassung eines Dienstwagens die Umstände sehr genau zu prüfen und abzuwägen, um nicht in eine teure Nachzahlungspflicht zu geraten.

Der Kläger hatte ein Bruttoentgelt von 4.285 Euro und einen Dienstwagen, den er auch privat nutzen durfte und der monatlich mit Euro 445 (1%-Regelung) versteuert wurde. Zudem fielen für die Kilometer von zuhause zur Arbeitsstätte noch einmal 747,60 Euro an Mitversteuerung an. Der Kläger, verheiratet und Vater von zwei unterhaltspflichtigen Kindern machte für einen Zeitraum von Januar 2017 bis April 2020 eine Nachzahlung von ca. 30.000,- Euro wegen Verstoßes gegen § 107 Abs.2 Satz 5 GewO geltend.

Nach der wenig beachteten Vorschrift des § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO darf der Wert eines vereinbarten Sachbezuges den Wert des pfändbaren Teils der Vergütung nicht überschreiten. Überschreitet der Wert des Sachbezuges den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens, dann ist die zugrundeliegende Vereinbarung über die KfZ-Überlassung unwirksam. Das gleiche gilt, wenn der sich dies erst im Laufe des Arbeitsverhältnisses beispielsweise durch Heirat oder die Geburt unterhaltspflichtiger Kinder ändert.

Zur Ermittlung des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ist zunächst als Ausgangswert der monatliche Bruttoverdienst zzgl des 1%-Wertes heranzuziehen. Nicht berücksichtigt wird der für die Entfernungskilometer anzusetzende Betrag. Der pfändbare Teil des Arbeitseinkommens ergibt sich in Anwendung der §§ 850 ff. ZPO, insbesondere aus § 850c ZPO sowie den dazu bestehenden Tabellen.

In dem entschiedenen Fall lag der Wert des Sachbezuges bei Euro 445,- . Die Dienstwagenvereinbarung wäre daher unwirksam, wenn der pfändbare Teil unter diesem Betrag läge. Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer ist das der Fall, wenn sein Nettoeinkommen unter 1.970,- Euro liegt. Schwieriger wird es, wenn wie hier Ehegatte und zwei unterhaltspflichtige Kinder zu berücksichtigen sind. Dann läge eine Unterschreitung des Werts des Sachbezuges bei einem Nettoeinkommen bis zu 3.870,- vor.

Bei einem Bruttolistenpreis von Euro 44.500,- hat in dem Beispielsfall der Kläger noch nicht einmal einen besonders teuren Dienstwagen gewählt. Auch die weiteren Daten wie die Anzahl von 3 Unterhaltsberechtigten und das monatliche Bruttogehalt von 4.285,- sind nicht ungewöhnlich.

Folge der Unwirksamkeit der Vereinbarung, ist die Rückgabe des Dienstwagens für die Zukunft sowie die Erhöhung der monatlichen Bruttobezüge um den Wert des Sachbezuges, hier Euro 445,-. Für die Vergangenheit ist der Wert des Sachbezugs in Geld nach zu zahlen, wobei die Sachleistungen für die Vergangenheit nach Bereicherungsrecht herauszugeben sind, was insbesondere zum Einwand der Entreicherung führen kann.

Empfehlung: Arbeitgeber sind gut beraten, vor der Gewährung eines Sachbezuges, insbesondere eines Dienstwagens, sehr genau zu prüfen, ob der Wert dieses Sachbezuges den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens überschreitet. Dazu sind die notwendigen Daten des Arbeitnehmers, insbesondere Familienstand und Anzahl der Unterhaltsberechtigten zu erfragen. Der Arbeitnehmer muss verpflichtet werden, sämtliche Änderungen unverzüglich mitzuteilen und der Arbeitgeber muss prüfen, ob eine Überschreitung des pfändbaren Teils vorliegt. Je teurer der Dienstwagen und je niedriger das (Netto-)Einkommen des Arbeitnehmers, desto höher das Risiko einer Unwirksamkeit. Beim Dienstrad ist der Wert der Privatnutzung mit 0,25% deutlich geringer, prinzipiell gilt dasselbe.

Autor/innen

Michael Wahl

Michael Wahl

Partner

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