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18.01.2022

The Controverse Matter of the Metaverse: Markenrechtlicher Schutz von digitalen Produkten in der virtuellen Welt

Ralph Lauren eröffnet seinen ersten virtuellen Shop auf der Gaming-Plattform Roblox, Gucci verkauft auf derselben Plattform eine rein virtuelle Dionysus-Handtasche für mehr als 4.100 Dollar, Nike meldet gleich mehrere Marken als „virtual goods“ an und Hermès sieht sogar seine Markenrechte an der Birkin Bag verletzt: Es tut sich was im digitalen Kosmos „Metaverse“, über das wir bereits im September 2020 berichtet haben. Spätestens seit Mark Zuckerbergs seine Vision vom einer neuen virtuellen Welt im Oktober 2021 vorgestellt hat, tummeln sich dort immer mehr Unternehmen. Und natürlich ist dort längst auch das Markenrecht angekommen.

Was ist das Metaverse überhaupt?

Das Metaverse ist ein kollektiver, virtueller 3D-Raum, in dem sich Menschen in Form von individuellen Avataren frei bewegen und miteinander interagieren: Man kann im Metaverse digital animiert „leben“, „einkaufen“, Daten generieren und tauschen, um die (virtuelle) Welt „reisen“ oder einfach nur spielen. So kann man etwa nach dem Einkauf digitaler Sneaker im virtuellen Lieblingsstore ins Arbeitsmeeting mit den Kolleginnen und Kollegen, die in wilden oder nicht so wilden Avatare mit am virtuellen Tisch sitzen. Danach geht es weiter in die virtuelle Arztpraxis und abends in ein digitales Live-Theater.

Anders als bisher bei Virtual Reality Games soll das Metaverse aber nicht auf eine Plattform begrenzt sein, sondern sich aus vielen verschiedenen Plattformen zusammensetzen. Entscheidend ist also seine Dezentralität. Daten, Gegenstände und Inhalte sollen interoperabel sein, sodass sich ein funktionierendes Wirtschaftssystem etablieren kann, in dem Eigentum und Investitionen möglich sind. 

Die Verbindung ins Metaverse entsteht durch die bereits bekannte VR-Brille oder mit Hilfe von Augmented Reality. Man schaut also nicht nur auf einen Bildschirm, sondern taucht tatsächlich ein in diese Welt und steuert mit eigenen Bewegungen seinen Metaverse-Avatar. Oder wie der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg sagt: „The metaverse is an embodied internet that you’re inside of rather than just looking at.“

Wie weit ist das Metaverse schon?

Vieles davon ist noch Zukunftsmusik, aber vor allem im Bereich der digitalen Produkte kommt in letzter Zeit Aufbruchsstimmung auf. Das Prinzip von In-App oder In-Game Käufen ist schon länger bekannt. User und Userinnen geben zum Beispiel schon heute viel Geld für rein digitale Kleidung ihrer Spiel-Avatare aus. So kann man seinen Avatar auf der Spieleplattform Roblox mit Luxussachen einkleiden, wobei der Preis – wie im echten Leben –  je nach Seltenheit stark variiert. Die entscheidende Funktion im Metaverse sind dabei NFTs, also Non-Fungible Tokens. Dadurch werden die digitalen Güter durch die Blockchain abgesichert und ihre Echtheit und das Eigentum daran zertifiziert. Jeder NFT ist ein Unikat und dementsprechend kommt den virtuellen Produkten auch ein bestimmter monetärer Wert zu. Bezahlt wird mit Kryptowährungen wie Bitcoins, Dogecoins oder Ethereum.

Welche Rolle spielt das Markenrecht?

Experten und Expertinnen prophezeien dem Metaverse bis 2024 einen Marktwert von 708 Milliarden Euro und viele Unternehmen wittern einen gänzlich neuen Absatzmarkt für ihre (digitalen) Produkte. Dabei spielt wie im echten Leben auch im virtuellen Paralleluniversum das Markenrecht eine entscheidende Rolle im Schutz und Aufbau von Brands. Insofern überrascht es nicht, dass große Unternehmen wie Nike, Converse oder Abercrombie & Fitch in den vergangenen Wochen ihren Markenschutz beim USPTO explizit für digitale Produkte ausgeweitet und mehrere Marken für virtuelle Güter unter anderem für Klassen 9, 35, 41 und 42 angemeldet haben. Auch beim EUIPO gibt es bereits vereinzelte Anmeldungen für „herunterladbare virtuelle Güter“ und „non-fungible tokens“ in Klassen 9, 18 oder 25 bzw. für entsprechende Dienstleistungen in Klassen 35 und 41 (z.B. “Online-Shops für virtuelle Güter“), etwa von Pirelli oder Allbirds.

Und wo #marken sind, lassen auch die ersten virtuellen markenrechtlichen Streitigkeiten nicht lange auf sich warten. Ein aktuelles Beispiel liefert der Fall der MetaBirkins: Der Digital-Künstler Mason Rothschild hatte rund 100 NFTs der berühmten Birkin Bag aus dem Hause Hermès auf dem Online-Marktplatz „OpenSea“ zum Verkauf angeboten. Dreiste Fälschung oder innovative Online-Kunst? Hermès geht jedenfalls seit Anfang des Jahres markenrechtlich gegen die MetaBirkins vor. Rothschild beruft sich auf die Kunstfreiheit im Rahmen des amerikanischen First Amendments. Ob (und wo) Hermès tatsächlich Klage erhebt, bleibt abzuwarten. Hier spielt auch das markenrechtliche Territorialitätsprinzip eine entscheidende Rolle, das eine verletzende Benutzungshandlung im Inland erfordert. Legt man die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze zur Abwägung zwischen Markenrecht und Kunstfreiheit zugrunde, so dürften die Chancen für Hermès nicht allzu schlecht stehen: Erstens lassen die MetaBirkins eine satirisch-humoristische Auseinandersetzung vermissen und zweitens steht hier der kommerzielle Zweck des Verkaufs der NFTs deutlich im Vordergrund.

Worauf müssen Markeninhaber jetzt achten?

Mit dem dezentralisierten und noch recht unüberschaubaren Markt im Metaverse wächst für Markeninhaber die Gefahr von Markenrechtsverletzungen und Rufschädigung. Digitale Produkte lassen sich dabei gegebenenfalls sogar noch leichter fälschen als physische. Ein paar einfach Klicks genügen.

Viele Unternehmen verfügen bereits über eingetragene Marken in den verschiedensten Märkten, allerdings reicht das möglicherweise nicht für einen effektiven Schutz im Metaverse. Markeninhaber sollten daher ihre Portfolien überprüfen und ggf. anpassen. Ähnlich wie in den frühen 2000ern ist zudem auch jetzt Vorsicht geboten vor bösgläubigen Markenanmeldungen privater Dritter. In den USA gibt es hier bereits einige Fälle. Und auch wenn ein Unternehmen erst mal noch nicht im Metaverse aktiv ist, können die eigenen Produkte dennoch einen Weg in die digitale Welt finden wie der Fall Hermès zeigt.  

Einen Vorteil bietet das harmonisierte europäische Markenrecht gegenüber dem US-amerikanischen System: In den USA mussten viele Unternehmen ihre Marken für virtuelle Güter auf der „intent-to-use“-Basis anmelden, weil sie die Marke tatsächlich noch nicht im Metaverse benutzen. Die Markeneintragung wird dann erst bei kommerzieller Nutzung finalisiert, wobei hierfür maximal drei Jahre Zeit bleiben. Im europäischen Markenrecht hingegen muss man die Benutzung bei Anmeldung nicht nachweisen und es gilt eine fünfjährige Benutzungsschonfrist für eingetragene Marken.

Fazit

Auch wenn das Metaverse noch stark an Science-Fiction erinnert, wird es ganz sicher nicht schaden, eine mögliche Ausweitung des markenrechtlichen Schutzes der eigenen Produkte frühzeitig ins Auge zu fassen. Denn dass im Metaverse ein zukünftiger Absatzmarkt schlummert, dürfte unbestritten sein.

Autor/innen

Christina Kufer

Christina Kufer

Senior Associate

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