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04.09.2023

Nachfolgeregelung: Die nächste Generation des Familienunternehmens

Die Nachfolge in Unternehmen birgt ein hohes Streitpotential. Anlass ist in der Regel ein Generationenkonflikt, der aus der fehlenden Bereitschaft der älteren Generation loszulassen resultiert.

Wie die völlig unerwartete Covid 19-Pandemie gezeigt hat, sollte es stets einen Alternativplan für die Zukunft geben. Ein unvorhergesehenes Ereignis kann schneller eintreten als gedacht und alle Planung zunichtemachen. Dies gilt besonders für Familienunternehmen. Experten können bestätigen, dass vom ersten Gedanken des Seniors an den Ruhestand bis zur endgültigen Machtübergabe an einen Nachfolger durchschnittlich rund zehn Jahre vergehen. Ein überstürzter Wechsel geht jedoch nicht selten mit einem Generationenkonflikt einher. Um den zu vermeiden, ist nicht nur eine frühzeitige Regelung, sondern auch eine gründliche Information und das offene Gespräch mit allen Familienmitgliedern notwendig. Dabei sollte sich der Senior vor allem folgende Fragen stellen:

  • Wann möchte ich übergeben?
  • Was will ich für mein Unternehmen?
  • Was muss ein Nachfolger mitbringen?
  • Und schließlich: Was ist mein Unternehmen wert?

Je nachdem, was sich der Unternehmer für die eigene Zukunft und die seines Unternehmens wünscht, ergeben sich unterschiedliche mögliche Nachfolgeregelungen.

Dabei sind die folgenden Varianten sowohl für eine familieninterne als auch für eine externe Nachfolge die wohl häufigsten:

1. Unternehmensnachfolge im Wege vorweggenommener Erbfolge

Der Unternehmer kann bereits zu Lebzeiten – unter Vorwegnahme des Erbfalls – das Unternehmen oder seine Unternehmensbeteiligung auf den von ihm ausgesuchten Nachfolger übertragen. Das hat mehrere Vorteile, unter anderem kann der designierte Nachfolger so besser an das Unternehmen herangeführt werden. Zugleich erhält er die Möglichkeit, sich noch zu Lebzeiten des Altunternehmers zu beweisen. Daneben hat diese Variante vor allem erb- bzw. schenkungssteuerliche Vorteile. Durch eine frühzeitige, jedoch mindestens zehn Jahre vor dem Erbfall stattfindende Übertragung, können mögliche Pflichtteils- bzw. Pflichtteilsergänzungsansprüche ausgeschlossen werden. Demgegenüber steht als Hauptnachteil der vorweggenommenen Erbfolge, dass der Altgesellschafter seine komplette Verfügungsbefugnis verliert. Es ist sinnvoll, das gesetzliche Widerrufsrecht der §§ 525 ff. BGB vertraglich näher auszugestalten, zum Beispiel für den Fall des kinderlosen Vorversterbens des Nachfolgers oder dessen – aus Sicht des Altunternehmers – nicht akzeptable persönliche oder wirtschaftliche Entwicklungen. Jedenfalls sind vertragliche und gesetzliche Formvorschriften, Zustimmungserfordernisse sowie gegebenenfalls bestehende Vorkaufsrechte weiterer Gesellschafter zu beachten.

2. Schrittweise Übertragung durch Gründung einer Personen- oder Kapitalgesellschaft

Die Übertragung eines Einzelunternehmens durch Gründung einer Personen- oder Kapitalgesellschaft hat den Vorteil, dass die Übertragung nicht auf einmal, sondern in Stufen erfolgen kann, nämlich durch schrittweise Erhöhung der Beteiligung des Nachfolgers als Mitgesellschafter.

Für den Eintritt des Erbfalls bietet zudem die Personengesellschaft, anders als GmbH und Aktiengesellschaft, dem Senior die Möglichkeit, einen bestimmten Erben kraft Gesetzes in seinen Gesellschafteranteil nachfolgen zu lassen (sog. qualifizierte Nachfolge). Bei Kapitalgesellschaften rückt dagegen jeweils die Erbengemeinschaft insgesamt in die Stellung des verstorbenen Gesellschafters ein. Allerdings können die Miterben nach Satzung oder aufgrund letztwilliger Verfügung des Erblassers verpflichtet sein, ihren Anteil auf einen von ihnen oder einen Dritten zu übertragen.

Eine besondere Gestaltung stellt die Kommanditgesellschaft auf Aktie (sog. KGaA) dar. Bei der KGaA handelt es sich um eine AG, die an Stelle eines Vorstandes über persönlich haftende Gesellschafter (Komplementäre) verfügt. Die KGaA ist besonders für Familienunternehmen attraktiv, die an der Börse Kapital aufnehmen wollen. Anders als in der AG ist die Machtstellung in der KGaA nicht an die Höhe der Kapitalbeteiligung gekoppelt. Die Komplementäre einer KGaA können je nach Ausgestaltung der Satzung auch dann die Kontrolle in einer Gesellschaft haben, wenn sie lediglich eine geringe oder sogar gar keine Vermögenseinlage leisten. Die KGaA gilt deshalb als besonders übernahmeresistent. Zudem ergeben sich für Familienunternehmen neben der Übernahmeresistenz weitere Vorteile für die Nachfolgeregelung. Die GmbH & Co. KGaA eröffnet in diesem Zusammenhang erbschaftssteuerliche Gestaltungsspielräume (vgl. auch hier).

3. Unternehmensverkauf

In aller Regel stellt das Unternehmen bzw. die Gesellschaftsbeteiligung für den Altunternehmer die wesentliche Einnahmequelle dar. Aus Sicht des Altunternehmers gilt es daher zu verhindern, dass durch die Übertragung seine wirtschaftliche Lebensgrundlage und finanzielle Unabhängigkeit gefährdet werden. Diese Gefahr lässt sich vermeiden, indem die Gesellschaft entgeltlich übertragen wird. Dazu gibt es folgende Möglichkeiten:

a) Einmalzahlung

Wird das Unternehmen auf einmal verkauft, hat dies den Vorteil, dass der Verkäufer nicht von dem unternehmerischen Geschick seines Nachfolgers abhängig ist. Der Käufer seinerseits bekommt sofort freie Verfügungsgewalt.

b) Wiederkehrende Leistungen

Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass der Kaufpreis nicht auf einmal, sondern über einen längeren Zeitraum in Form einer Rente, Ratenzahlungen oder einer dauernden Last entrichtet wird. Dies hat für den Käufer den Vorteil, nicht auf eine Fremdfinanzierung angewiesen zu sein. Nachteilig ist dieses Modell allerdings für den Verkäufer, weil er auf diese Weise vom unternehmerischen Geschick seines Nachfolgers abhängig wird.

4. Verpachtung oder Vermietung

Der Altunternehmer kann aber auch seine „Rente“ dadurch sicherstellen, dass er das Unternehmen nicht veräußert, sondern vermietet oder verpachtet. Durch eine Verpachtung des Unternehmens geht das Eigentum an diesem noch nicht auf den Nachfolger über. Zudem werden dem Unternehmer laufende Einnahmen gesichert. Im Unterschied zur Verpachtung werden bei der Vermietung nur die Betriebsräume zur Nutzung überlassen. Die Maschinen und die Einrichtung kauft der Nachfolger in der Regel direkt. Steuerlich bedeutet dies eine Unternehmensaufgabe und folglich die Aufdeckung stiller Reserven.

5. Management-Buy-Out (MBO) und Management-Buy-In (MBI)

Sollte innerhalb der Familie kein geeigneter Nachfolger zu finden sein, besteht die Möglichkeit, das Unternehmen an das eigene Management zu veräußern (sog. Management-Buy-Out) oder es von externen Managern übernehmen zu lassen (sog. Management-Buy-In), vgl. hier).

Vorteil des MBO ist, dass der neue Eigentümer das Unternehmen bereits kennt, was regelmäßig die Verkaufsverhandlungen erleichtert. Nachteilig ist oftmals, dass die „Betriebsblindheit” der neuen Eigentümer notwendigen Innovationen im Weg steht.

Vorteil des MBI ist, dass mit den neuen Eigentümern typischerweise auch neue Impulse einhergehen. Nachteilig ist, dass die Übernahme durch externe Manager häufig mit einer langen Einarbeitungszeit verbunden ist.

6. Stiftung

Anlass, über die Errichtung einer unternehmensverbundenen Stiftung nachzudenken, ist oft das Vorhandensein eines Unternehmens, für dessen Fortführung nach dem Tod des Altunternehmers kein geeigneter Nachkomme bereitsteht. Hinzukommen kann der altruistische Wille, die im Unternehmen verkörperten Vermögenswerte dauerhaft einer wohltätigen Verwendung zuzuführen. Aber auch der Wille des Unternehmers, das Unternehmen unabhängig von dem Einsatz seiner Nachkommen zu erhalten, kann Anlass für die Gründung einer Stiftung sein.

Eine Stiftung ist rechtlich selbständig. Sie benötigt keinen Eigentümer oder Gesellschafter. Das Stiftungsvermögen ist strikt vom Stifter und dessen Nachkommen getrennt. Erforderlich ist (1.) ein gewisser Stiftungszweck. Dieser kann sowohl gemein- als auch privatnützig sein oder auch nur der Familienversorgung dienen. (2.) Zudem ist ein Stiftungsvermögen erforderlich, das ausreicht, um den Stiftungszweck zu erreichen. (3.) Außerdem muss ein Stiftungsvorstand bestimmt werden, welcher den Willen des Stifters treuhänderisch umsetzt.

Ein großer Vorteil einer Stiftung ist, dass sie als unmittelbarer Unternehmens- oder Beteiligungsträger vor einer erbfallbedingten Aufteilung der Gesellschaftsanteile sowie der damit verbundenen Verschiebung der Machtverhältnisse und Liquiditätsabflüsse schützt. Allerdings will der Einsatz der Stiftung auf dem Gebiet der Unternehmensnachfolge nicht zuletzt wegen der Dauerhaftigkeit der damit einhergehenden Zweckbindung des Unternehmensvermögens wohl überlegt sein. Im Vergleich zu anderen, an Gesellschafter gebundenen Rechtsformen ist die Stiftung am besten geeignet, dem Willen des stiftenden Unternehmers dauerhaft Geltung zu verschaffen. Während nämlich die Gesellschafter einer Personen- oder Kapitalgesellschaft den Gesellschaftsvertrag grundsätzlich jederzeit durch Beschluss abändern können, ist eine Änderung der Stiftungssatzung nur dann zulässig, wenn sie nach der Satzung selbst oder den engen Voraussetzungen des § 87 BGB zulässig ist. Eine Satzungsänderung muss danach immer durch den erklärten oder mutmaßlichen Willen des Stifters gedeckt sein. Das kann auch nachteilig sein. Das Rechtsinstitut der Stiftung ist gerade auf Dauerhaftigkeit und Beständigkeit angelegt, doch sind Unternehmen typischerweise darauf angewiesen, schnell und flexibel auf Veränderungen des Marktes zu reagieren.

7. Going Public – Börsengang

Bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger kann es alternativ auch sinnvoll sein, den Gleichklang von Kapitaleigner und Geschäftsführung aufzulösen. Dies ist unter anderem durch die Umwandlung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft möglich. Dazu muss das Unternehmen gewisse Mindestanforderungen erfüllen:

  • Jahresumsatz bei produzierenden Unternehmen von mindestens 25 Millionen EUR,
  • gute Ertragssituation,
  • etablierte Marktstellung sowie
  • gute Perspektiven der Unternehmensentwicklung.

Daneben besteht auch die Möglichkeit der Umwandlung in eine sog. kleine Aktiengesellschaft. Sie definiert sich über die fehlende Teilhabe am Kapitalmarkt. Kleine Aktiengesellschaften unterliegen vereinfachten Bestimmungen, wie

  • der Befreiung von der Arbeitnehmermitbestimmung im Aufsichtsrat,
  • der Erleichterungen bei der Durchführung und Dokumentation von Hauptversammlungen und
  • einer erhöhten Dispositionsbefugnis der Aktionäre vor allem hinsichtlich der Gewinnverwendung.

Aber auch kleinen Aktiengesellschaften ist es an bestimmten Wertpapierbörsen, wie etwa dem „Neuen Markt“ in Frankfurt/M. oder dem „Start up Markt“ an der Hanseatischen Wertpapierbörse Hamburg möglich, ihren Eigenkapitalbedarf über Aktienausgabe zu decken.

Die Nachfolge in Unternehmen birgt einerseits mannigfaches Streitpotential, andererseits jedoch auch eine Vielzahl an Gestaltungsvarianten. In jedem Fall sind eine frühzeitige Planung und Regelung geboten. Wichtig ist vor allem, eine längere Vorlaufzeit einzuplanen und die Familie – gegebenenfalls auch das Management – frühzeitig einzubeziehen. Nur so können Generationenkonflikte vermieden werden.

Gerne steht Ihnen Dr. Thomas Hausbeck, LL.M. für Fragen im Zusammenhang mit einer Unternehmensnachfolge zur Seite.

Autor/innen

Thomas Hausbeck

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