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02.04.2020

Logistik in Zeiten des Coronavirus

Obwohl die Transportbranche systemrelevant ist, werden die Lieferketten durch das Coronavirus erheblich beeinträchtigt. Insbesondere auf dem Straßentransport ist es zu einer erheblichen Verlangsamung, teilweise sogar zum Erliegen des Transports gekommen. Grenzen wurden für den Privatverkehr geschlossen, Grenzkontrollen trotz des freien Warenverkehrs wieder eingeführt, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Es bilden sich trotz teilweiser Lockerungen der Grenzkontrollen immer noch lange Staus an den Grenzen, sodass es zu erheblich längeren Laufzeiten kommt. Schnell entstehen dann zusätzliche Kosten für Lagerung, alternative Transportwege sowie Verspätungsschäden aufgrund Nicht-rechtzeitig-Lieferungen.

Lieferfristüberschreitungen

Da der Beförderungsunternehmer sich verpflichtet das Gut entweder innerhalb einer vereinbarten Frist oder mangels Vereinbarung innerhalb der Frist abzuliefern, die ein sorgfältiger Frachtführer vernünftigerweise benötigt, droht grundsätzlich eine Haftung wegen Lieferfristüberschreitungen. In vielen Fällen berufen sich Beförderungsunternehmen bereits jetzt auf ein unabwendbares Ereignis. Eine Haftung wäre dann ausgeschlossen, was im Einzelfall jedoch zu prüfen ist.

Grundsätzlich gilt, dass Transporte, die vor Ausspruch der Corona-Krise durchgeführt worden sind, die Berufung auf ein unabwendbares Ereignis eine erfolgversprechende Einwendung sein kann. Bei neueren abgeschlossenen Transportverträgen dürfte eine Berufung auf ein unabwendbares Ereignis allerdings nur noch schwerlich möglich sein, da längere Wartezeiten nunmehr von den Beförderungsunternehmen einkalkuliert werden müssen. Auch hier ist allerdings eine Einzelfallbetrachtung notwendig.

Wird dennoch eine Lieferfrist versprochen, so wird ein grobes Organisationsverschulden angenommen werden können, wenn der Frachtführer den Transport trotzdem nicht innerhalb der Lieferfrist besorgen kann, mit der Folge der Geltendmachung des vollen Schadenersatzes.

Standgelder

Vermehrt kommt es aufgrund von Verzögerungen, beispielsweise an Grenzübergängen, zu Mehrkosten. Diese werden oft untechnisch als Standgelder bezeichnet. Hier stellt sich die Frage, wer diese Kosten zu tragen hat. Sofern die Forderungen gegenüber Absendern vorgebracht werden, sollten diese nicht ohne weiteres gezahlt werden und wenn überhaupt nur unter Vorbehalt der Rückforderung.

Wichtig ist hier zu wissen, dass Standgelder nur dann anfallen, wenn der angemessene Be- bzw. Entladezeitraum überschritten wird. Sofern es um Transporte geht, die vor der Corona-Krise durchgeführt worden sind, könnten angemessene Mehraufwendungen, die zusätzlich für das Gut gemacht wurden und über den regelmäßigen Verlauf der Beförderung hinaus erforderlich wurden, da beispielsweise ein Leistungserschwernis im Rahmen der Zollbehandlung eingetreten, im Einzelfall erstattungsfähig sein.

Bei Verträgen die jetzt abgeschlossen werden, ist jedoch fraglich, ob überhaupt noch Mehraufwendungen aufgrund von Corona anfallen können, da diese bereits in den Preis einkalkuliert sein müssten. Es ist daher besonders wichtig, dass eine ausdrückliche Einigung über die Höhe der Fracht getroffen wird und gegebenenfalls Preisanpassungsklauseln in die Vereinbarung mit aufgenommen werden, welche die Berücksichtigung unvorhergesehener Entwicklungen ermöglicht.

Ob diese Ansprüche erfolgreich durchgesetzt werden können, hängt maßgeblich vom Inhalt der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung, aber auch vom auf entsprechende Verträge zwingend anwendbaren Recht ab. Gerne unterstützen wir in diesen Krisenzeiten ihre Interessen in der rechtlichen Aufarbeitung und Sicherung von Ansprüchen.

Stand: 02.04.2020

Autor/innen

Niels Witt

Dr. Niels Witt

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Mareike Alen

Mareike van Alen

Senior Associate

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