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05.10.2022

Das 1x1 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes - Teil 1

Teil 1: Die Risikoanalyse

Eine Vielzahl von Unternehmen, welche sich im alltäglichen Geschäftsbetrieb in verschiedenen Lieferketten wiederfindet, muss künftig die strengen Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetztes (LkSG) beachten. Wir haben in unserem Beitrag vom 13. September 2021 bereits eine kurze Vorstellung der künftig zu beachtenden Maßnahmen veröffentlicht. Je nach Anzahl der im Inland beschäftigten Personen, müssen die jeweiligen Vorgaben bereits ab dem 01. Januar 2023 (3.000 Arbeitnehmer), bzw. ab dem 01. Januar 2024 (1.000 Arbeitnehmer) beachtet werden. Auch nicht unmittelbar von dem LkSG adressierte Unternehmen sollten die nachfolgenden Ausführungen jedoch gründlich studieren, da davon auszugehen ist, dass einige der vorgesehenen Pflichten letztlich an unmittelbare Vertragspartner „weitergegeben“ werden.

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (nachfolgend „BAFA“) hat in diesem Zusammenhang am 17. August 2022 eine erste „Handreichung zur Umsetzung einer Risikoanalyse nach den Vorgaben des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes“ veröffentlicht. Dies möchten wir zum Anlass nehmen, Ihnen die wichtigsten Aspekte nochmal verständlich aufzuzeigen. Der vorliegende Beitrag ist Teil einer Reihe („Das 1x1 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetztes“), welche sich künftig näher mit dem LkSG und dessen konkreten Anforderungen auseinandersetzt, insbesondere um betroffenen Unternehmen eine erste Stützte zur Hand zu geben.

Was genau fordert eine Risikoanalyse?

In § 5 Abs. 1 LkSG heißt hierzu zunächst wörtlich:
„Im Rahmen des Risikomanagements hat das Unternehmen eine angemessene Risikoanalyse nach den Abätzen 2 bis 4 durchzuführen, um die menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken im eigenen Geschäftsbereich sowie bei seinen unmittelbaren Zulieferern zu ermitteln. In Fällen, in denen ein Unternehmen eine missbräuchliche Gestaltung der unmittelbaren Zuliefererbeziehung oder ein Umgehungsgeschäft vorgenommen hat, um die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten in Hinblick auf den unmittelbaren Zulieferer zu umgehen, gilt ein mittelbarer Zulieferer als unmittelbarer Zulieferer.“

Hintergrund dieser Vorgehensweise ist es, dass betroffene Unternehmen in Erfahrung bringen, welche menschenrechtlichen sowie umweltbezogenen Risiken im eigenen Geschäftsbereich und in den jeweiligen Lieferketten, insbesondere in Bezug auf sog. unmittelbare Zulieferer, bestehen (können). Ebenfalls soll die Risikoanalyse dazu beitragen, identifizierte Risiken im Anschluss nach deren Schwere und Gewicht zu priorisieren.

Dem LkSG unmittelbar unterfallende Unternehmen stehen daher zunächst vor der Aufgabe, sich einen Überblick über die eigenen Beschaffungsprozesse, die Struktur und die Akteure bei unmittelbaren Zulieferern sowie über wichtige Personengruppen, welche von der Geschäftstätigkeit des Unternehmens betroffen sein können, zu verschaffen.

Eine entsprechende Vorgehensweise ist dabei gemäß § 5 Abs. 4 LkSG in Bezug auf den eigenen Geschäftsbereich sowie den Geschäftsbereich der unmittelbaren Zulieferer einmal jährlich sowie - bei sog. „substantiierter Kenntnis“ auch in Bezug auf lediglich mittelbare Zulieferer - anlassbezogen durchzuführen. Ein entsprechender Anlass kann bspw. aufgrund von Medienberichten, Meldungen über den einzurichtenden Beschwerdekanal oder im Zusammenhang mit besonders problematischen (neu erschlossenen) Branchen, Kriegen oder Naturkatastrophen anzunehmen sein.

Die Risikoanalyse wird vom BAFA dabei zu Recht als „grundlegender Baustein“ des Risikomanagements angesehen, da letztlich die überwiegende Anzahl der weiter zu ergreifenden Maßnahmen hierauf aufbauen, bzw. zumindest ansetzen. Dies betrifft bspw. die Erstellung einer Grundsatzerklärung über die eigene Menschenrechtsstrategie sowie die vorzusehenden Präventions- und Abhilfemaßnahmen.

Als kurze Wiederholung sei an dieser Stelle nochmals angemerkt, dass insbesondere die folgenden menschenrechtlichen sowie umweltbezogenen Risiken für adressierte Unternehmen von Relevanz sein können:

  • Kinderarbeit, Zwangsarbeit oder Sklaverei,
  • Gefahren für den Arbeitsschutz,
  • Gefahr von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren,
  • Missachtung der Koalitionsfreiheit,
  • Ungleichbehandlung oder Diskriminierung in der Beschäftigung,
  • Vorenthalten eines angemessenen Lohns,
  • Herbeiführung einer schädlichen Boden-, Gewässer oder Luftverunreinigung, Lärmemission oder übermäßiger Wasserverbrauch,
  • Widerrechtliche Zwangsräumungen oder widerrechtlicher Entzug von Land, von Wäldern und Gewässern,
  • Beauftragung privater oder öffentlicher Sicherheitskräfte zum Schutz des unternehmerischen Projekts,
  • Umweltbezogene Risiken, bspw. unter Verwendung von Quecksilber, Chemikalien oder Abfällen.

Wie kann eine Risikoanalyse konkret vorbereitet werden?

In einem ersten Schritt muss natürlich abgeklärt werden, wie ein „wirksames Risikomanagement“ (vgl. § 3 LkSG) als insoweit übergeordneter Prozess im eigenen Unternehmen implementiert werden kann. Hierzu muss ein eindeutiger Kreis aus ausgewählten Personen (bspw. Geschäftsleitung, Compliance-Abteilung und der Einkauf) bestimmt werden, welcher sich in regelmäßigen Abständen zu den relevanten Themen abstimmt. Zudem sieht das LkSG (exemplarisch) die Benennung eines „Menschenrechtsbeauftragten“ vor, welcher für die Überwachung des Risikomanagements zuständig ist und aus diesem Grund unmittelbar der Geschäftsleitung unterstellt sein sollte.

Für das Verständnis der Risikoanalyse von besonderer Bedeutung ist zudem der seitens des Unternehmens vorzunehmende „Perspektivenwechsel“. Es kommt hierbei nicht darauf an, welche finanziellen Einbußen oder Reputationsschäden für das Unternehmen selbst drohen. Das LkSG und die daraus resultierenden Pflichten adressieren einzig den Schutz der (potenziell) betroffenen Personen.

Die konkrete Ausgestaltung der Risikoanalyse ist sodann nicht konkret vorgegeben, sondern wird in weiten Teilen in das Ermessen des jeweiligen Unternehmens gestellt. Wichtig ist dabei einzig, dass die gewählte Vorgehensweise als „angemessen“ anzusehen ist. Dies bedeutet nach den Vorgaben des BAFA, dass die vorgesehene Methodik insbesondere „nachvollziehbare Prozesse zur Ermittlung, Gewichtung und Priorisierung“ entsprechender Risiken beinhalten muss.

Ansatzpunkte für eine wirksame Risikoanalyse

Eine Risikoanalyse erfordert in einem ersten Schritt stets ein tiefes Bewusstsein für die eigene Unternehmensstruktur und das jeweilige Beschaffungswesen. Kernvoraussetzung ist daher, dass sich das Unternehmen über sämtliche relevanten Standorte, Produkt- und Dienstleistungstypen sowie die vorgenommenen Produktionsschritte, bzw. Arten der Dienstleistungen innerhalb der jeweiligen Branchen bewusst ist. Ebenfalls muss Klarheit darüber bestehen, welche unmittelbaren Zulieferer eingesetzt werden, in Bezug auf welche Produkt- und Dienstleistungen dies geschieht und in welchen Ländern die jeweiligen Vertragspartner angesiedelt sind. Um diese Aufgabe zu bewerkstelligen, ist zwingend ein standardisiertes Verfahren zu wählen, welches die vorgenannten Faktoren nachvollziehbar abbildet, bspw. in Form eines „Lieferketten-Mappings“.

Erst sofern ein entsprechendes „Mapping“ erstellt wurde und die jeweiligen Lieferketten ggf. bereits nach deren Relevanz (bspw. anhand des Beschaffungs- oder Auftragsvolumens) eingeordnet wurden, kann in die eigentliche Risikoanalyse eingestiegen werden. Die Vorgehensweise ist dabei risikobasiert auszugestalten.

In der bereits angeführten Handreichung des BAFA wird ein zweistufiges Vorgehen empfohlen. In einer ersten Stufe sollte zunächst eine abstrakte Betrachtung der jeweils denkbaren Risiken vorgenommen werden. Dies kann bspw. branchen- oder länderspezifisch beurteilt werden. Hierauf aufbauend sollte sodann in eine konkrete Ermittlung der real bestehenden Risiken sowie deren Priorisierung eingestiegen werden.

Bei der Priorisierung der Risiken sind dabei insbesondere die folgenden, in § 3 Abs. 2 LkSG aufgezeigten Kriterien zu beachten:

  • Art und Umfang der Geschäftstätigkeit
  • Eintrittswahrscheinlichkeit
  • Schwere der Verletzung nach Grad, Anzahl der Betroffenen und Unumkehrbarkeit
  • Einflussmöglichkeiten
  • Verursachungsbeitrag des Unternehmens zu einzelnen Risiken oder Risikobereichen

Trotz des risikobasierten Ansatzes, welches das LkSG verfolgt, sei darauf hingewiesen, dass Unternehmen zumindest im eigenen Geschäftsbereich darauf hinzuwirken haben, dass eine „konkrete Risikobetrachtung“ sukzessive auf alle Gesellschaften/Filialen/Standorte auszuweiten ist.

Wie die jeweiligen Unternehmen an die notwendigen Informationen gelangen, um nähere Informationen über die konkret bestehenden Risiken, insbesondere bei unmittelbaren Zulieferern, zu erlangen, wird seitens des BAFA nicht näher ausgeführt. In Anhang II der entsprechenden Handreichung finden sich lediglich Informationsquellen, welche zumindest für die abstrakte Risikobewertung herangezogen werden können. Für die konkrete Informationsbeschaffung besteht daher zum jetzigen Zeitpunkt noch insoweit eine gewisse Rechtsunsicherheit, als nicht eindeutig geklärt ist, welche (vertraglichen) Maßnahmen rechtlich zulässig sind. Hier sollten sich Unternehmen gut beraten lassen, insbesondere um etwaigen rechtlichen Stolperfallen aus dem Weg zu gehen.

Unterstützung durch SKW Schwarz

Mit dem LkSG werden Unternehmen vor neue Herausforderungen gestellt, welche einen nicht bestreitbaren Aufwand mit sich bringen. SKW Schwarz hat für diese Aufgaben jedoch einen transparenten Beratungsansatz erarbeitet, welcher Unternehmen künftig unterstützt. Hierzu zählen unter anderem entwickelte Muster-Dokumente, Vertragsvorlagen etc.

Im Rahmen der weiteren Beiträge dieser Reihe werden wir das seitens SKW Schwarz erarbeitete Konzept konkret vorstellen und sind Ihnen künftig gerne bei der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben behilflich.

Autor/innen

Marius Drabiniok

Marius Drabiniok

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Oliver Hornung

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