Die rasanten Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz stellen das Recht immer wieder vor neue Herausforderungen. Jüngstes Beispiel: das sogenannte „Voice Cloning“. Was, wenn eine KI die Stimme eines bekannten Schauspielers oder Synchronsprechers so täuschend echt nachahmt, dass sie von der Originalstimme kaum zu unterscheiden ist? Ein Urteil des Landgerichts Berlin (Az.: 2 O 202/24) gibt hierauf eine klare Antwort und setzt einen wichtigen Marker in der noch jungen Rechtslandschaft des KI-Zeitalters.
Das Recht an der eigenen Stimme
Die Stimme ist mehr als nur ein Mittel zur Kommunikation – sie ist ein wesentlicher Teil der Persönlichkeit. Im Bereich der Werbung und des Synchronsprechens hat die Stimme sogar einen eigenen, zum Teil erheblichen „Marktwert“. Während der Gesetzgeber den Schutz von Bild und Namen explizit regelt, stützt sich der Schutz der Stimme auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Dieser Schutz kann auch vor einer bloßer Nachahmung greifen, wenn eine Stimme ohne Erlaubnis so täuschend nachgeahmt wird, dass Dritte sie der Originalperson zuordnen und dadurch eine Identitätstäuschung entsteht. Wer sich auf diese Weise einen kommerziellen Vorteil verschafft, greift rechtswidrig in die vermögenswerte Zuordnung des Rechts ein (vgl. Schwarz FilmR-HdB/Klingner, 6. Aufl. 2021, 30. Kap. Rn. 1).
Ein Fall mit klarer Ansage
Genau diese Grundsätze wurden im vorliegenden Fall angewandt – mit der Besonderheit, dass die Nachahmung durch KI generiert war: Ein bekannter Synchronsprecher klagte gegen einen YouTuber, der eine verwechselnd ähnliche, KI-generierte Stimme, für zwei eigene Videobeiträge auf seinem Kanal nutzte. Das Landgericht Berlin stellte in seiner Urteilsbegründung klar, dass es „keinen Unterschied“ macht, ob eine Stimme durch einen menschlichen Imitator oder eine KI nachgeahmt wird.
Das Gericht erkannte in der Nutzung der KI-generierten Stimme eine unberechtigte werbliche Verwendung, da die Videos letztlich zur Steigerung von Klickzahlen und Umsatz dienten. Der Einwand des Beklagten wegen polit-satirischen Inhalts der Videos, sei die Nutzung durch die Kunstfreiheit gedeckt, verfing schon deshalb nicht, weil nicht die Stimme selbst Gegenstand der Satire war. Zudem wurde der Vorfall als schwerer Eingriff beurteilt, weil bei den Zuschauern der Eindruck entstehen könnte, der Synchronsprecher identifiziere sich mit den polit-satirischen Inhalten der Videobeiträge des Beklagten.
Das Gericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr. Diese Summe wurde anhand der marktüblichen Honorare des Klägers als Werbestimme bemessen.
Fazit
Das Urteil ist ein klares Signal für die Medien- und Werbebranche. Es macht deutlich, dass die technologische Innovation zwar das „Voice Cloning“ vereinfacht, die grundlegenden Schutzrechte an der eigenen Stimme als Teil des Persönlichkeitsrechts aber unangetastet bleiben. Wer die Stimme einer bekannten Persönlichkeit, ob real oder künstlich erzeugt, ohne Einwilligung nutzt, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen.