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04.08.2025

Geografische Angaben in der Werbung: Rechtliche Fallstricke und Chancen

Geografische Angaben stehen bei Verbrauchern häufig für besondere Qualität und traditionelle Herstellung. Daher wird die Herkunft eines Produkts in der Werbung gerne hervorgehoben. Doch was ist rechtlich zu beachten, wenn mit geografischen Herkunftsangaben geworben wird?

Geografische Angaben und garantiert traditionelle Spezialitäten können für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel unionsrechtlich geschützt werden (Verordnung (EU) 2024/1143 (vormals 1151/2012)). Die EU hat 1992 mit den Gütesiegeln „g.U.“ (geschützte Ursprungsbezeichnung), „g.g.A.“ (geschützte geografische Angabe) und „g.t.S.“ (garantiert traditionelle Spezialität) ein System geschaffen, um traditionelle und regionale Lebensmittel zu schützen und zu fördern. Diese Siegel stehen für geprüfte Herkunft und Qualität – und bieten Verbrauchern eine verlässliche Orientierung beim Einkauf.

 

Geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) 

Das g.U.-Siegel stellt die höchsten Anforderungen: Erzeugung, Verarbeitung und Zubereitung müssen vollständig in einem genau definierten geografischen Gebiet erfolgen – und nach einem anerkannten Verfahren. Sämtliche Produktionsschritte müssen also in dem betreffenden Gebiet stattfinden. Die besondere Qualität oder Eigenschaft des Produkts muss wesentlich auf die geografischen Bedingungen, einschließlich natürlicher und menschlicher Faktoren, zurückzuführen sein. Die g.U. kann für landwirtschaftliche Erzeugnisse, Lebensmittel und Weine beantragt werden.

Beispiele aus Deutschland sind: Allgäuer Bergkäse, Allgäuer Sennalpkäse, Allgäuer Emmentaler, Fränkischer Grünkern, Allgäuer Weißlacker, Stromberger Pflaume, Weideochse vom Limpurger Rind, Diepholzer Moorschnucke, Lüneburger Heidschnucke, Odenwälder Frühstückskäse. 

 

Geschützte geografische Angabe (g.g.A.)

Die Anforderungen an die g.g.A. sind weniger streng als bei der g.U.: Es genügt, wenn ein einzelner Herstellungsschritt – also Erzeugung, Verarbeitung oder Zubereitung – in der betreffenden Region erfolgt. Die Rohstoffe dürfen auch aus anderen Gebieten stammen. Das Siegel kann ebenfalls für landwirtschaftliche Erzeugnisse, einschließlich Lebensmitteln und Weinen, beantragt werden.

Beispiele aus Deutschland sind: Aachener Printen, Abensberger Spargel, Aceto Balsamico di Modena, Bamberger Hörnla, Bayerische Brezn, Blutwurz, Dithmarscher Gans, Dresdner Christstollen, Frankfurter Grüne Soße, Fränkischer Obstler, Hessischer Apfelwein, Holsteiner Tilsiter, Lübecker Marzipan, Münchener Bier, Nürnberger Glühwein, Nürnberger Lebkuchen, Nürnberger Rostbratwürste, Oktoberfestbier, Salzwedeler Baumkuchen, Schwarzwälder Schinken, Schwäbische Maultaschen, Schwäbische Spätzle, Thüringer Glühwein, Thüringer Rostbratwurst, Westfälischer Pumpernickel.

 

Garantiert traditionelle Spezialitäten (g.t.S.)

Bei dem Unionszeichen "g.t.S." handelt es sich der Sache nach nicht um eine geographische Herkunftsangabe, sondern um einen Namen für traditionelle Herstellungs- oder Verarbeitungsmethoden. Der Produktionsort ist dabei nicht entscheidend – maßgeblich ist allein die Einhaltung eines historisch belegten Herstellungsprozesses. Als „traditionell“ gilt eine Praxis, wenn sie nachweislich seit mindestens 30 Jahren innerhalb einer Gemeinschaft angewendet und über Generationen weitergegeben wurde. Das Siegel kann für landwirtschaftliche Erzeugnisse einschließlich Lebensmitteln beantragt werden.

Für Deutschland als g.t.S. beantragt ist lediglich Kräuterhefe. Als g.t.S. eingetragen ist u.a. Pizza Napoletana (Italien), Mozzarella Tradizionale (Italien), Heumilch (Österreich), Suikerstroop (Niederlande), Basterdsuiker (Niederlande), Slovenska potica (Slowenien). 

 

Rechte und Schutzumfang

Ein eingetragener Name darf von allen Marktteilnehmern verwendet werden, die Agrarerzeugnisse, Lebensmittel oder Weine vertreiben, die der jeweiligen Produktspezifikation entsprechen. Die Einhaltung dieser Vorgaben wird durch Kontrollstellen in den Mitgliedstaaten überwacht.

Eingetragene geografische Angaben und garantiert traditionelle Spezialitäten sind nicht nur vor der Verwendung für Produkte geschützt, die nicht der jeweiligen Produktspezifikation entsprechen. Der Schutz erstreckt sich auch auf jede direkte oder indirekte kommerzielle Nutzung sowie auf unzulässige Aneignungen, Nachahmungen oder Anspielungen. Unzulässig ist insbesondere die Verwendung von Zusätzen wie „à la“, „Typ“, „nach Art“, „hergestellt wie in“, „Nachahmung“, „Geschmack“, „wie“ oder ähnlichen Formulierungen, wenn das geschützte Erzeugnis tatsächlich nicht vorliegt.

 

Nicht geschützte geografische Angaben

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass auch nicht geschützte geografische Angaben nicht uneingeschränkt in der Werbung verwendet werden dürfen. Auch sie unterliegen dem Irreführungsverbot. Ein Produkt darf grundsätzlich nur dann mit einer geografischen Herkunft beworben werden, wenn es tatsächlich aus dem genannten Ort stammt. So untersagte das Landgericht Köln die Verwendung der Bezeichnung „The Taste of Dubai“ für einen Schokoriegel, der in der Türkei hergestellt wurde (Az. 33 O 525/24, Beschluss vom 6. Januar 2025). Ausschlaggebend war, dass in der Werbung durch Formulierungen wie „Diese Schokolade bringt den Zauber Dubais direkt zu Ihnen nach Hause“ und „mit einem Hauch Dubai“ gezielt ein Bezug zu Dubai hergestellt wurde.

Demgegenüber hat das Landgericht Frankfurt die Bezeichnung „Dubai-Schokolade“ als zulässig erachtet. Nach Auffassung des Gerichts erwartet der Verkehr nicht, dass die Zutaten der Schokolade aus Dubai stammen oder das Produkt dort hergestellt wurde, sondern versteht die Angabe vielmehr als Hinweis auf eine aus Dubai stammende Zubereitungsart oder Rezeptur (Az. 2-06 O 18/25, Beschluss vom 21. Januar 2025).

 

Künftiger Schutz auch für handwerkliche und industrielle Erzeugnisse

Die Verordnung (EU) 2023/2411 dehnt den Schutz geografischer Angaben auf EU-Ebene erstmals auch auf industrielle und handwerkliche Erzeugnisse aus. Sie tritt am 1. Dezember 2025 in allen Mitgliedstaaten in Kraft. Mit der Verordnung wird ein unionsweit einheitliches Registrierungs- und Schutzsystem für nicht-landwirtschaftliche Produkte geschaffen – etwa für Schmuck, Textilien, Besteck, Glas, Porzellan, Naturstein oder Möbel. Damit wird der Schutz traditionsreicher europäischer Erzeugnisse wie Limoges-Porzellan, Solinger Messer, Carrara-Marmor oder Madeira-Stickerei harmonisiert und gestärkt. 

 

Fazit 

Geografische Angaben und traditionelle Spezialitäten sind mehr als bloße Herkunftshinweise – sie stehen für Qualität, Authentizität und oft auch für jahrzehntealte Herstellungsmethoden. Wer mit ihnen werben möchte, sollte sich der rechtlichen Anforderungen und Risiken bewusst sein. Denn sowohl geschützte als auch nicht geschützte geografische Bezeichnungen unterliegen dem Irreführungsverbot und können bei unzulässiger Verwendung rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Unternehmen sind daher gut beraten, ihre Werbeaussagen sorgfältig zu prüfen, bevor sie geografische Angaben einsetzen.

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