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22.03.2021

Kürzung von Urlaubsansprüchen bei Kurzarbeit „Null“

Kurzarbeit bestimmt mittlerweile seit gut einem Jahr den Arbeitsalltag vieler Arbeitnehmer und Unternehmen. Dennoch war es lange Zeit umstritten, inwieweit sich Urlaubsansprüche bei Arbeitnehmern, die sich in Kurzarbeit „Null“ befinden, anteilig reduzieren. Insbesondere ungeklärt war die Frage, ob sich Urlaubsansprüche während der Kurzarbeit automatisch verringern oder ob hierzu eine ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung erforderlich ist. Zu dieser Frage hat sich nun das LAG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 12. März 2021, Az. 6 Sa 824/20 positioniert.

LAG Düsseldorf, Entscheidung vom 12. März 2021, Az. 6 Sa 824/20

Im entschiedenen Fall standen der Klägerin auf Basis einer Drei-Tage-Woche vereinbarungsgemäß 14 Tage Urlaub pro Jahr zu.

Seit April 2020 befand sich die Klägerin wiederholt bis Dezember 2020 in Kurzarbeit „Null“. In den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 befand sich die Klägerin vollständig in Kurzarbeit „Null“. Für 2020 hatte die Beklagte der Klägerin deshalb anteilig 11,5 Urlaubstage gewährt – der Rest wurde gekürzt. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage.

Das LAG Düsseldorf sowie auch in erster Instanz das Arbeitsgericht Essen haben die Klage abgewiesen. Gemäß der Entscheidung des LAG Düsseldorf habe die Klägerin in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020, als sie sich vollständig in Kurzarbeit „Null“ befand, keine Urlaubsansprüche erworben. Demnach stehe ihr der Jahresurlaub 2020 nur anteilig im gekürzten Umfang zu. Für jeden vollen Monat der Kurzarbeit „Null“ sei der Urlaubsanspruch um 1/12 zu kürzen. Im Hinblick darauf, dass der Erholungsurlaub bezwecke, sich zu erholen, setzte dies eine Verpflichtung zur Tätigkeit voraus. Da während der Kurzarbeit die beiderseitigen Leistungspflichten aufgehoben sind, seien Kurzarbeiter wie vorübergehende teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer zu behandeln, deren Erholungsurlaub ebenfalls anteilig zu kürzen ist.

Dies entspreche auch Europäischem Recht, weil nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs während Kurzarbeit „Null“ der europäische Mindesturlaubsanspruch ebenfalls nicht entstehe.  Dazu enthalte das deutsche Recht keine günstigere Regelung. Insbesondere sei Kurzarbeit „Null“ auch nicht mit Arbeitsunfähigkeit zu vergleichen. An alledem ändere auch der Umstand, dass die Kurzarbeit der Klägerin durch die Corona-Pandemie veranlasst ist, nichts.

Das LAG Düsseldorf hat die Revision zugelassen.

Praxishinweise

Eine Entscheidung darüber, wie Urlaubsansprüche während Kurzarbeit „Null“ zu behandeln sind und ob diese sich automatisch oder nur mittels einer zusätzlichen Vereinbarung anteilig verringern, war lange erwartet. Die Entscheidung des LAG Düsseldorf gibt nun eine erste Richtung vor, wie die deutschen Gerichte dies beurteilen. Es bleibt abzuwarten, ob gegen die Entscheidung Revision eingelegt werden wird. Eine Grundsatzentscheidung des BAG wäre hier in jedem Fall wünschenswert, um für mehr Rechtssicherheit zu sorgen. Bis zur abschließenden Beurteilung des BAG ist es trotz der erfreulichen und zutreffenden Entscheidung des LAG Düsseldorf nach wie vor empfehlenswert, eine anteilige Reduzierung des Urlaubsanspruches bei Kurzarbeit „Null“ ausdrücklich zu regeln. 

Autor/innen

Sabrina Hochbrückner

Sabrina Hochbrückner

Senior Associate

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