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08.06.2022

Täterhaftung von YouTube & Co.

Bei rechtswidriger öffentlicher Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke durch Nutzer können nun auch Plattformbetreiber als Täter haften, sofern sie nicht geeignete technische Maßnahmen treffen, um Rechtsverstöße zu vermeiden.

Dem Urheber steht das ausschließliche Recht zu, seine Werke öffentlich zugänglich zu machen. Sofern private Nutzer geschützte Werke auf Plattformen wie YouTube hochladen, verletzen sie dieses Urheberrecht. Die Online-Dienste selbst hafteten für diese Urheberrechtsverletzungen zumeist bislang nur als Störer. Unterlassung schuldeten sie erst ab Kenntnisnahme von der Rechtsverletzung, sofern sie diese nicht zügig abstellten. Durch Urteil vom 2. Juni 2022 hat der BGH entschieden, dass Plattformbetreiber auch als Täter haften und vom Urheber auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch genommen werden können.

Hintergrund war u.a. die Klage von Frank Peterson, dem Produzenten der Sängerin Sarah Brightman. Dieser hat den Betreiber der Internetplattform YouTube in einem nunmehr 14 Jahre andauernden Prozess auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch genommen. Grund dafür waren Konzertmitschnitte der Musikerin, die im November 2008 auf YouTube von privaten Nutzern eingestellt worden waren. Zwar sperrte YouTube die Beiträge, nachdem ein Hinweis von Peterson’s Anwalt ergangen war. Kurz darauf waren aber erneut entsprechende Mitschnitte auf der Plattform abrufbar.

Nachdem der Kläger in der ersten und zweiten Instanz nur teilweise Erfolg hatte, ging das Verfahren bis zum BGH. Dieser wiederum hatte es im Jahr 2018 ausgesetzt und dem EuGH die Fragen zur Haftung von YouTube vorgelegt.

Der EuGH hat durch Urteil vom 22. Juni 2021 („YouTube und Cyando“) entschieden, dass der Betreiber einer Video-Sharing-Plattform, der weiß oder wissen müsste, dass Nutzer über seine Plattform geschützte Inhalte rechtswidrig öffentlich zugänglich machen, selbst eine rechtsverletzende öffentliche Wiedergabe dieser Inhalte im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vornimmt. Etwas anderes gilt nur, wenn der Plattformbetreiber geeignete technische Maßnahmen zur glaubwürdigen und wirksamen Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen ergreift. Dabei reichen bloße reaktive technische Maßnahmen nicht aus, die beispielsweise das Auffinden von bereits hochgeladenen verletzenden Inhalten ermöglichen oder die diesbezügliche Hinweiserteilung an den Plattformbetreiber erleichtern.

Vor diesem Hintergrund hat der BGH das Verfahren zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht verwiesen. Nun gilt es, insbesondere die Tatsachenfeststellung im Hinblick auf die Frage durchzuführen, ob YouTube entsprechende technische Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung von Urheberrechtsverstößen ergriffen hatte.

Die Rechtspflichten der Plattformbetreiber wie YouTube sind durch das mittlerweile in Kraft getretene Urheberrechts-Diensteanbietergesetz (UrhDaG) konkretisiert worden, das die urheberrechtliche Verantwortlichkeit der Plattformbetreiber für geteilte Inhalte regelt. Hieraus ergeben sich auch proaktive Handlungspflichten für den Diensteanbieter, wie etwa die Pflicht zum Erwerb vertraglicher Nutzungsrechte für die öffentliche Wiedergabe sowie zur Sperrung oder Blockierung urheberrechtsverletzender Inhalte. Somit ist die Entscheidung des BGH im Grunde nur für Altfälle relevant. Denn die früher ungeklärte Frage nach der Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern für durch Nutzer hochgeladene Inhalte ist nun durch das UrhDaG gesetzlich geregelt, welches für aktuelle Urheberrechtsverstöße maßgebend ist.

Autorin: Cynthia Smponias