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29.10.2015

SKW Schwarz erfolgreich mit Verfassungsbeschwerde für Verlagsgruppe Handelsblatt

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat der Verfassungsbeschwerde der Verlagsgruppe Handelsblatt gegen eine Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (OVG) stattgegeben (1 BvR 857/15). Das OVG hatte es im Eilrechtsschutzverfahren abgelehnt, einen Landgerichtspräsidenten Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat der Verfassungsbeschwerde der Verlagsgruppe Handelsblatt gegen eine Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (OVG) stattgegeben (1 BvR 857/15). Das OVG hatte es im Eilrechtsschutzverfahren abgelehnt, einen Landgerichtspräsidenten dazu zu verpflichten, der Redaktion des Handelsblatts eine anonymisierte Urteilskopie in einem von hohem Medieninteresse begleiteten Strafverfahren zu übermitteln. Mit heute veröffentlichtem Beschluss wies das BVerfG das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das OVG zurück. Für das Handelsblatt begleitet ein Team von SKW Schwarz unter Federführung von Dr. Klaus Jankowski und Dr. Konstantin Wegner das Verfahren.

Die Verfassungsrichter stellten fest, dass der Verlag in seinem Grundrecht auf Pressefreiheit verletzt sei. Die vom Oberverwaltungsgericht angeführten Gründe für die Ablehnung der Auskunft ließen „eine Gefährdung des noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens oder weiterer Strafverfahren nicht erkennen“, heißt es in der Entscheidung des Gerichts.

Die Verlagsgruppe Handelsblatt hatte im Eilrechtsschutzverfahren die Übersendung einer anonymisierten Urteilskopie über ein Strafverfahren gegen den ehemaligen thüringischen Innenminister und einen städtische Beigeordneten erreichen wollen. Beide hatte das Landgericht wegen Vorteilsannahme und Abgeordnetenbestechung in erster Instanz zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt.

Die Redaktion des Handelsblatts hatte die Übersendung der schriftlichen Urteilsgründe beantragt, was das Landgericht ablehnte. Das Verwaltungsgericht hatte sodann auf Antrag des Handelsblatts den Präsidenten des Landgerichts verpflichtet, dem Verlag eine anonymisierten Kopie des vollständigen Urteils zu übermitteln. Diese Entscheidung hob das OVG auf Beschwerde der Verurteilten auf und lehnte den Antrag auf Auskunftserteilung ab. Hiergegen erhob das Handelsblatt Verfassungsbeschwerde.

Das BVerfG stellte zunächst fest, dass die auskunftspflichtigen Stellen – hier das Landgericht – auch unter Berücksichtigung der Pressefreiheit zwar generell einen Ermessensspielraum bei der Auskunftserteilung an die Presse haben. Die widerstreitenden Interessen seien aber in jedem konkreten Einzelfall abzuwägen: Das maßgebliche öffentliche Informationsinteresse sei anhand des Gegenstands des Auskunftsersuchens und der beabsichtigten Berichterstattung zu bestimmen.

Aus dem Rechtsstaatsgebot, dem Demokratiegebot und dem Grundsatz der Gewaltenteilung folge grundsätzlich eine Pflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen, die sich nicht nur auf rechtskräftige Urteile beziehe. Hiermit korrespondiere ein presserechtlicher Auskunftsanspruch von Medienvertretern.

Der vom OVG nicht näher begründete Verweis auf eine bloß mögliche Gefährdung des noch nicht rechtskräftigen Strafverfahrens sowie weiterer Strafverfahren reicht nach Ansicht der Verfassungsrichter nicht aus, um die Herausgabe der Urteilsabschrift abzulehnen. Da es sich bei dem Verurteilten um eine Person des öffentlichen Lebens handele und es um strafrechtliche Vorwürfe mit öffentlichem Bezug gehe, „können die begehrten Entscheidungen allenfalls dann vollständig unter Verschluss gehalten werden, wenn konkrete Anhaltspunkte die Gefahr einer Vereitelung, Erschwerung, Verzögerung oder Gefährdung der sachgemäßen Durchführung eines Strafverfahrens unmittelbar und dringend nahelegen“. Dazu aber hatte das OVG keine hinreichenden Gründe angeführt.

„An dieser knappen, aber erfreulich klaren Entscheidung wird deutlich, für wie wichtig das Bundesverfassungsgericht den Anspruch der Presse und damit der Öffentlichkeit an der laufenden Berichterstattung zu Strafverfahren einschätzt. Man darf diese Entscheidung getrost als Sieg der Pressefreiheit ansehen,“ kommentiert Dr. Klaus Jankowski die Entscheidung.

Für SKW Schwarz waren auf Seiten des Handelsblatts tätig Dr. Klaus Jankowski, Anna Braun (beide Öffentliches Recht/Verfassungsrecht) und Dr. Konstantin Wegner (Presse- und Verlagsrecht).

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