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26.08.2019

OLG Frankfurt a. M.: Teilnahme an einem Gewinnspiel kann von der Einwilligung in den Erhalt künftiger Werbung abhängig gemacht werden

Das OLG Frankfurt a. M. hat mit Urteil vom 27.06.2019, Az. 6 U 6/19, zu verschiedenen wettbewerbsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Aspekten bei dem Zusammenspiel eines Einwilligungserfordernisses und der Teilnahme an einem Gewinnspiel Stellung genommen.

Dabei hat das OLG Frankfurt a. M. entschieden, dass die Teilnahme an einem Gewinnspiel von der Einwilligung in den Erhalt künftiger Werbung abhängig gemacht werden kann. Im amtlichen Leitsatz ist nur von E-Mail-Werbung die Rede. In den Entscheidungsgründen geht es insbesondere um die Einwilligung in Werbeanrufe, die offenbar allein klagegegenständlich waren. Nachdem bei Vorliegen einer ordnungsgemäßen Einwilligung gesetzlich beides möglich ist, ist dieser Umstand nicht von entscheidender Bedeutung (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 UWG).

Zudem hat das OLG Frankfurt a. M. entschieden, dass die Einwilligung zugunsten mehrere werbetreibender Unternehmen („Werbetreibende“) eingeholt werden kann. Dabei sind Werbemedium und insbesondere das Produkt- oder Leistungsangebot der einzelnen Werbetreibenden hinreichend klar zu bezeichnen. Wenn die Werbemaßnahmen eines Werbetreibenden nicht hinreichend bezeichnet sind, ändert dies grundsätzlich nichts an der Wirksamkeit der Einwilligung gegenüber den anderen Werbetreibenden.

Einwilligungserfordernis und Gewinnspielteilnahme

Die Datenschutz-Grundverordnung („DSGVO“) regelt, dass eine Einwilligung u.a. freiwillig erfolgen muss. Im Rahmen der Prüfung dieser Freiwilligkeit ist auch zu untersuchen, ob die Erfüllung eines Vertrages von der Einwilligungserteilung abhängig gemacht wird (vgl. Art. 7 Abs. 4 DSGVO, sog. allgemeines Kopplungsverbot). Die deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden vertreten hierbei, soweit ersichtlich, eine relativ strikte Ansicht. Danach sollte eine betroffene Person grundsätzlich die Möglichkeit haben, einen Vertrag (über die Gewinnspielteilnahme) abzuschließen, ohne eine (Werbe-)Einwilligung erteilen zu müssen. Etwas anders könne gelten, wenn die datenschutzrechtliche Einwilligung zwingend erforderlich ist, um das Vertragsziel zu erreichen. Dies sind aber spezielle Fälle bei der Verarbeitung von besonderen Kategorien personenbezogener Daten.

Übertragen auf Gewinnspiele führte dies in der Praxis, seit DSGVO-Einführung, dazu, die Gewinnspielteilnahme unabhängig von dem Erfordernis einer Werbeeinwilligung auszugestalten.

Diese restriktive Ansicht müsste mit dem OLG Frankfurt a. M. nicht weiterverfolgt werden. Das OLG Frankfurt a. M. hat das Merkmal „freiwillig“ mit dem Begriff „ohne Zwang“ gleichgesetzt. Eine betroffene Person sei nicht gezwungen an einem Gewinnspiel teilzunehmen. Daraus folgt, dass sie auch nicht gezwungen ist, eine Werbeeinwilligung abzugeben. Die Verknüpfung eines Einwilligungserfordernisses mit der Teilnahme an einem Gewinnspiel stehe der Freiwilligkeit einer solchen Einwilligung nicht entgegen. Der Verbraucher könne und müsse selbst entscheiden, ob ihm die Teilnahme die Preisgabe seiner Daten „wert“ ist. Auf das sogenannte allgemeine Kopplungsverbot nimmt das OLG Frankfurt a. M. nach diesen Feststellungen keinen Bezug.

Einwilligung zugunsten mehrere Werbetreibender

Eine Einwilligungserklärung muss u. a. in verständlicher Form und in einer klaren und einfachen Sprache erfolgen. Diese Merkmale sind insbesondere problematisch, wenn eine Einwilligungserklärung zugunsten mehrerer Unternehmen, hier acht Werbetreibende, eingeholt werden soll. Die Auflistung mehrerer Werbetreibender und ihrer jeweiligen Verarbeitungszwecke kann bereits zu einer komplexeren Einwilligungserklärung führen, die dann möglicherweise unverständlich sein könnte.

Das OLG Frankfurt a. M. hat im vorliegenden Fall mit Hinblick auf acht Werbetreibende keine Bedenken bezüglich der erforderlichen Klarheit gehabt. In diesem Zusammenhang hat das OLG Frankfurt a. M. festgestellt, dass die Unklarheit bezüglich eines Werbetreibenden nicht die Wirksamkeit der Einwilligung gegenüber einem anderen, genannten Werbetreibenden berührt.

Die Formulierung „Marketing und Werbung“ lasse bezüglich eines Werbetreibenden nicht erkennen, für welche Art von Produkten die Einwilligung in die Werbung erteilt wurde. Dies berühre nicht die Wirksamkeit der sachlich hinreichend konkretisierten Einwilligung(en) zugunsten der anderen Werbetreibenden (hier „Strom & Gas“). Die fehlende Erkennbarkeit der Verarbeitungszwecke eines Werbetreibenden führe nicht zu einer „Infizierung“ der gesamten Einwilligungserklärung auch hinsichtlich der übrigen Werbetreibenden.

Beweislast

Von Interesse sind auch die Ausführungen zur Beweislast. Das OLG Frankfurt a. M. sieht das sogenannte Double-Opt-in-Verfahren bei der Einwilligung in Telefonwerbung als „wenig beweiskräftig“ an.

Ein Gewinnspielteilnehmer konnte durch Markieren eines dafür vorgesehenen Feldes in dem betreffenden Teilnahmeformular angeben, dass er mit einem Werbeanruf einverstanden sei. Lag eine solche Einverständniserklärung vor, wurde dieser Teilnehmer durch einen gesonderten Anruf um Bestätigung seiner Einwilligung gebeten.

Im Gegensatz zum Double-Opt-in-Verfahren für den Erhalt von Werbe-E-Mails gebe es „zahlreiche, nicht fernliegende Gründe“ eine falsche Telefonnummer anzugeben. Nach dem OLG Frankfurt a. M. trage daher der Werbende die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Telefonanschluss dem jeweiligen Gewinnspielteilnehmer zuzuordnen sei. Wenn der Werbende allerdings seiner Darlegungslast genügt hat, obliegt es wieder dem Angerufenen darzulegen, dass er dennoch keine entsprechende Werbeeinwilligung abgegeben hat.

Wettbewerbsrecht und DSGVO-Verstöße

Nach aktuellem Stand gibt es noch keine einheitliche Rechtsprechung, ob ein DSGVO-Verstoß über das Wettbewerbsrecht sanktioniert werden kann. Das OLG Frankfurt a. M. hat sich mit dieser Frage nicht beschäftigt. Die streitentscheidenden Normen sind im vorliegenden Fall zwar solche des UWG (insbesondere § 7 Abs. 2 UWG), diese finden ihre gemeinschaftsrechtliche Grundlage aber in der bislang nicht durch eine Verordnung abgelöste ePrivacy-Richtlinie (vgl. Art. 13 Richtlinie 2002/58/EG).

Praxistipp:

Das Urteil gibt Rechtsanwendern einen gewissen Gestaltungsspielraum (zurück). Es bleibt abzuwarten, ob andere Gerichte dieser Entscheidung folgen. Möglicherweise könnte, bei einer vertieften Auseinandersetzung mit dem sogenannten allgemeinen Kopplungsverbot eine abweichende Entscheidung ergehen. Bei unterschiedlicher OLG-Rechtsprechung wäre es am BGH und dem EuGH hier für eine abschließende Klärung zu sorgen.

Unternehmen sollten im Einzelfall prüfen, ob sie die Teilnahme an Gewinnspielen von einer Einwilligung, auch zugunsten mehrerer Werbetreibende, abhängig machen oder ob sie eine anderweitige Gestaltungsmöglichkeit wählen.

Autor/innen

Stefan Peintinger

Dr. Stefan Peintinger

Partner

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