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22.08.2019

Nie wieder Werbung mit Frauen, die nicht einparken können und Männern, die unfähig zur Kindererziehung sind?

Dies scheint aktuell zumindest in Großbritannien Realität zu werden. Zwei Werbespots hat die britische Werbeaufsichtsbehörde Advertising Standards Authority (ASA) jüngst verboten, da diese geschlechterspezifische Stereotype enthalten haben sollen. In einem Werbespot von Volkswagen sitzt eine Frau vollkommen passiv neben einem Kinderwagen auf einer Parkbank, während Männer sich als Astronaut und als Spitzensportler mit Beinprothese besonderen Herausforderungen stellen. Dies alles steht unter dem Slogan „Wenn wir lernen, uns anzupassen, können wir alles erreichen“. Der zweite verbotene Spot stammt von der Firma Mondelez und zeigt zwei frischgebackene Väter, welche von ihren Frauen mit der Betreuung ihrer Babys betraut worden sind. Bei dieser Aufgabe scheitern sie kläglich, da sie von Philadelphia-Brötchen abgelenkt werden. Nach eigenen Angaben habe Mondelez lediglich ein positives Bild von Männern mit einer aktiven Rolle in der Kinderbetreuung in der modernen Gesellschaft zeigen wollen. Diese Werbespots dürfen nun nicht mehr von britischen Sendern ausgestrahlt werden, eine Geldstrafe kann die ASA diesbezüglich aber nicht verhängen.

Seit Juni 2019 gelten in Großbritannien neue Regeln, wonach Anzeigen keine Geschlechterstereotype enthalten dürfen, die geeignet sind „Schäden anzurichten oder schwere oder umfassende Rechtsverletzungen zu verursachen“. Derartige Verbotsvorschriften gibt es in Deutschland nicht. Allerdings kann der Deutsche Werberat als Selbstkontrolleinrichtung der Werbewirtschaft öffentliche Rügen aussprechen. Bei krassen Verstößen, z. B. wenn die Grenze zu offen sexistischer Werbung überschritten wird, kann bei Verletzung der Menschenwürde die Werbung auch gerichtlich verboten werden. So hatte der BGH ein Verbot für Spirituosen unter der Bezeichnung „Busengrapscher“ und „Schlüpferstürmer“ ausgesprochen.  

Die ASA nimmt die Verwendung der Geschlechterstereotype in unzulässiger Weise an, wenn stereotype Rollen oder Merkmale immer eindeutig mit einem Geschlecht verbunden sind, diese stereotypen Rollen die einzigen verfügbaren Optionen für ein Geschlecht sind oder nie von einem anderen Geschlecht ausgeführt werden können. Der deutsche Werbekodex ist weniger weitreichend und ordnet eine stereotype Darstellung dann als diskriminierend ein, wenn diese zugleich impliziert, ein Geschlecht sei weniger wert oder zu bestimmten Tätigkeiten nicht in der Lage. Die Einordnung der VW-Kampagne durch die ASA dürfte somit vermutlich anders ausgefallen sein, wenn beispielsweise eine weibliche Astronautin gezeigt worden wäre.

Praxistipp:

Werbungen mit Geschlechterklischees können in Deutschland somit weiterhin nicht verboten werden. Derartige Gesetzesinitiativen sind auch aktuell nicht geplant. Allerdings ist es für Unternehmen, welche internationale Werbekampagnen planen durchaus von Relevanz, das Risiko eines eventuellen Verbots zu kennen. So gibt es auch in Norwegen ein Gesetz, welches Sexismus in der Werbung verbietet. Ein spanisches Gesetz untersagt herabsetzende Abbildungen von Frauenkörpern. In den USA gibt es vergleichbare Guidelines zur Selbstregulierung lediglich im Hinblick auf Kinder als Zielgruppe der Werbung.

Autor/innen

Hannah Mugler

Hannah Mugler

Counsel

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