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30.06.2017

Neue Verteilungspläne der VG Wort – Was ändert sich für die Verlage?

Auf ihrer Mitgliederversammlung vom 20.05.2017 hat die VG Wort zwei neue Verteilungspläne beschlossen – zum einen den künftigen Verteilungsplan, ab der Hauptausschüttung 2018 (für 2017) Anwendung finden wird, zum anderen einen Übergangs- und Ergänzungsverteilungsplan im Hinblick auf die Ausschüttung 2017 (für 2016). Die nachfolgende Darstellung beantwortet die wichtigsten Fragen in diesem Zusammenhang und erläutert insbesondere, welche konkreten Änderungen und Handlungsempfehlungen sich für die Verlage ergeben.

1. Was hat die VG Wort am 20.05.2017 beschlossen?

Am 20.05.2017 billigten die VG Wort-Mitglieder zwei neue Verteilungspläne. Diese waren notwendig geworden, weil der BGH mit seinem Vogel-Urteil im April 2016 verschiedene Regelungen der bisherigen Verteilungspläne für unwirksam erklärt hatte. Ausschüttungen konnte die VG Wort auf dieser Basis daher nicht mehr vornehmen.

Die  Mitglieder verabschiedeten zum einen den künftigen Verteilungsplan, der unmittelbar erstmals im Rahmen der Hauptausschüttung 2018 (für 2017) zur Anwendung kommt. Mit diesem setzt die VG Wort die gesetzlichen Neuregelungen zur Verlegerbeteiligung (§§ 27 Abs. 2, 27a VGG) – ebenfalls eine Folge des Vogel-Urteils - um und ändert verschiedene Aufteilungsquoten zu Gunsten der Urheber. Außerdem wurde ein Übergangs- und Ergänzungsverteilungsplan im Hinblick auf die Ausschüttung 2017, also für 2016, beschlossen. Letzterer sieht insbesondere ein Prozedere vor, nach dem die Urheber ihre Zustimmung zur Beteiligung ihrer Verlage an den Ausschüttungen in 2017 erklären können.

2. Was ändert sich mit dem neuen Verteilungsplan vom 20.05.2017?

Der neue Verteilungsplan bestimmt die Maßgaben für die Ausschüttungen ab 2018 in für die Verlage entscheidenden Punkten neu. Wichtig sind dabei vor allem die folgenden Regelungen bzw. Änderungen:Beteiligung von Verlagen an gesetzlichen Vergütungsansprüchen:

(1) Beteiligung von Verlagen an gesetzlichen Vergütungsansprüchen

Verlage werden an den Einnahmen der VG Wort aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen (Bibliothekstantieme, Kopiervergütung, etc.) künftig nur dann beteiligt, wenn (a) ein wahrnehmungsberechtigte Urheber eines verlegten Werkes der diesbezüglichen Verlegerbeteiligung zugestimmt hat oder (b) ein Verlag von nicht-wahrnehmungs-berechtigten Urhebern abgetretene Ansprüche zur Wahrnehmung bei der VG Wort einbringt.

(a) Zustimmung wahrnehmungsberechtigter Urheber

Melden Urheber mit Wahrnehmungsvertrag ab 2017 neue, d.h. in aller Regel ab 2017 erscheinende Werke bei der VG Wort an, müssen sie angeben, ob sie einer Beteiligung des jeweiligen Verlages an den Einnahmen der VG Wort zustimmen oder nicht. Eine Zustimmung kann also nicht pauschal, sondern von den Urhebern jeweils nur pro Werk und nach Erscheinen des Werkes erklärt werden.  Die VG Wort hat angekündigt, für die entsprechenden Erklärungen Muster und ein Internetportal zur Verfügung zu stellen. Eine nachträgliche Zustimmung bleibt möglich, allerdings sind bestimmte Fristen zu beachten: Nur Zustimmungserklärungen, die bis zum 31. Januar eines Jahres bei der VG Wort eingehen, werden im Rahmen der nächsten Hauptausschüttung berücksichtigt, später eingehende erst im Folgejahr.

Die Urheber können ihre Zustimmung mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Kalenderjahres gegenüber der VG Wort widerrufen. Mit Wirksamwerden des Widerrufs entfällt die Verlegerbeteiligung.

Erklären die Urheber ihre entsprechende Zustimmung – und widerrufen diese nicht fristgemäß - erfolgt eine Ausschüttung auch an den Verlag auf Basis der im neuen Verteilungsplan festgelegten Quoten, ohne dass dieser eine Meldung des Werkes vornehmen müsste.

(b) Abtretung nicht-wahrnehmungsberechtigter Urhebern

Von Urhebern ohne Wahrnehmungsvertrag kann der Verlag nach Erscheinen eines Werkes Abtretungserklärungen hinsichtlich gesetzlicher Vergütungsansprüche einholen und diese Werke und Abtretungen bei der VG Wort melden, um an den Ausschüttungen zu partizipieren (zu den Einzelheiten der Abtretung s. Ziff. 4. (2)).

(2) Neue Verteilungsquoten

Geändert werden die Verteilungsquoten im Bereich Presse sowie bei wissenschaftlichen und Fachzeitschriften, bei übersetzten Fachbüchern und bei Internetpublikationen ohne Bezahlschranke. Hier werden die Einnahmen der VG Wort künftig im Verhältnis 30 zu 70 zugunsten der Urheber verteilt. Bei nicht-übersetzten Fachbüchern bleibt es bei der bisherigen Verteilung von 50 zu 50, bei Internet-Publikationen mit Bezahlschranke bei der bisherigen Aufteilung von 40 zu 60 zugunsten der Urheber. Auch für Publikums- und Schulbuchverlage bleibt es bei den bisherigen Verteilungsquoten.

3. Was regelt der neue Übergangs- und Ergänzungsverteilungsplan vom 20.05.2017 konkret?

Mit dem Übergangs- und Ergänzungsverteilungsplan legt die VG Wort im Wesentlichen fest, wie die Urheber hinsichtlich der Ausschüttungen für 2016 ihre Zustimmung zur Verlegerbeteiligung erklären können:

Die VG Wort wird in Kürze  sämtliche Urheber anschreiben, die für das Jahr 2016 ausschüttungsberechtigt sind, und sie auffordern, falls gewollt, gegenüber der VG Wort bis zum 30.09.2017 die Zustimmung zur Beteiligung des jeweiligen Verlages an Ausschüttungen für das jeweilige Werk zu erklären. Für diese Zustimmungserklärungen wird die VG Wort Muster und ein Internetportal zur Verfügung stellen.

Erklärt der jeweilige Urheber seine Zustimmung, erfolgt eine Ausschüttung auch an den Verlag auf Basis der im neuen Verteilungsplan vom 20.05.2017 festgelegten Quoten. Ggf. wird die VG Wort eine Verrechnung mit einer Rückzahlungsrestschuld des jeweiligen Verlages (Rückforderungen nach dem Vogel-Urteil) vornehmen. Der Verlag erhält zu den Ausschüttungen nur eine Mitteilung zum Gesamtbetrag für die jeweiligen Sparten. Eine Aufschlüsselung nach einzelnen Werken erfolgt nicht, damit die Verlage keine Kenntnis darüber erhalten, welche ihrer Urheber einer Verlegerbeteiligung zugestimmt haben.

Etwaige Ausschüttungen an die Verlage sollen schnellstmöglich, spätestens mit der Hauptausschüttung 2018 erfolgen.

4. Was können/müssen die Verlage tun?

Mit den neuen Verteilungsplänen ändert sich auch das, was die Verlage tun müssen, um künftig Ausschüttungen der VG Wort aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen zu erhalten. Dabei ist grundsätzlich zwischen Werken von Urhebern mit und ohne Wahrnehmungsvertrag zu unterscheiden:

(1) Urheber mit Wahrnehmungsvertrag

Hat ein Urheber einen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort abgeschlossen, muss der Verlag gegenüber der VG Wort nicht tätig werden. Allein der fragliche Urheber kann hier Meldungen künftiger Werke bei der VG Wort vornehmen und seine Zustimmung zur Verlegerbeteiligung auf den von der VG Wort vorgesehenen Wegen (s. hierzu Ziff. 2. (1) (a) und 3.) erteilen.

Selbstverständlich kann es für Verlage aber sinnvoll sein, Urheber  zu kontaktieren, um sie zur Erklärung ihrer Zustimmung zur Verlegerbeteiligung bis zum 30. September 2017 bzw. für die von ihnen angemeldeten künftigen Werke zu bewegen.

(2) Urheber ohne Wahrnehmungsvertrag

Hat der Urheber eines vom Verlag verlegten Werkes dagegen bislang keinen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort geschlossen, ist ein aktives Tätigwerden des Verlages gegenüber Urheber und VG Wort erforderlich, um Ausschüttungen der VG Wort zu erhalten.

Weil die oben erwähnte Zustimmungseinholung durch die VG Wort ausscheidet, bedarf es bei diesen Urhebern einer gesonderten Abtretungserklärung in Bezug auf gesetzliche Vergütungsansprüche. Eine solche kann jeder Verlag von seinen Urhebern erst nach Erscheinen eines Werkes und dann jeweils für spezifisch benannte Werke einholen.

Erklärt ein nicht wahrnehmungsberechtigter Urheber eine solche Abtretung, so muss der Verlag selbst das Werk bei der VG Wort melden und erklären, dass der Urheber die gesetzlichen Vergütungsansprüche nach Erscheinen des Werkes an den Verlag abgetreten hat. Dann erfolgt eine Ausschüttung an den Verlag.

In welchem Zeitraum nach Erscheinen eine Abtretung erfolgen muss, ist nicht vorgegeben. Sie sollten aber so rechtzeitig erfolgen, dass die Meldefristen der VG Wort gewahrt werden können. Allerdings ist bislang unklar, welche Nachweise die VG Wort von den Verlagen fordern und welche Form von Abtretungserklärungen die VG Wort zum Nachweis für ausreichend erachten wird. Dementsprechend dürfte es sinnvoll sein, hier zunächst die weiteren Entwicklungen bei der VG Wort abzuwarten – solange sichergestellt ist, dass laufende Meldefristen eingehalten werden können.

Der Urheber behält die Möglichkeit, einen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort abzuschließen und selbst Ausschüttungen zu erhalten. Er muss vom jeweiligen Verlag bei Erklärung der Abtretung auf diese Möglichkeit hingewiesen werden.

Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit von Abtretungserklärungen der Urheber ohne Wahrnehmungsvertrag empfehlen wir - soweit noch nicht praktiziert - bei den Urhebern abzufragen, ob Wahrnehmungsverträge mit der VG Wort bestehen.

(3) Sonderfall: Bezugsberechtigte

Bis zum 31. Januar 2018 haben Urheber wissenschaftlicher Werke noch die Möglichkeit, ohne Wahrnehmungsvertrag Meldungen bei der VG Wort vorzunehmen und Ausschüttungen zu erhalten.

Diese sog. „Bezugsberechtigten“ werden unserer Einschätzung nach in Kürze ebenfalls von der VG Wort aufgefordert werden, sich zur Beteiligung ihrer Verlage zu erklären und ggf. eine Zustimmung zur Verlegerbeteiligung für Einzelwerke zu erteilen. Insoweit dürfte das vorstehend unter Ziff. 2. (1) (a) und 3. Ausgeführte gelten und eine Meldung durch den Verlag selbst entbehrlich sein.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich aber, bei den Urhebern auch danach zu fragen, ob sie Bezugsberechtigte der VG Wort sind und als solche auch künftig noch Meldungen vornehmen. Andernfalls müsste sich der Verlag um Abtretungserklärungen dieser Urheber bemühen und eigene Meldungen bei der VG Wort vornehmen (s. Ziff. 4. (2)).

5. Exkurs: VG Bild-Kunst

Bei der VG Bild-Kunst sind – jedenfalls bislang – etwas andere Maßgaben zu beachten als bei der VG Wort.

Die VG Bild-Kunst hat noch kein Prozedere geschaffen, welches es den Urhebern ermöglicht, eine Zustimmung zur Verlegerbeteiligung unmittelbar gegenüber der VG Bild-Kunst zu erklären. Nach Angaben der VG Bild-Kunst befindet man sich noch in den Diskussionen darüber, wie die gesetzlichen Neuregelungen der Verlegerbeteiligung (§§ 27, 27a VGG) umgesetzt werden.

Aktuell schüttet die VG Bild-Kunst daher an Verleger im Hinblick auf gesetzliche Vergütungsansprüche nur auf Basis von Urhebern erklärter Abtretungen aus, die – wie bei der VG Wort (s. Ziff. 4. (2)) - von den Verlagen selbst eingeholt und dann bei der VG Bild-Kunst gemeldet werden müssen.

Die Einholung von Abtretungserklärungen ist nur dann möglich, wenn die fraglichen Urheber im Zeitpunkt der Abtretung keinen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Bild-Kunst oder einer ihrer Schwestergesellschaften abgeschlossen haben.

Aktuell plant die VG Bild-Kunst diese Abtretungslösung auch für die Ausschüttungen für 2016 und 2017 fortgelten zu lassen. Über eine entsprechende Beschlussvorlage soll bei der Mitgliederversammlung der VG Bild-Kunst  am 29.07.2017 abgestimmt werden.

6. Fazit

Eine Verlegerbeteiligung an den Einnahmen der Verwertungsgesellschaften aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen ist aktuell nur dann möglich sind, wenn einzelne Urheber in Bezug auf einzelne Werke nach deren Erscheinen ihre Zustimmung zur Verlegerbeteiligung erklären bzw. Abtretungen vornehmen. Daran ändern auch die neuen Verteilungspläne der VG Wort nichts. Die Verlage können demnach auch weiterhin nur darauf hoffen, dass die avisierten gesetzlichen Neuregelungen der Verlegerbeteiligung auf europäischer und nationaler Ebene kurzfristig in Kraft treten werden. Damit dürfte aber frühestens 2018 zu rechnen sein.

Autor/innen

Konstantin Wegner

Dr. Konstantin Wegner

Partner

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