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27.01.2020

Musik in der Werbung: Bauch oder Kopf – Emotion oder Budget?

Werbung braucht die richtige Musik. Bekannte Titel müssen dabei nicht immer teurer sein als budgetgerechte, unbekannte Titel. Wer früh mit der Planung beginnt und die vertraglichen Stellschrauben bei der Klärung von Musikrechten nutzt, wird dafür oft belohnt.

Musik in der Werbung

Milka hat mit dem Einführungs-Spot für das Subsegment Dark Milk gerade erneut gezeigt, dass eine emotional bindende, passende Musikauswahl die Marke befördern oder sogar zum Star machen kann. Was Cadbury mit dem treibenden Schlagzeug-Part aus Phil Collins’ Hit „In the air tonight“ oder Coca-Cola mit K’naas perkussivem Song „Wavin’ flag“ geglückt ist, gelingt also auch mit einem eher musicalartigen Titel. Die Message der Marke kommt in der Zielgruppe an. Das Ziel ist erreicht.

Durch ihre emotionale Kraft kann Musik Kunden stärker an eine Marke binden als alle anderen Elemente der Markenkommunikation. Die richtige Verbindung aus Bild und Ton kann in diesen Fällen ein regelrechter Turbo für die Einführung und erfolgreiche Vermarktung der jeweiligen Produkte sein. Ob die Musik passt, kann schon in der Briefingphase bestimmt werden. Ein solches Bonding lässt sich messen. Das Unternehmen september Strategie & Forschung misst zur Erforschung der Wirkung von Werbemedien bspw. sogenannte Key Performance Indicators (KPI) wie Vertrauen, Sympathie, Attraktion, Nähe, Relevanz, Skepsis und Stress.

Frühzeitige Rechteklärung

Ob unbekannte Library Music oder bekannter Titel, der Einsatz passender Musik in einer Werbekampagne benötigt einen langen Vorlauf. Bei internationalen Titeln und Künstlern oder Komponisten ist bis zu den Unterschriften der Verträge ein Zeitrahmen von bis zu 6, 9 oder sogar 12 Monaten einzuplanen.

Die Recherche der Rechteinhaber kann für die Rechte an der Komposition (Komponisten, Autoren und Musikverlage) über die Werkdatenbank der GEMA unter gema.de erfolgen. Die Namen der Rechteinhaber an den separat anzufragenden Tonaufnahmen lassen sich über eine einfache Titeleingabe im Internet suchen oder über Datenbanken wie bspw. unter discogs.com herausfinden.

Die Verlage und die Plattenlabels sollten frühzeitig eingebunden und von der angefragten Verbindung zwischen Produkt und Musik überzeugt werden. Hieraus können sich Möglichkeiten für eine parallel zur Werbekampagne stattfindende Musikvermarktung und günstigere Konditionen für den eigenen Synch-Deal ergeben.

Synch-Deals mit Verlagen und mit Plattenlabels

Bei der Klärung und Lizensierung von Werbemusik müssen typischerweise mindestens zwei Rechteinhaber angefragt und bezahlt werden. Die Synchronisations- und Werberechte für die Komposition hält üblicherweise ein Musikverlag, bei ausländischem Repertoire meistens vertreten durch einen deutschen Subverleger. Davon unabhängig sind die entsprechenden Rechte an der Tonaufnahme anzufragen.

Diese Rechte hält in der Regel ein Plattenlabel. Beide Rechte vom Verlag auf der einen und von der Plattenfirma auf der anderen Seite sind somit gesondert zu erwerben und gesondert zu vergüten.

Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich zur einfacheren Darstellung lediglich auf den Erwerb der Rechte an der Komposition, sind auf den separaten Erwerb der Rechte an den Tonaufnahmen aber weitgehend analog anwendbar.

Typische Eckdaten

Die Verlage führen die jeweiligen Werke typischerweise unter verschiedenen Kategorien. Titel von Abba sind teurer als unbekannte Score-Titel. Darüber hinaus hängt der Preis von dem jeweils verwertenden Unternehmen ab. Große Elektronikkonzerne bezahlen andere Preise als Kleinunternehmer. Und nicht zuletzt hängt der Preis von dem konkreten Einsatz des jeweiligen Titels ab. Hier entscheidet beispielsweise, ob der jeweilige Spot im TV, im Radio, auf einem Youtube-Channel mit Paid Media oder nur als Imagefilm genutzt wird und, ob er weltweit oder nur in bestimmten Territorien geschaltet werden soll. Soweit eine Nutzung bspw. über Youtube erfolgt, wird noch einzupreisen sein, ob das verwertende Unternehmen einzelne Territorien über ein Content-Management-System blockieren kann.

Abhängig von den jeweiligen Parametern gehen Musikverlage für die Synchronisations- und Werberechte an dem Musikwerk (Musik und Text) heute typischerweise von einer pauschalen Mindestvergütung in Höhe von 3.000 Euro aus. Diese entspricht einer Berechnung nach den Erfahrungsregeln des Deutschen Musikverleger Verbandes (DMV). Aus diesen Erfahrungsregeln ergeben sich marktgerechte Lizenzen für Werbe- und Sondernutzungen. Die Mindestvergütung stellt lediglich einen Einstiegspreis dar. Sie gibt über eine sehr begrenzte, einfache Onlinenutzung hinaus deshalb typischerweise auch keine weiteren Nutzungsrechte. Sobald bekanntere Titel für unterschiedliche Medien und Territorien angefragt werden, stellt die pauschale Mindestvergütung keine Preisbasis mehr dar.

Für größere und mittlere Kampagnen dient in Deutschland, Österreich und der Schweiz inzwischen das Mediabudget als Bemessungsgrundlage für die jeweilige Synch-Lizenz. In Deutschland variiert diese Lizenz nach Abzug von Rabatten zwischen 2,5 und 5 % des jeweiligen Netto-Mediabudgets.

Eine weitere Variante der Lizenzberechnung ist die rein auf der Lizenzdauer basierende Lizenzberechnung. Sie ist insbesondere außerhalb von Deutschland, Österreich und der Schweiz üblich und berücksichtigt dabei weder Mediabudget noch Schaltungsfrequenz. Sie ist eine pragmatische, von Abrechnungsmodalitäten weitgehend befreite Berechnungsmethode. Ob sie für den Einzelfall angemessen ist, muss geprüft werden.

Eine spezielle Lizensierungspraxis gilt für Internet-Kampagnen. Hier wird unterschieden nach lokaler, nationaler und internationaler Nutzung und es besteht Gestaltungsspielraum im Hinblick auf die über ein Content-Management-System zu blockenden Territorien. Die Preisberechnung erfolgt zumeist auf Basis der sogenannten Page Impressions oder der Zugriffe. Der typische Tausenderkontaktpreis (TKP) beträgt dabei zwischen 0,005 Euro per Zugriff im Einzelfall aber auch bis 0,05 Euro per Zugriff, dies jeweils abhängig von der Wertigkeit des Musikwerkes.

Die genannten Parameter sind verhandelbar und dies erst recht, wenn die Kampagne den Rechteinhabern der Musik neben der Synch-Vergütung noch Optionen für weitere Verwertungsaktivitäten und Einnahmen bietet.

Wenn der Bauch „ja“ sagt

Wer früh weiß, welcher Song zum Produkt und dem geplanten Spot passt und die Rechteinhaber mit einer gut geplanten Kampagne überzeugt, hat große Chancen auch bei bekannteren Titeln die Eckdaten eines Synch-Deals substantiell zu verhandeln. Wer sich unabhängig von dem tatsächlichen „Markenfit“ einfach nur für die vermeintlich günstige Variante entscheidet, entscheidet sich hingegen oft auch gegen den Erfolg des beworbenen Produktes.

Veröffentlicht im Newsletter Süßwarenindustrie Spezial – Ausgabe 2020.

Autor/innen

Götz Schneider-Rothhaar

Götz Schneider-Rothhaar

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