Alle News & Events anzeigen

03.04.2017

Kostentragungspflicht des Arbeitgebers für Rechtsanwaltskosten des Betriebsrats

Grundsätzlich beurteilt sich die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers für Rechtsanwaltskosten des Betriebsrats nach § 40 BetrVG. Allerdings darf der Betriebsrat den Abschluss einer Honorarvereinbarung, die zu höheren als den gesetzlichen Gebühren führt, grundsätzlich nicht für erforderlich halten.

BAG, Beschluss v. 14.12.2016 – 7 ABR 8/15 Im Jahre 2012 fanden zwischen der beklagten Arbeitgeberin und dem beteiligten Betriebsrat anlässlich eines Restrukturierungsprojekts diverse Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen statt. Dabei war die Arbeitgeberseite durch ein Rechtsanwaltsbüro ebenso vertreten wie der Betriebsrat, der seinem Rechtsanwalt ein Stundenhonorar von EUR 290,00 zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer und EUR 100,00 je Reisestunde zzgl. Reiseauslagen zugesagt hatte. Insgesamt hatte der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Rahmen der Restrukturierungsmaßnahmen einen Betrag in Höhe von EUR 35.996,40 in Rechnung gestellt. Die Arbeitgeberin lehnte die Bezahlung dieses Betrages ab.

Das Arbeitsgericht hat die Arbeitgeberin insoweit verpflichtet, einen Betrag in Höhe von EUR 13.126,89 zu bezahlen, das Landesarbeitsgericht hatte die Arbeitgeberin darüber hinaus verpflichtet, auch die weiteren von dem Rechtsanwaltsbüro geltend gemachten Gebühren zu bezahlen.

Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Das BAG verwies die Sache zur Feststellung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Beratung an die Vorinstanz zurück.

Mit seinem Beschluss hat das BAG grundsätzlich zu der Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten des Betriebsrats Stellung genommen und der Arbeitgeberseite dabei einerseits Steine in den Weg gelegt, andererseits den in den zurückliegenden Jahren zunehmend üblich gewordenen Honorarvereinbarungen über anwaltliche Stundensätze einen deutlichen Riegel vorgeschoben.

In der Sache selbst stellt das BAG zunächst fest, dass sich die Kostentragungspflicht für Rechtsanwaltsgebühren des Betriebsrats grundsätzlich nach § 40 Abs. 1 BetrVG richtet, nicht nach § 80 Abs. 3 BetrVG. Bekanntlich ist die Einschaltung von Anwälten nach § 80 Abs. 3 BetrVG als Sachverständige davon abhängig, dass im Vorhinein zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber u.a. eine nähere Vereinbarung auch über die Vergütungsregelung getroffen wird. Dies führt in der Praxis durchaus häufig dazu, dass die Einschaltung von Rechtsanwälten mangels entsprechender Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zeitlich verzögert wird.

Insoweit hat das BAG jetzt festgestellt, dass sich grundsätzlich die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers für die Einschaltung von Rechtsanwälten durch den Betriebsrat nach § 40 Abs. 1 BetrVG regelt, der gerade nicht die vorherige Vereinbarung über Einzelheiten der Vergütungspflicht erfordert. Die Kostentragungspflicht nach § 40 Abs. 1 BetrVG umfasst nach Auffassung des BAG insbesondere die Honorarkosten für Rechtsanwälte, die in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren oder in einem Einigungsstellenverfahren herangezogen werden, was auch dann gelten solle, wenn ein Rechtsanwalt im Vorfeld eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens oder eines Einigungsstellenverfahrens eingeschaltet wird. Entsprechendes soll dann gelten, wenn der Betriebsrat einen Rechtsanwalt damit beauftragt, Verhandlungen über einen Interessenausgleich oder eine Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber zu führen.

Demgegenüber  soll  die  Regelung  des  §  80  Abs.  3 BetrVG nur dort Platz greifen, wo die fehlende Sachkunde des Betriebsrats durch eine Beratung durch einen Rechtsanwalt ersetzt werden soll, was insbesondere dann anzunehmen sei, wenn ein Rechtsanwalt zur Beratung über eine vom Arbeitgeber vorgeschlagene komplexe Betriebsvereinbarung oder zur Ausarbeitung des Entwurfs eines schwierigen Interessenausgleiches herangezogen werden soll.

In Abgrenzung zu § 40 BetrVG soll damit ein Anwendungsbereich des § 80 Abs. 3 BetrVG insbesondere dann eröffnet sein, wenn es dem Betriebsrat nicht um die Wahrnehmung oder Durchsetzung von Rechten, sondern um die Vermittlung der zur Interessenwahrnehmung durch ihn selbst erforderlichen Kenntnisse geht.

Wenngleich diese Auffassung des BAG zu Lasten der Arbeitgeberseite in aller Regel dazu führen wird, dass die Einschaltung eines Rechtsanwalts und die dadurch verursachten Kosten über § 40 BetrVG kaum noch einzugrenzen sein wird, so hat das BAG sozusagen „im Gegenzug“ zu Gunsten der Arbeitgeberseite klargestellt, dass die in der Vergangenheit ausufernd üblich gewordene Vereinbarung von Honorarabreden auf Basis von Stundensätzen deutlich zurückgedrängt wird. So betont das BAG ausdrücklich, dass von einem Betriebsrat eine Honorarvereinbarung zwischen ihm und dem von ihm eingeschalteten Rechtsanwalt grundsätzlich nicht für erforderlich gehalten werden darf. Zur Begründung führt das BAG dazu aus, dass der Betriebsrat bei Beauftragung eines Rechtsanwalts auch die Interessen des Arbeitgebers an einer Begrenzung seiner Kostentragungspflicht zu berücksichtigen hat. Zwar sei die Beauftragung eines Anwaltsbüros durch die Arbeitgeberseite nach Auffassung des BAG durchaus ein Indiz für die auch auf Seiten des Betriebsrats bestehende Erforderlichkeit, sich ebenfalls anwaltlich beraten zu lassen. Dies gelte jedoch nicht für den Abschluss einer Honorarzusage auf Stundensatzbasis, soweit dies zu höheren als den gesetzlichen Gebühren führen würde. Gerade auch dann, wenn der Betriebsrat nicht einschätzen könne, ob eine Honorarzusage zu höheren als den gesetzlichen Gebühren führt, hat der Betriebsrat von der Erteilung einer Honorarzusage abzusehen!

Damit soll die Vereinbarung einer Honorarzusage nur noch in Ausnahmefällen in Betracht kommen, die z.B. dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber mit einer solchen Honorarvereinbarung einverstanden ist oder eine solche in vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit stets akzeptiert hat. Dies war im vorliegenden Fall nicht gegeben, so dass das BAG die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückverwiesen hat mit der Aufgabe, den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit zu ermitteln.

Praxistipp:

Wenngleich in Zukunft die Einschaltung eines Rechtsanwalts durch den Betriebsrat in aller Regel nur noch an § 40 BetrVG („Erforderlichkeit“) zu messen ist und es nicht auf den vorherigen Abschluss einer Gebührenvereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ankommen wird, so kann auf Basis des hier berichteten Beschlusses des BAG zukünftig dem häufigen Verlangen von Rechtsanwälten und Betriebsräten nach Abschluss einer Gebührenvereinbarung auf Stundenbasis deutlich entgegengetreten werden, was in der Praxis dazu führen dürfte, dass jedenfalls die von Rechtsanwälten der Betriebsräte verlangten Stundensätze nicht in den Himmel wachsen werden.

Autor/innen

Bernd Joch

Dr. Bernd Joch

Partner

Profil anzeigen