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14.01.2016

Kopierte Süßwaren wirksam bekämpfen

Mehr als 37.000 Besucher vom Fach trafen sich letztes Jahr mit über 1.500 Ausstellern auf der ISM. Langjährige Geschäftsbeziehungen wurden gepflegt, vielversprechende Kontakte geknüpft und Inspirationen gesammelt. Aber nicht alle Entdeckungen waren positiv, denn nicht alle Konkurrenten setzen auf fairen Wettbewerb. Und das Schlechte gewinnt bekanntlich durch Nachahmung. Wie diesen Plagiatoren auf Messen zu begegnen ist, hatten wir bereits in unserem letztjährigen Newsletter skizziert. Dort hatten wir die Einstweilige Verfügung als effektivstes Mittel zur Bekämpfung von Plagiatoren auf Messen vorgestellt.

Doch auch die Plagiatoren lernen dazu. Vermehrt trifft man nunmehr ausländische Nachahmer an, die großen Wert darauf legen, zwar in Deutschland auf einer Messe ausstellen zu wollen, jedoch kein Interesse an dem deutschen Markt an sich hätten. Stellen sich die Plagiatoren geschickt an, so lässt sich im schlimmsten Fall allein die Präsentation der Waren dokumentieren. Doch reicht dies für ein erfolgreiches Vorgehen gegen solcherlei Tun? Wir geben hierauf Antwort:

Verletzung gegenüber Endverbrauchern?

Manchen mag es überraschen, aber wer auf einer nur dem Fachpublikum zugänglichen Messe in Deutschland Plagiate ausstellt, bietet nach Auffassung verschiedener deutscher Richter diese damit nicht zwangsläufig auch auf dem deutschen Markt an. Dies musste die Herstellerin der Mikado-Keksstangen Ende letzten Jahres schmerzlich feststellen.1 Eine in der Türkei ansässige Plagiatorin unterhielt auf der „ISM“ einen Messestand. Dort stellte sie Keksstangen aus, die beinahe identisch zu den bekannten Mikado-Keksstangen aber unterschiedlich verpackt und mit der Wortmarke „Biscolata“ versehen waren. Die Herstellerin des Originals konnte jedoch allein die Präsentation der Keksstangen in der Verpackung belegen. Erkenntnisse, dass die Plagiatorin sich mit ihren Waren auch an den deutschen Markt richtet, hatte sie hingegen nicht. Die Plagiatorin verteidigte sich hingegen damit, dass sie niemals vorgehabt habe, das Produkt in Deutschland zu vertreiben und sich mit ihrer Präsentation allein an das anwesende internationale Fachpublikum gerichtet habe. Die Karlsruher Richter verneinten daher sowohl ein Anbieten als auch ein Bewerben, Vertreiben oder sonstiges Inverkehrbringen der Waren gegenüber inländischen Verbrauchern, da allein aus der Präsentation nicht zwangsläufig auf eine entsprechende Absicht zurückzuschließen sei.

Verletzung gegenüber Fachkreisen?

Wer ein Plagiat auf einer Fachmesse ausstellt, bewirbt dieses jedoch zumindest regelmäßig gegenüber dem auf der Messe anwesenden internationalen Fachpublikum. Dies stellt eine inländische Benutzung der beanstandenden Marke oder Warenform dar,2 womit eine Verletzung und somit ein Verbietungsanspruch zugunsten der Hersteller von Originalprodukten in aller Regel gegeben ist. Zwar bezieht sich dieser Anspruch nicht auf das Anbieten, Vertreiben oder Inverkehrbringen, aber gerade im Süßwarengeschäft dürfte es leicht zu verschmerzen sein, wenn einem Plagiator zwar nicht das „Anbieten“, jedoch die zwangsweise vorgeschaltete Bewerbung untersagt wird.

Diese Schlussfolgerung hat jedoch einen entscheidenden Haken. Maßstab einer Verwechslungsgefahr oder Irreführung ist nicht das allgemeine Publikum, sondern allein der fachkundige Messebesucher. Und dieser lässt sich nicht so leicht täuschen wie ein Endverbraucher. Hieraus folgt, dass die Anforderungen an das Vorliegen der Verletzung ungleich höher sind. Genau hieran aber scheiterte der oben skizzierte Keksstangenfall. Der BGH nahm zwar eine Bewerbung gegenüber dem Fachpublikum an, jedoch unterliege dieses auf Grund der unterschiedlichen Verpackung keiner Fehlvorstellung.3

Sammeln, sammeln, sammeln

Wie nahe Erfolg und Misserfolg beieinander liegen, lässt sich der oben zitierten Entscheidung „Tuppex“4 entnehmen.

Die ebenfalls in der Türkei ansässige Plagiatorin unterhielt auf der internationalen Frankfurter Fachmesse „Ambiente“ einen Messestand. Dort stellte sie unter dem Zeichen „tuppex“ Haushaltsbehälter aus. Auch die Herstellerin der „TUPPER“-Haushaltsbehälter konnte – wie zuvor DeBeukelaer – ebenfalls keine direkten Nachweise präsentieren, dass die Plagiatorin sich mit ihren Marken an den deutschen Markt richtet.

Jedoch konnte sie der einstweiligen Verfügung einen auf dem Messestand ausliegenden englischsprachigen Katalog sowie die Eigendarstellung des Messeveranstalters vorlegen, aus der sich ergab, dass die Waren der „Ambiente“ dem Fachpublikum auch zum Kauf angeboten werden.

Diese Anhaltspunkte reichten dem OLG Frankfurt um anzunehmen, dass mit der Werbung zugleich zum Erwerb der Produkte im Inland aufgefordert wird. Das OLG Frankfurt nahm sowohl eine Verletzung durch „Bewerbung“ als auch durch „Anbieten“ an. Die Herstellerin gewann.

Praxistipp:

Die Darlegungs- und Beweislast der einzelnen Verletzungshandlungen liegt beim Hersteller der Originale.
  • Sammeln und recherchieren Sie daher bereits im Vorfeld alle Informationen, die Hinweise auf Benutzungshandlungen (etwa auf ein geplantes oder erfolgtes Anbieten, Bewerben, Vertreiben oder sonstiges Inverkehrbringen) liefern können.
  • Auch auf der Messe stehen die Chancen noch gut, den Plagiator zu entlarven. Achten Sie insbesondere auf ausliegendes Material.
  • Auch ohne entsprechende Informationen besteht noch die Möglichkeit zumindest die Bewerbung des Plagiats zu unterbinden.
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1 BGH GRUR 2015, 603 – Keksstangen.
2 BGH GRUR 2010, 1103 – Pralinenform II; BGH GRUR 2015, 603 – Keksstangen; OLG Frankfurt GRUR 2015, 903 – Tuppex.
3 BGH GRUR 2015, 603 – Keksstangen Tz. 36.
4 OLG Frankfurt GRUR 2015, 903 – Tuppex. 

Autor/innen

Magnus Hirsch

Dr. Magnus Hirsch

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