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13.10.2020

Juristische Person als Beiratsmitglied

Nach einer Entscheidung des OLG Stuttgart (Urteil vom 15. Juli 2020, Az.: 20 U 47/19) können juristische Personen Mitglieder des fakultativen Beirats einer extern verwalteten geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft sein. Diese Entscheidung dürfte auch Auswirkungen auf die Praxis der Aufsichtsratsbestellung bei der GmbH haben.

Der Sachverhalt in Kürze

Im vorliegenden Fall ging es um eine geschlossene, extern verwaltete Investment-KG. In dem Gesellschaftsvertrag der Investment-KG war geregelt, dass ein Beirat aus mindestens drei und maximal fünf Mitgliedern besteht. Die Mitglieder des Beirats sollten – so der Gesellschaftsvertrag – durch einen Mehrheitsbeschluss von der Gesellschafterversammlung bestellt werden. Im Juni 2018 wurde die Klägerin (eine GmbH) auf einer Gesellschafterversammlung einstimmig in den Beirat gewählt. Der Versammlungsleiter stellte daraufhin die Nichtigkeit der Wahl fest. Hiergegen erhob die Klägerin Klage mit dem Ziel der Feststellung der wirksamen Bestellung als Beiratsmitglied.

Die rechtliche Ausgangslage

Im Kern ging es um die spannende Frage, ob die Bestellung von Gesellschaften und juristischen Personen als Mitglieder des Beirats (hier einer KG) zulässig ist oder nicht. Denn für die extern verwaltete Investment-KG enthält das Gesetz keine explizite Regelung, die Rechtslage war insoweit unklar.

Für andere Gesellschaftsformen stellt sich die Rechtslage indes wie folgt dar:

Für die Aktiengesellschaft schreibt § 100 Abs. 1 AktG klar vor, dass Mitglied des Aufsichtsrats nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein kann. Bei dieser gesetzlichen Vorgabe handelt es sich aber nicht um ein im Aktienrecht allgemeingültiges Prinzip. Denn für die Europäische Aktiengesellschaft (SE) gestattet Art. 47 Abs. 1 SE-VO explizit eine Satzungsgestaltung, wonach auch eine Gesellschaft oder eine juristische Person Mitglied eines Organs sein kann. Die Mitgliedsfähigkeit juristischer Personen im Beirat/Aufsichtsrat hängt bei der SE also von der jeweiligen Satzungsregelung ab.

Dasselbe gilt im Ergebnis für die GmbH. Auch bei der GmbH kommt es auf den konkreten Inhalt des Gesellschaftsvertrags an. Denn § 52 Abs. 1 GmbHG geht im Grundsatz von einer Anwendbarkeit des § 100 Abs. 1 AktG aus, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt ist. Für die GmbH kommt es somit zunächst darauf an, ob im Gesellschaftsvertrag die Anwendbarkeit der aktienrechtlichen Regelungen ausgeschlossen wurde oder nicht.

Ob allerdings in Fällen, in denen die aktienrechtlichen Regelungen des § 100 AktG nicht (zwingend) anwendbar sind, vom Formerfordernis der Bestellung einer natürlichen Person abgewichen werden kann, ist in der juristischen Literatur umstritten. Teilweise wird vertreten, dass als Mitglieder fakultativer Aufsichtsräte oder Beiräte nur natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Personen in Betracht kommen, ohne dass die Gesellschafter hiervon abweichende Regelungen im Gesellschaftsvertrag vereinbaren können. Andere Teile der Literatur vertreten die Auffassung, dass der Gesellschaftsvertrag die Mitgliedfähigkeit juristischer Personen - die dann durch ihre gesetzlichen Vertreter handeln - für den fakultativen Aufsichtsrat oder Beirat vorsehen kann.

Die Entscheidung des OLG Stuttgart

Im vorliegenden Fall hat sich das OLG Stuttgart für die Mitgliedsfähigkeit einer juristischen Person im fakultativen Beirat ausgesprochen und entschieden, dass die Klägerin wirksam in den Anlegerbeirat der Beklagten gewählt wurde. Zur Begründung führt das OLG Stuttgart u. a. aus, dass „die allgemein anerkannte Rechtsform der GmbH & Co. KG zeigt, dass das Organ des Geschäftsführers von einer juristischen Person, insbesondere einer GmbH, vertreten durch ihre(n) Geschäftsführer, übernommen werden kann. […] Wenn eine juristische Person aber alleiniges Geschäftsführungsorgan einer KG sein kann, dann spricht das dafür, dass sie erst recht Mitglied des fakultativen Beirats der Gesellschaft sein kann.“

Der Argumentation des OLG ist beizupflichten.Der Verweis auf die GmbH & Co. KG, bei der die Position des geschäftsführenden Gesellschafters auch durch eine GmbH wahrgenommen werden kann sowie und der daraus gezogene Erst-Recht-Schluss für die Position im Beirat, überzeugt. Zu begrüßen ist auch die vom OLG vorgenommene Auslegung des Gesellschaftsvertrags. So betont das Gericht in seiner Entscheidung, dass der Gesellschaftsvertrag - bezogen auf die Mitgliedsfähigkeit im Beirat - keine Beschränkung auf natürliche Personen enthielt und der Beschluss der Gesellschafter aufgrund der Einstimmigkeit ohnehin satzungsdurchbrechende Wirkung hatte.

Praxishinweis

Die Entscheidung des OLG Stuttgart dürfte auch Folgen für die Praxis der Aufsichtsratsbestellung bei der GmbH haben. So wird davon auszugehen sein, dass die tragenden Erwägungen des OLG nicht nur für den fakultativen Aufsichtsrat einer Personenhandelsgesellschaft, sondern auch für denjenigen einer GmbH gelten. Sofern das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag nicht zwingend natürliche Personen als Gesellschaftsorgane bestimmen, ist juristischen Personen eine solche Funktion grundsätzlich zuzubilligen. Gesellschafter einer Personengesellschaft oder einer GmbH sollten daher dringend ihre Gesellschaftsverträge prüfen, falls sie eine Beschränkung der Mitgliedsfähigkeit auf natürliche Personen wünschen. In diesem Fall empfiehlt es sich, im Gesellschaftsvertrag eine klare Regelung zur Anwendbarkeit aktienrechtlicher Vorschriften für den fakultativen Aufsichtsrat zu treffen oder die Möglichkeit der Bestellung von Gesellschaften und juristischen Personen als Mitglieder des Aufsichtsrats/Beirats explizit auszuschließen. Sofern juristische Personen als Mitglieder des Aufsichtsrats/Beirats in Betracht kommen sollen, ist es notwendig, die Nichtanwendbarkeit des § 100 Abs. 1 AktG festzulegen.