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12.07.2016

Insolvenzanfechtung und Sanierungskonzepte

Die Insolvenzanfechtung ist in den letzten Jahren zu einem großen Risiko für Gläubiger geworden. Das gilt in besonderer Weise, wenn man Kenntnis von wirtschaftlichen Schwierigkeiten seines Geschäftspartners hat. In einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof die Maßstäbe der Anfechtbarkeit bei außergerichtlichen Sanierungskonzepten umfassend beschrieben – und im Ergebnis die Anfechtungsgefahr verschärft. Da auch die für Herbst 2016 ins Auge gefasste Reform des Anfechtungsrechtes in diesem Bereich keine Änderung bringen wird, ist eine Befassung mit der Entscheidung notwendig.

Der Ausgangsfall ist ein alltäglicher Vorgang: Ein Kunde wendet sich an seine Gläubiger mit einem außergerichtlichen Sanierungsvergleich. In dem entschiedenen Fall hatte ein Unternehmen im Jahre 2007 seinen Gläubigern einen Sanierungsvergleich angeboten. Auf Grundlage eines von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft entwickelten Planes sollten die Gläubiger einen Teilverzicht mit Besserungsschein gegen eine Zahlung aus zu beschaffenden Drittmitteln erklären. Die spätere Beklagte stimmte zu und erhielt die entsprechende Teilzahlung. 2011 geriet das Unternehmen dann doch in die Insolvenz. Der Insolvenzverwalter hat die erhaltene Teilzahlung angefochten – vor dem Bundesgerichtshof zumindest mit einem Teilerfolg.

Das Gericht geht nämlich davon aus, dass es dem Gläubiger obliegt, die Schlüssigkeit des Sanierungskonzeptes zu überprüfen. Und der Gläubiger muss später beweisen, dass das Konzept aus Sicht eines verständigen Dritten schlüssig war. Gelingt ihm dies nicht, ist die erhaltene Zahlung zehn Jahre lang anfechtbar.

Das birgt erheblich Risiken: Wann ist ein Sanierungskonzept schlüssig? Wie kann man es beweisen?

Einen genauen Maßstab bleibt der Bundesgerichtshof schuldig. Das einfache Abnicken eines Quotenvergleiches wird keinesfalls reichen. Andererseits bedarf es aber auch nicht zwingend eines vollständigen Gutachtens nach den Vorgaben des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW S6). Der Bundesgerichtshof deutet an, dass nach Größe des Unternehmens die Anforderungen an das Sanierungskonzepts zu differenzieren sind. Wo und wie genau, lässt das Gericht aber offen.

Was ist für die tägliche Praxis zu empfehlen?

Zunächst müssen immer die wesentlichen Grundlagen des Konzepts beschafft werden, die eine Prüfung ermöglichen. Dazu gehören die Darstellung der Ursachen der Insolvenz, die Maßnahmen zu deren Beseitigung und eine positive Fortführungsprognose.

Die Schlüssigkeit dieser Angaben muss dann überprüft werden. Vollständige, konkrete und plausible Ausgangszahlen, nachvollziehbare und realistische Prognosen, logische Schlussfolgerungen zur dauerhaften Sanierung und ein seriöser Berater sind wichtige Prüfpunkte. Bei relevanten Vergleichsbeträgen sollte zudem ein fachkundiger Dritter hinzugezogen werden, der die Schlüssigkeit des Konzeptes beurteilt.

Die Entscheidung ist im Volltext beim Bundesgerichtshof nachzulesen zum Aktenzeichen: IX ZR 65/14.

Autor/innen

Jan M. Antholz

Jan M. Antholz

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