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03.03.2022

Inländisches Nachlassvermögen und ausländischer Testamentsvollstrecker

Mit zunehmendem Alter zieht es Menschen in den wärmeren und sonnigeren Süden, um dem Norddeutschen „Schmuddelwetter“ zu entfliehen. Wird dabei der Wohnsitz ins Ausland verlegt und befinden sich in Deutschland gleichwohl weiterhin Vermögenswerte bei Banken und Sparkassen, wie z.B. Konten und Depots, ist für die Nachlassregelung Folgendes zu beachten:

Wird in einem Testament oder einem Erbvertrag für die Abwicklung des Nachlasses Testamentsvollstreckung angeordnet, ist zur Vermeidung von Komplikationen und zeitlichen Verzögerungen bei der Inbesitznahme des Nachlasses durch den Testamentsvollstrecker darauf zu achten, dass der vom Erblasser vorgesehene Testamentsvollstrecker als natürliche oder juristische Person ihren (Wohn-)Sitz in Deutschland hat. Die Bestellung eines ausländischen Testamentsvollstreckers mag für den (nunmehr) im Ausland ansässigen Erblasser aufgrund seiner neuen sozialen Kontakte zwar naheliegend sein. Gleichwohl sollte für die Abwicklung des Nachlasses ein in Deutschland ansässiger Testamentsvollstrecker bevorzugt werden. Dies deshalb, weil bei einem ausländischen Testamentsvollstrecker

  • dieser sich gegenüber der inländischen Bank oder Sparkasse mit einem mglw. nach ausländischen Recht erteilten Testamentsvollstreckerzeugnis legitimieren müsste;
  • das Testamentsvollstreckerzeugnis nach ausländischem Recht etwaig andere oder eingeschränkte Befugnisse gegenüber einem Testamentsvollstreckerzeugnis nach deutschem Recht zum Inhalt hat und insoweit die Beantragung eines Fremdrechtstestamentsvollstreckerzeugnisses beim zuständigen deutschen Gericht notwendig werden könnte;
  • die Bank oder Sparkasse in Höhe des an den ausländischen Testamentsvollstrecker ins Ausland ausbezahlten Betrag des Nachlassvermögens nach § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG  für etwaige Erbschaftssteuerschulden in Deutschland haften und die Freigabe des von ihnen verwahrten Nachlassvermögens von der Vorlage einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung abhängig machen können.
     

­­­­­Es liegt auf der Hand, dass Diskussionen mit Banken und Sparkassen über die Akzeptanz des nach ausländischem Recht erteilten Testamentsvollstreckerzeugnisses und die Beschaffung einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung bei dem für den Nachlass zuständigen Finanzamt für Erbschaftssteuern viel Zeit kosten können, in der das vorhandene Nachlassvermögen dem Zugriff des Testamentsvollstreckers und einer Verteilung an die Erben entzogen bleibt. Insbesondere bei Depotvermögen kann dieser Zeitverlust zu erheblichen Vermögensverlusten z.B. durch fallende Wertpapier- oder Devisenkurse führen. Dies wäre umso misslicher, als das Nachlassvermögen stichtagsbezogen mit dem zum Erbfall vorliegenden Wertansatz der Erbschaftssteuer unterfällt. Sind also bis zur Auszahlung des Nachlassvermögens an den Testamentsvollstrecker Kursverluste bei zum inländischen Nachlassvermögen gehörigen Wertpapieren oder Devisen entstanden, kann eine mglw. schmerzhafte finanzielle Lücke für die Erben entstehen.

Bestellt der im Ausland ansässige Erblasser hingegen einen inländischen Testamentsvollstrecker, könnten die geschilderten zeitlichen Verzögerungen voraussichtlich vermieden werden. Denn bei einer Auszahlung des inländischen Nachlassvermögens an einen inländischen Testamentsvollstrecker entfällt die vorstehend erwähnte Haftung von Banken und Sparkassen. Die Freigabe und Auskehrung des inländischen Nachlassvermögens an den Testamentsvollstrecker würde also deutlich zügiger vollzogen werden können, was wiederum Kurs- und damit Verluste beim Nachlassvermögen vermeiden hilft.

Autor/innen

Frank Alen

Frank van Alen

Partner

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