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28.01.2020

Influencer Marketing – Kennzeichnungspflichten in Deutschland

Zwar ist Fernsehwerbung noch immer das Mittel der Wahl der Süßwarenhersteller1, doch weil die klassische Werbung die Konsumenten immer weniger erreicht, müssen sich die Hersteller auch andere Wege und Kanäle suchen. Branded Content, also gut verpackte Werbung, die nicht gleich als solche erkennbar ist, wird daher immer wertvoller. So schafft es beispielsweise „Ritter Sport“ regelmäßig, dass die Einführung neuer Geschmacksrichtungen und Sondereditionen auf Social-Media viral verbreitet werden. Wettbewerber „Milka“ setzt dem wiederum mit großangelegten Influencer-Kampagnen, z. B. unter dem Hashtag „#milkaschmecktwie“, entgegen. Allerdings darf auch auf Instagram, YouTube & Co. von Gesetzes wegen Werbung nicht verschleiert werden, sondern muss als solche erkennbar sein, weil der durchschnittliche Verbraucher neutralen Äußerungen weniger kritisch gegenüber tritt als erkennbar werbenden Angaben selbst. Dies regeln in Deutschland das Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG), das Telemediengesetz (TMG) sowie der Rundfunkstaatsvertrag (RfStV).

Viele Jahre war es in Deutschland unklar, auf welche Weise Influencer Werbung auf YouTube, Instagram oder Facebook kennzeichnen müssen. Einige aktuelle Urteile zeichnen nun endlich eine Richtung vor, wobei es auch hier nicht immer eine klare Linie gibt.

Was ist zu kennzeichnen?

Ein Online-Beitrag muss nur dann als Werbung gekennzeichnet werden, wenn ein Handeln im geschäftlichen Verkehr, also eine kommerzielle Kommunikation vorliegt.

Zudem ist nicht jegliche Werbung explizit zu kennzeichnen. Wenn für den Nutzer auf den ersten Blick erkennbar ist, dass es sich um Werbung handelt, bedarf es keiner weiteren Kennzeichnung. Bei einem Firmenkanal geht der Verbraucher davon aus, dass es sich bei den Beiträgen um Werbung handelt. Unternehmen müssen daher Inhalte auf ihren eigenen YouTube- oder Instagram-Channels nicht nochmals gesondert kennzeichnen.

Anders verhält es sich bei einem Channel oder Blog eines Influencers. Hier muss Werbung gekennzeichnet werden. Ob es sich bei den Inhalten jeweils um Werbung handelt, muss im Einzelfall entschieden werden.

Wann ist zu kennzeichnen?

Bei der Frage, wann zu kennzeichnen ist, ist je nach konkretem Fall zu differenzieren:

Influencer kauft das Produkt selbst

Bis zum vergangenen Jahr konnte man davon ausgehen, dass, wenn der Influencer das Produkt selbst kauft und darüber objektiv-neutral postet, dies grundsätzlich keine Werbung darstellt und deshalb auch nicht gekennzeichnet werden muss. Diese Annahme wurde mittlerweile jedoch durch die Rechtsprechung geradewegs durcheinander gewirbelt:

Im Zentrum der Entwicklungen stehen drei Urteile, nämlich des Landgerichts Karlsruhe2, des Landgerichts München I3, und des Kammergerichts Berlin4.

Das LG Karlsruhe entschied im Fall gegen die Fitness-Influencerin Pamela Reif, dass es sich bei Posts mit eingebetteten sogenannten „Tap Tags“ (= Verlinkungen anderer Profile/Marken) ohne eine entsprechende Kennzeichnung um verbotene Schleichwerbung handelt. Ob die Influencerin für die einzelnen Posts eine Bezahlung erhalten habe, sei irrelevant. Denn auch unentgeltliche Posts dienten zumindest auch dem Zweck der Förderung des eigenen Unternehmens der Influencerin. Die unentgeltlichen Posts stünden also in einem unauflösbaren Kontext mit den bezahlten Werbebeiträgen und die Influencerin würde „stets auch geschäftlich“ auftreten.

Diese Argumentation lässt Parallelen zum Urteil des Kammergerichts Berlin im Fall Vreni Frost erkennen. Dieses entschied, dass ein Post dann keine kennzeichnungspflichtige Werbung enthalte, wenn er ausschließlich redaktionelle Inhalte verbreite. Von einem rein redaktionellen Inhalt des Posts sei aber dann nicht auszugehen, wenn die „Tap Tags“ in einem Instagram-Beitrag und die Inhalte eines hierdurch verlinkten Instagram-Accounts keinen erkennbaren Bezug zu dem betreffenden Text- und Bildbeitrag und keinen Informationsgehalt haben.

Eine andere Auffassung vertrat das LG München I im Fall gegen Cathy Hummels. Zwar sah das Gericht in Posts von Influencern auf Instagram, auf denen Produkte gekennzeichnet und mit den entsprechenden Online-Auftritten der Produkthersteller verlinkt sind, auch ohne Gegenleistung der verlinkten Unternehmen geschäftliche Handlungen i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Dies entspricht der Ansicht des LG Karlsruhe, weil die Influencer damit sowohl ihre eigenen geschäftlichen Aktivitäten als auch die der verlinkten Unternehmen fördern.

Allerdings bewertete das LG München I den konkreten Fall anders und urteilte, dass sich der kommerzielle Zweck der geschäftlichen Handlung unmittelbar aus den Umständen ergibt und daher eine Kennzeichnung nicht notwendig sei. Da sich der informierte Verbraucher inzwischen daran gewöhnt habe, dass Influencer durch ihre Tätigkeit Geld verdienen und sie ihre Posts deshalb nicht aus rein privaten Interessen verfassen, könne die Anzahl der Follower und der Umstand, dass es sich um ein öffentliches, mit einem sogenannten blauen Haken versehenes, verifiziertes Profil eines bekannten Influencers handele, dazu führen, dass der kommerzielle Zweck des Posts ohne Weiteres erkennbar sei.

Vorsicht ist jedoch auch bei selbst gekauften Produkten stets geboten, wenn zwischen dem Hersteller und dem Influencer eine geschäftliche Beziehung besteht. So entschied das Oberlandesgericht Frankfurt5, dass die Empfehlung eines Produktes durch einen Influencer in dessen Social-Media-Auftritt jedenfalls dann eine verbotene Schleichwerbung darstelle, wenn der Influencer sich hauptberuflich mit dem Geschäftsbereich, zu dem das empfohlene Produkt gehört, beschäftigt und geschäftliche Beziehungen zu den Unternehmen unterhält, deren Produkte er empfiehlt.

Kostenlose Überlassung

Wenn der Influencer das Produkt, z. B. Schokoriegel, Müsli oder Gummibärchen, kostenlos zur Verfügung gestellt bekommt, ist zu differenzieren:

a) Das Unternehmen erwartet von dem Influencer eine positive Erwähnung im Post. Das ist Werbung und als solche zu kennzeichnen.

b) Übersendet das Unternehmen Produkte jedoch ohne eine entsprechende Absprache und stellt dem Influencer anheim, darüber einen Beitrag zu verfassen, der auch eine negative Bewertung sein könnte, liegt keine Werbung und damit keine Kennzeichnungspflicht vor. Das Unternehmen bzw. die eingeschaltete Agentur muss sich dabei allerdings jeder Beeinflussung des Bloggenden enthalten. Ein Hinweis, dass die Produkte unentgeltlich überlassen wurden, ist in diesem Falle nicht nötig.

Allerdings: Der Influencer bzw. das beworbene Unternehmen müssen im Zweifel beweisen, dass der Influencer in seiner Bewertung frei war und der Beitrag ohne Werbeabsicht gepostet wurde. In der Praxis ist dies schwierig, so dass am Ende die objektive Ausgestaltung des Beitrags entscheidet. Wenn in dem Beitrag nur positiv über das Produkt berichtet wird, wird ein Gericht wohl eine Werbeabsicht unterstellen und eine Kennzeichnungspflicht bejahen. Einem Influencer ist deshalb zu raten, seine Posts als Werbung zu kennzeichnen, wenn sie nur positiv berichten, selbst wenn sie nur seine eigene, unabhängige Meinung wiedergeben.

Bezahlung

Wird der Influencer von dem Unternehmen dafür bezahlt, seine Produkte positiv darzustellen, ist das in jedem Fall Werbung und als solche zu kennzeichnen.

Wie ist zu kennzeichnen?

Der Hinweis, dass es sich um Werbung handelt, muss so eindeutig erfolgen, dass auf den ersten Blick deutlich wird, dass hier ein kommerzieller Zweck verfolgt wird.6 Es genügt nicht, wenn der durchschnittliche Leser erst nach einer genauen Lektüre des Beitrags oder durch aufwändiges Scrollen dessen werbliche Wirkung erkennt.

Auf der sicheren Seite ist man mit der Kennzeichnung als „Anzeige“ oder „Werbung“ am Beginn des Posts.

Ob englische Begriffe wie „Ad“ oder „Sponsered by“ zulässig sind, ist fraglich. Eine Kennzeichnung eines Instagram-Posts für das Shampoo „Pantene“ mit „#sponsoredbypanteneprov“ und für die Fashion-Marke „Maxandco” mit „#ad“ reichte dem Kammergericht Berlin zumindest nicht aus.7

Auch der Bundesgerichtshof entschied in einer etwas anderen Konstellation – es ging um die Kennzeichnung von bezahlten, redaktionell aufgemachten Beiträgen –, dass eine Kennzeichnung mit „Sponsored by“ nicht genüge. Es müsse das Wort „Anzeige“ verwendet werden.8 So urteilte auch das Landgericht München, welches den Hinweis „Akne – Narben als Folgeerscheinung (Sponsored – Akne-Ratgeber)“ als nicht ausreichend erachtete.9

Der Hinweis „#ad“ reicht auf jeden Fall dann nicht aus, wenn er in einer Hashtag-Wolke angebracht ist. In einem vom Oberlandesgericht Celle entschiedenen Fall lautete der Hinweis auf Instagram wie folgt: „#blackfriyay #ad #eyes #shopping #rabatt #40prozent“. Nach Ansicht des Gerichts würde der kommerzielle Zweck des Beitrages bei einer derartigen Kennzeichnung nicht auf den ersten Blick hervortreten. Ob die Kennzeichnung mit #ad an erster Stelle ausreichen würde, ließ das OLG Celle unbeantwortet.10

Die Landesmedienanstalten raten mittlerweile von der Verwendung von „#ad“, „#sponsored by“, „#powered by“ ab.11

Noch nicht gerichtlich entschieden ist, ob die Kennzeichnung mit Hilfe des Branded-Content-Tools von Facebook und Instagram ausreichend auf den kommerziellen Zweck hinweist. Bei Verwendung des Tools erscheint bei Facebook der Name des Influencers mit dem Zusatz „mit XYZ“. Dahinter der Hinweis „Bezahlt“. Bei Instagram erscheint der Hinweis „Bezahlte Partnerschaft mit XYZ“. Beides sollte wohl ausreichen. Nicht zu empfehlen ist die Verwendung der englischen Versionen, wenn die deutschen Gerichte schon das englische Wort „sponsered by“ als für Deutsche nicht verständlich erachten.12

Dauerwerbesendungen sind während des gesamten Verlaufs mit „Werbesendung“ oder „Dauerwerbesendung“ zu kennzeichnen.13 Dauerwerbesendungen sind Sendungen von mindestens 90  Sekunden, in denen Werbung redaktionell gestaltet ist, der Werbecharakter erkennbar im Vordergrund steht und die Werbung einen wesentlichen Bestandteil der Sendung darstellt.14

Im Falle einer Produktplatzierung ist ein Beitrag zu Beginn und zum Ende für die Dauer von mindestens drei Sekunden mit der Abkürzung „P“ (für Produktplatzierung) zu kennzeichnen.15

Fazit

Die Gerichte fordern eine klare Kennzeichnung von Werbung. Influencern ist zu raten, die deutschen Begriffe „Werbung“ oder „Anzeige“ an den Anfang eines Werbe-Posts zu setzen und im Zweifel eher zu kennzeichnen. Für werbende Unternehmen empfiehlt es sich, Influencer vertraglich zu einer solchen rechtskonformen Kennzeichnung zu verpflichten, da den Unternehmen das Verhalten der Influencer zugerechnet werden kann. Aufgrund der sich wandelnden und teils divergierenden Rechtsprechung sollten die aktuellen Entwicklungen in diesem Bereich stets im Auge behalten werden.

Veröffentlicht im Newsletter Süßwarenindustrie Spezial – Ausgabe 2020.

__________

https://lebensmittelpraxis.de/suesswaren/21101-werbung-ich-glotz-tv.html.

2 LG Karlsruhe, Urt. v. 21.03.2019, 13 O 38/18 KfH – Pamela Reif.

3 LG München, Urt. v. 29.04.2019, 4 HK O 14312/18 – Cathy Hummels.

4 KG Berlin, Urt. v. 08.01.2019, 5 U 83/18 – Vreni Frost.

5 OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 28.06.2019, 6 W 35/19.

6 OLG Celle, Urt. v. 08.06.2017, 13 U 53/17, Rz. 15, Werbung für die Drogeriemarktkette Rossmann mit „#ad“.

7 KG Berlin, Beschl. v. 11.10.2017, 5 W 221/17, #sponsoredbypanteneprov und #ad.

8 BGH, Urt. v. 06.02.2014, I ZR 2/11, GOOD NEWS II.

9 Landgericht München I, Urt. v. 31.07.2015, 4 HK O 21172/14, Werbung für die Marke „Eucerin“ der Beiersdorf AG mit dem Hinweis „Akne – Narben als Folgeerscheinung (Sponsored – Akne-Ratgeber)“.

10 OLG Celle, Urt. v. 08.06.2017, 13 U 53/17, Rz. 15, Werbung für die Drogeriemarktkette Rossmann mit „#ad“.

11 FAQ der Medienanstalten. Antworten auf Werbefragen in sozialen Medien. Abrufbar unter www.die-medienanstalten.de/fileadmin/user_upload/ Rechtsgrundlagen/Richtlinien_Leitfaeden/Leitfaden_Medienanstalten_Werbekennzeichnung_Social_Media.pdf

12 BGH, Urt. v. 06.02.2014, I ZR 2/11 – GOOD NEWS II; Landgericht München I, Urt. v. 31.07.2015, 4 HK O 21172/14 – „Sponsored – Akne-Ratgeber“.

13 Ziff. 3 Abs. 3 Nr. 2 WerbeRL / FERNSEHEN.

14 Ziff. 3 Abs. 3 Nr. 1 WerbeRL / FERNSEHEN; siehe hierzu auch die Beanstandung von Juni 2017 von drei YouTube-Videos des Influencers „Flying Uwe“ durch den Medienrat der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH), Pressemitteilung abrufbar unter www.ma-hsh.de/infothek/pressemitteilung/widerspruch-von-youtuber-flying-uwe-zurueckgewiesen-und-bussgeldverfahren-eingestellt.html.

15 Ziff. 4 Abs. 3 Nr. 4 WerbeRL / FERNSEHEN.

Autor/innen

Margret Knitter

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Corinna Schneiderbauer

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