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01.07.2015

Günstigkeitsvergleich bei Kündigungsfristen

Mit der Entscheidung stellt das BAG die Grundsätze des zwischen kollidierenden Kündigungsfristenregelungen anzustellenden Günstigkeitsvergleichs in erfreulicher Klarheit dar und ermöglicht darüber hinaus ebenso deutlich die grundsätzliche Umdeutung einer zu kurz angesetzten Kündigungsfrist in eine Kündigungsfrist von rechtlich zutreffender Länge.

Mit der Entscheidung stellt das BAG die Grundsätze des zwischen kollidierenden Kündigungsfristenregelungen anzustellenden Günstigkeitsvergleichs in erfreulicher Klarheit dar und ermöglicht darüber hinaus ebenso deutlich die grundsätzliche Umdeutung einer zu kurz angesetzten Kündigungsfrist in eine Kündigungsfrist von rechtlich zutreffender Länge.

BAG, Urteil v. 29.01.2015 – 2 AZR 280/14


Die Parteien des Rechtsstreits stritten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung. Die Klägerin war bei der Beklagten, die medizinische Dienstleistungen im Bereich der Radiografie erbrachte, seit 1976 tätig, wobei das Arbeitsverhältnis im Dezember 2012 gekündigt wurde. Zu diesem Zeitpunkt verfügte die Klägerin mithin über eine Betriebszugehörigkeit von etwa 36 Jahren.

Als Kündigungsfrist war im Anstellungsvertrag vorgesehen: „Die Kündigungsfrist beträgt beiderseits sechs Monate zum 30. Juni oder 31. Dezember des Jahres“. Mit Schreiben vom 19.12.2012 kündigte die Beklagte das Anstellungsverhältnis der Klägerin „unter Wahrung der arbeitsvertraglichen Kündigungsfrist ordentlich zum 30.06.2013“.

Die Klägerin wandte sich gegen die Rechtwirksamkeit der Kündigung insbesondere unter dem Aspekt, dass die Beklagte die gesetzliche Kündigungsfrist gem. § 622 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BGB von sieben Monaten zum Ende eines Kalendermonats hätte wahren müssen. Nach ihrer Auffassung könne die ausgesprochene Kündigung nicht in eine Kündigung zu diesem Zeitpunkt umgedeutet werden.

Das BAG bestätigte die in diesem Fall bereits von dem Arbeitsgericht vertretene Rechtsauffassung, wonach die einzuhaltende Kündigungsfrist die gesetzliche Mindestkündigungsfrist des § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BGB gewesen sei und die ausgesprochene Kündigung sehr wohl in eine ordentliche Kündigung zu diesem Zeitpunkt, nämlich dem 31.07.2013, umgedeutet werden könne.

Zur Begründung führt das BAG aus, dass im Falle einer Kollision von arbeitsvertraglich vereinbarter Kündigungsfrist und gesetzlich vorgesehener Mindestkündigungsfrist im Sinne des § 622 BGB ein Günstigkeitsvergleich anzustellen ist. Dabei ist grundsätzlich ein Gesamtvergleich anzustellen, wobei der jeweilige Vergleichszeitpunkt der des Abschlusses der entsprechenden Vereinbarung, nicht der Zeitpunkt des Ausspruchs der konkreten Kündigung, sei.

Dabei müsse ein Günstigkeitsvergleich dazu führen, dass eine vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist in jedem Fall zu einer späteren Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, nicht schon dann, wenn die vertragliche Regelung wie hier in acht von zwölf Monaten eine längere Kündigungsfrist ergeben würde. Eine von der gesetzlichen Regelung abweichende vertragliche Regelung müsse daher stets günstiger als die gesetzliche Regelung sein.

Dies war bei der streitgegenständlich vereinbarten vertraglichen Kündigungsfrist nicht der Fall, so dass sich ihr gegenüber die gesetzliche Mindestkündigungsfrist des § 622 BGB durchsetzt und damit eine Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Monatsende galt.

Nach Auffassung des BAG konnte die ausgesprochene Kündigung sehr wohl auch in eine Kündigung zum 31.07.2013 umgedeutet werden, da das BAG keinerlei Anhalt dafür sah, dass die Beklagte eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich zum 30.06.2013 gewollt hätte.

Autor/innen

Bernd Joch

Dr. Bernd Joch

Partner

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