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18.03.2019

Gerichtsentscheidungen zu „wenigermiete.de“: Rechtslage bzgl. Legal Tech-Unternehmen im Mietrecht bleibt unklar

Das Landgericht Berlin hat sich in zwei aktuellen Entscheidungen mit der Tätigkeit eines Legal Tech-Unternehmens befasst. Die entscheidenden Kammern beurteilten die rechtlichen Kompetenzen des Unternehmens und die Auswirkungen der Anwendung von Legal Tech gegensätzlich. Die Rechtslage bleibt unklar.

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Als Legal Tech werden Computerprogramme bezeichnet, die juristisches Arbeiten automatisieren. Die Lexfox GmbH (bis zum 12. Februar 2019: Mietright GmbH) betreibt die Plattform wenigermiete.de. Das Unternehmen setzt Legal Tech ein, um Mietern eine schnelle Einschätzung der Erfolgsaussichten mietrechtlicher Streitigkeiten zu erteilen. Die Mieter machen Angaben zu Wohnung und Mietvertrag in einem Online-Mietpreisrechner und erhalten eine Berechnung möglicher Ansprüche. Gegen ein Erfolgshonorar werden sie dann bei der Durchsetzung (vermeintlicher) Ansprüche unterstützt.

Das Landgericht Berlin beurteilte in zwei Entscheidungen die Kompetenzen des Unternehmens und die Auswirkung von Legal Tech in der Rechtsberatung gegensätzlich. Die 15. Kammer des Landgerichts Berlin wies eine Unterlassungsklage der Rechtsanwaltskammer Berlin gegen die Tätigkeit des Legal Tech-Unternehmens mit Urteil vom 15. Januar 2019 (Az: 15 O 60/18) überwiegend ab. Die Richter lehnten einen Verstoß des Unternehmens gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz ab. Sie sahen in der Anwendung des Online-Mietpreisrechners keine Rechtsdienstleistung, sondern einen bloßen Datenabgleich. Die übrige Tätigkeit des Unternehmens ist aus Sicht des Gerichts als genehmigte Inkassotätigkeit erlaubt.

Gänzlich anders beurteilte die 67. Kammer des Landgerichts Berlin die rechtliche Situation in einem Urteil vom 24. Januar 2019 (Az: 67 S 277/18). Die Richter bejahten das Vorliegen einer Rechtsdienstleistung, da eine einzelfallbezogene rechtliche Auskunft erteilt wird. Der Einsatz von Legal Tech rechtfertigt aus Sicht dieser Richter keine andere Beurteilung.

Auch die Inkassoerlaubnis des Unternehmens hielten die Richter nicht für ausreichend, da für die mietrechtliche Beratung Kenntnisse notwendig sind, die ein Inkassodienstleister nicht hat. Die Geltendmachung von Ansprüchen des Mieters durch das Unternehmen scheiterte.

Praxistipp:

Legal Tech ist auch im Mietrecht ein guter Ansatz, um Kosten und Aufwand der rechtlichen Beratung gering zu halten. Bei der Anwendung von Legal Tech durch Rechtsdienstleister gibt es allerdings nach wie vor keine Rechtssicherheit. Selbst verschiedene Kammern des Berliner Landgerichts vertreten völlig unterschiedliche Ansichten. Legal Tech-Unternehmen drängen deshalb zu Recht auf eine gesetzliche Klarstellung. Letztendlich wird Legal Tech im komplexen deutschen Mietrecht die anwaltliche Einzelfallprüfung ohnehin nicht vollständig ersetzen können, sondern lediglich ergänzen.