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16.06.2017

EuGH: Keine rechtserhaltende Benutzung einer Unionsindividualmarke für Gütezeichen

Ein aktuelles Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ist überaus relevant für alle Betreiber von Gütezeichen-Systemen, die ihre Gütezeichen auf sog. „Unionsindividualmarken“ stützen. Bei diesen Unionsindividualmarken handelt es sich im Gegensatz zu sog. „Unionskollektivmarken“ – vereinfacht ausgedrückt – um die „normalen“ Marken, die einem individuellen Markeninhaber zustehen und bei denen der Markeninhaber grundsätzlich frei darüber entscheiden kann, ob und – wenn ja – wem und unter welchen Bedingungen er ein Benutzungsrecht an seiner Marke in Form einer Markenlizenz einräumen will. In einem aktuellen Urteil des EuGH vom 8. Juni 2017 (C-689/15) hat dieser nunmehr entschieden, dass die Unionsmarkenverordnung (namentlich deren Artikel 15) dahingehend auszulegen sei, dass die durch den Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung durch einen Dritten erfolgende Anbringung einer Unionsindividualmarke auf Waren als Gütezeichen grundsätzlich keine rechtserhaltende Benutzung dieser Marke darstelle. Dies hat u.a. zur Folge, dass diese Marke nach Ablauf der fünfjährigen sog. „Benutzungsschonfrist“ auf Antrag eines beliebigen Dritten insoweit wieder aus dem Markenregister gelöscht wird, wie sie nicht rechtserhaltend benutzt worden ist.

Begründet hat der EuGH seine Entscheidung mit dem Abstellen auf die Hauptfunktion einer solchen Unionsindividualmarke, die darin bestehe, auf die Herkunft einer bestimmten Ware oder Dienstleistung aus einem einzelnen, bestimmten Unternehmen hinzuweisen (sog. „Herkunftsfunktion“). Ein Gütezeichen (im Streitfall ein solches für Waren aus Baumwolle zur Hervorhebung deren besonderer Qualität) weise – so der EuGH – jedoch nicht darauf hin, von welchem konkreten Hersteller die mit dem Gütezeichen beworbene Ware stamme.

Die Entscheidung muss wohl auch vor dem Hintergrund des am 1. Oktober 2017 in Kraft tretenden neuen Unionsmarkentyps, der sog. „Unionsgewährleistungsmarke“ gesehen werden. Als solche Unionsgewährleistungsmarken kann dann nämlich auch eine Marke angemeldet werden, die geeignet ist, „Waren oder Dienstleistungen, für die der Inhaber der Marke das Material, die Art und Weise der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen, die Qualität, Genauigkeit oder andere Eigenschaften – mit Ausnahme der geografischen Herkunft – gewährleistet, von solchen zu unterscheiden, für die keine derartige Gewährleistung besteht“ (Art. 74a Unionsmarkenverordnung). Eines Herkunftshinweises bezüglich eines einzelnen Unternehmens – wie bei Unionsindividualmarken erforderlich – bedarf es bei Unionsgewährleistungsmarken gerade nicht. Die aktuelle EuGH-Entscheidung wird aller Voraussicht nach die Attraktivität der neuen Unionsgewährleistungsmarke für Betreiber von Gütezeichen-Systemen deutlich erhöhen.

Autor/innen

Markus Brock

Dr. Markus Brock

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