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11.07.2022

Erbschaftsteuerbefreiung auch bei Übertragung eines Personengesellschaftsanteils unter aufschiebender Bedingung

Die Unternehmensnachfolge stellt eine der komplexesten Rechtsmaterien dar, weil neben erb-­, familien- und gesellschaftsrechtlichen Aspekten vor allem auch das Steuerrecht eine große Rolle spielt. Hierbei ergaben sich in der Vergangenheit wegen fehlender Abstimmung von Erbschaft- und Ertragsteuer zahlreiche, schwer aufzulösende Rechtsfragen und Zielkonflikte. Daher wurde von Seiten des Gesetzgebers 2009 versucht, diesen Konflikt mit einer breit angelegten, generellen Befreiung des ertragsteuerlichen Betriebsvermögens aufzulösen, indem bestimmte Betriebe und Gesellschaftsbeteiligungen mit dem Verkehrswert (erbschaftsteuerlich in § 9 BewG gemeiner Wert genannt) bewertet und im Rahmen der §§ 13 a, 13 b ErbStG von der Erbschaftsteuer freigestellt werden sollten. Dies führt allerdings zu verfassungsrechtlichen Problemen (vgl. BVerfG v. 17.12.2014 - 1 BvL 21/12), so dass umfassende Änderungen insbesondere in den §§ 13 a, 13 b ErbStG notwendig wurden. Seitdem bleibt der Wert von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen sowie Anteilen an Kapitalgesellschaften i. S. von § 13 b Abs. 4 ErbStG mit der Folge außer Ansatz, dass 85 Prozent des begünstigten Betriebsvermögens steuerfrei bleibt, wenn das Unternehmen fünf Jahre fortgeführt wird (sog. Verschonungsabschlag). Die restlichen 15 Prozent werden als nicht produktiv und folglich nicht begünstigt eingestuft.

Dabei war bisher ungeklärt, auf welchen Zeitpunkt die gesonderte Wertfeststellung des Betriebsvermögensanteils vorzunehmen ist, wenn Anteile an einer Personengesellschaft (insbesondere Kommanditgesellschaft (KG) und GmbH & Co. KG) entgeltlos, jedoch aufschiebend bedingt übertragen werden. Diese Frage hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit seinem nun veröffentlichten Urteil vom 1. September 2021 - II R 8/19 beantwortet und klargestellt, dass für den steuerrechtlichen Vollzugszeitpunkt maßgeblich ist, wann der zivilrechtliche Übergang des Mitgliedschaftsrechts wirksam wird. Sollte der Vollzug der Schenkung jedoch unter einer aufschiebenden Bedingung erfolgen, so wird die Zuwendung erst mit dem Eintritt dieser Bedingung ausgeführt, weshalb auf diesen Zeitpunkt eine Wertfeststellung vorzunehmen ist.

In der Praxis werden Beteiligungen an Personengesellschaften häufig unter aufschiebender Bedingung, insbesondere der Eintragung der Beteiligung als Kommanditist im Handelsregister, übertragen, weshalb die Schenkung auch erst mit Eintritt dieser Bedingung wirksam werden kann. Folglich hat die gesonderte Wertfeststellung auf den Tag zu erfolgen, an welchem der Vollzug der Schenkung erfolgt. Die besondere Bedeutung des BFH-Urteils ergibt sich nun vor allem für Fälle, in denen neben der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an einer Personengesellschaft auch Vermögen übertragen werden soll, welches aus steuerlicher Sicht zum Sonderbetriebsvermögen des jeweiligen Gesellschafters (Mitunternehmers) gehört. Damit auch für diese zusätzliche Übertragung von Sonderbetriebsvermögen die Steuerbegünstigung nach §§ 13 a, 13 b ErbStG greifen kann, muss dieses Vermögen zeitgleich mit der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung auf den Begünstigten übergehen. Bei isolierter Übertragung von Sonderbetriebsvermögen ist nämlich nach der BFH-Entscheidung vom 17. Juni 2020 - II R 38/17 eine Steuerbegünstigung ausgeschlossen.

Daher setzt die Steuerbegünstigung für die unentgeltliche Übertragung der Beteiligung an einer Personengesellschaft inklusive des übertragenen Sonderbetriebsvermögens jedenfalls auch voraus, dass sowohl die gesellschaftsrechtliche Beteiligung als auch das Sonderbetriebsvermögen gleichzeitig auf den Begünstigten übergehen. Dabei richtet sich die Beurteilung ausschließlich nach zivilrechtlichen Grund­sätzen. Sollte die Übertragung der Beteiligung an der Personengesellschaft dabei unter einer aufschiebenden Bedingung stehen, ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass auch das Sonderbetriebsvermögen erst mit Eintritt dieser Bedingung auf den Begünstigten übergeht.

Autor/innen

Thomas Hausbeck

Dr. Thomas Hausbeck

Partner

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