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23.03.2022

Ein Wegweiser zum Unternehmensverkauf

Die Unternehmensnachfolge kann sich zu einem drängenden Problem entwickeln, wenn eine familieninterne Übernahme oder die Weitergabe des Unternehmens an qualifizierte Beschäftigte als „interne Lösung“ ausscheiden. Sind keine geeigneten Kandidatinnen oder Kandidaten in Sicht, wird das Problem hinausgezögert – oft mit verhängnisvollen finanziellen Folgen. Denn aus Käufersicht sind meist nur die künftigen Markt- und Gewinnchancen relevant. Spätestens dann, wenn sich negative Geschäftsentwicklungen abzeichnen, sollte die Unternehmensnachfolge zeitnah zu akzeptablen Konditionen geregelt werden.

Berechtigterweise werden die Verkaufsabsichten in der Anfangsphase weder nach innen noch nach außen kommuniziert. Denn die Nachricht von Verkaufsplänen ohne eine bereits geregelte Nachfolge kann dazu führen, dass die verunsicherte Belegschaft sich anderweitig umsieht. Die Konkurrenz hingegen wird erfahrungsgemäß versuchen, die Verkaufsabsichten für eigene Zwecke zu nutzen. Es ist daher zweckmäßig, sich einem verlässlichen Dritten – Steuerberater, Rechtsanwalt, Banker, Unternehmensmakler – anzuvertrauen, der unter dem „Deckmantel der Anonymität“ potenzielle Interessenten sondiert. Mögliche Übernehmer können auf der gleichen Wirtschaftsstufe, aber auch unter Lieferanten oder Abnehmern zu finden sein. Auch ein Inserat in den einschlägigen Online-Foren kann potenzielle Interessanten ansprechen.

Ist der Schleier der Anonymität schließlich gelüftet und beide Parteien haben den Eindruck, dass es zu einem Vertragsschluss kommen könnte, werden zunächst die wesentlichen Eckpunkte der beabsichtigten Transaktion in einem sog. Letter of Intent (“LOI“) skizziert und fixiert. In Betracht kommt eine Veräußerung

  • von Geschäftsanteilen oder Kommanditbeteiligungen („Share Deal“);
  • des „aktiven Geschäftsbetriebes“ oder Teilen hiervon (Kundenstamm, Warenlager, Vertriebsorganisation) mit/ohne Forderungen und Verbindlichkeiten („Asset Deal“);
  • einer (i) Mehrheits- oder (ii) Minderheitsbeteiligung mit Sperrminorität von mehr als 25% Anteilen mit der Option für den späteren Erwerb der restlichen Anteile.

Darüber hinaus werden im LOI die Kriterien für die Kaufpreisfindung, die Einrichtung eines virtuellen Datenraums, der Zeitrahmen für die Due Diligence des potentiellen Erwerbers und dessen Zusicherung, Verschwiegenheit über die vom Verkäufer offengelegten Unterlagen und Informationen zu wahren, vereinbart.

Über die Jahresabschlüsse der i.d.R letzten drei Jahre und der BWA´s nebst Summen- und Saldenlisten des laufenden Geschäftsjahrs hinaus sind für den Käufer auch zahlreiche andere Einzelheiten von erheblicher Bedeutung. Auch wenn die Anforderungen an die im Rahmen der Due Diligence offen zu legenden Unterlagen sehr unterschiedlich sein können, haben potentielle Käufer einen stetig wachsenden Bedarf an umfassenden Informationen. Da die Verkäuferseite im Rahmen des Kaufvertrags vielseitige Garantien über die Richtigkeit der gelieferten Angaben abzugeben hat, sollten Informationen nicht vorenthalten werden.

Bei den Vertragsverhandlungen ist zu berücksichtigen, dass der inhaltlich unveränderte Übergang sämtlicher Arbeitsverhältnisse auf den Betriebserwerber nicht zur Disposition der Vertragsparteien steht und sowohl bei einem Asset- als auch bei einem Share-Deal zwingend ist. Hierbei sind sowohl arbeitsrechtliche Folgen eines Betriebsübergangs als auch die hiermit verbundenen Unterrichtungspflichten gegenüber den Beschäftigten zu beachten.

Da der Unternehmenskaufpreis von marktspezifischen als auch subjektiven Gesichtspunkten abhängt, gibt es für die Ermittlung des Unternehmenswertes in der betriebswirtschaftlichen Theorie zahlreiche Methoden und Formeln. Eine gängige Methode ist eine Kaufpreisermittlung nach IDW-Standards oder auf Basis eines Multiplikators des EBIT bzw. EBITDA des Unternehmens. Durch unterschiedliche Gestaltungen des Kaufpreises können Steuerlasten beträchtlich differieren. Eine steuerrechtliche Beratung bereits im Vorfeld und während des Veräußerungsprozesses ist daher stets anzuraten.

Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung und der unter Umständen weitreichenden Konsequenzen fehlerhafter, unklarer oder unvollständiger Regelungen ist insbesondere eine sorgfältige Vertragsabfassung sehr wichtig. Das gilt insbesondere für den Vertragsgegenstand, die Nebenabreden zum Kaufpreis, gegebenenfalls eine nachträgliche Kaufpreiserhöhung auf Basis künftiger Umsatz- und/oder Gewinnentwicklungen (sog. Earn-Out), Begrenzung der Haftung des/der Verkäufers/in und den Ausschluss eines Rücktrittsrechts.

Schließlich: Bei der Veräußerung von GmbH-Anteilen ist eine notarielle Beurkundung zwingend vorgeschrieben (andernfalls wäre ein solcher Kaufvertrag nichtig!). Bei einer Übertragung von Kommanditanteilen ist eine Beurkundung nur zwingend, wenn eine Immobilie Teil der Aktiva der KG ist.

Autor/innen

Frank Alen

Frank van Alen

Partner

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