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28.05.2020

Distressed M&A: Checkliste - Anpassung von M&A Verträgen

Im Zuge der weltweiten COVID-19-Pandemie haben sich zwar die M&A-Aktivitäten erheblich verlangsamt, jedoch ist nach einer Phase der Überprüfung mit einer erhöhten M&A-Aktivität zu rechnen. Ziel des Verkäufers ist nach wie vor, einen möglichst hohen Kaufpreis für sein Unternehmen zu erzielen, dessen Zahlung durch den Käufer abgesichert ist und gleichzeitig die eigene Haftung so weit wie möglich zu reduzieren. Der Käufer strebt hingegen nach einem möglichst geringen Kaufpreis und der Möglichkeit eines Rückgriffs beim Verkäufer, bzw. der nachträglichen Anpassung des Kaufpreises im Falle von möglichen Risiken, die sich nach dem Kauf verwirklichen.

    Mit Blick auf eine etwaige Wiederaufnahme von Transaktionen bzw. den Abschluss derzeit noch laufender Transaktionen, sollten die Beteiligten ihre Kauf- und Verkaufsvereinbarungen aktualisieren, um die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Geschäftslage des zu erwerbenden Unternehmens („Target“) und das neue „Dealmaking“-Umfeld zu berücksichtigen.

    Auf Grund dessen haben wir eine Checkliste für Unternehmens-Kaufverträge im neunen Marktumfeld erstellt, die einige wesentliche Verhandlungspunkte beleuchtet.

    1. Kaufpreisermittlung:

       

    • Kaufpreis: Neben einer besonders gründlichen Analyse des zugrundeliegenden Business Plans, dürften „Locked Box Verfahren“ aufgrund der zusätzlichen Risiken in der Regel nur dann geeignet sein, wenn der Zeitraum zwischen Bilanzstichtag und der Transaktion besonders kurz bemessen ist. Demgegenüber sollte regelmäßig trotz des zusätzlichen Aufwands auf die „Closing Accounts Methode“ zurückgegriffen werden.

    Bei „True Up Procedures“ sollte dem Käufer ausreichend Zeit vor dem Closing zur Überprüfung der vom Verkäufer gelieferten Zahlen zur Ermittlung des vorläufigen Kaufpreis gewährt werden.

    • Working Capital: Im Rahmen von „Working Capital Targets“ ist zu klären, welches der geeignet historische Zeitraum zur Bemessung des durchschnittlichen Working Capital Niveaus ist und welche künftigen Szenarien dabei berücksichtigt werden.
    • Accounting Principles: Bei der Berechnung von Working Capital, EBITDA etc. oder entsprechenden Zielen sollten alle Änderungen berücksichtigt werden, die als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie an den Standard-Buchhaltungspraktiken des Targets vorgenommen wurden (z.B. Behandlung von staatlichen Förderungen, die im Zusammenhang mit COVID-19 gewährt wurden). Käufer werden eine Anpassung des EBITDA erwarten, um durch COVID-19 bezogene Einnahmen und Gewinne auszuschließen. Verkäufer werden hingegen versuchen, das EBITDA anzupassen, um vorübergehende und einmalige Kosten auszuschließen.

    2. Representations and Warranties:

       
    Vor dem Hintergrund der aktuellen Krise sollten Käufer und Verkäufer die Ausgestaltung von Garantien genau prüfen, insbesondere solche, die sich auf die Werthaltigkeit von Vermögenswerten beziehen.

    • Kapitalisierung / Eigenkapital: Bestätigung des Eigenkapitals bzw. der Eigenkapitalquote durch den Verkäufer.
    • Zustimmungen: Verkäufer sollten bestätigen, dass alle erforderlichen Zustimmungen und Bekanntmachungen angemessen geplant sind, einschließlich derer, die sich auf Darlehen oder andere während der COVID-19-Pandemie unterzeichnete Verträge beziehen.
    • Jahresabschluss: Ferner sollten Verkäufer bestätigen, dass außergewöhnliche Maßnahmen, die während der Krise ergriffen wurden, ordnungsgemäß berücksichtigt wurden.
    • Forderungen / Verbindlichkeiten: Zusätzliche Prüfung der Forderungen und Verbindlichkeiten des Targets, insbesondere etwaiger Stundungen und Abschreibungen. Verkäufer sollten bereit sein, Rückstellungen für uneinbringliche Forderungen zu bilden.
    • Änderungen im Geschäftsbetrieb: Verkäufer sollten Angaben zu etwaigen Änderungen in den Geschäftsbereichen machen (z. B. eine Brennerei, in der während der Pandemie Desinfektionsmittel hergestellt wurden).
    • Wesentliche Verträge: Verkäufer sollten bestätigen, dass alle wesentlichen Verträge in vollem Umfang wirksam sind, keine Partei gegen diese Verträge verstößt und keine Kündigungsandrohungen vorliegen. Außerdem sind alle neuen Verträge miteinzubeziehen, die während der Pandemie geschlossen wurden, einschließlich staatlicher Darlehen.
    • Datenschutz: Durch das erweiterte Remote-Arbeiten werden Cyberangriffe wahrscheinlicher. Käufer sollten Sicherheitsverfahren und -praktiken sorgfältig prüfen und etwaige Schwachstellen durch ihre IT testen lassen.
    • Lieferketten: Käufer sollten angesichts der durch die Pandemie verursachten Versorgungsstörungen überlegen, ob neue Darstellungen hinzugefügt werden sollten, die sich mit der Lieferkette des Targets befassen.
    • Zusicherungen und Gewährleistungen des Käufers: Verkäufer sollten verstärkt auf eine Zusicherung der Solvenz durch den Käufer drängen.

    3. Closing Conditions and Terminations Rights:

       

    • Finanzierung: Käufer werden vermehrt auf eine Financing-Out-Vereinbarung drängen, wonach Käufer vom Vertrag zurücktreten können, wenn es ihnen nicht gelingt, die für die Fremdfinanzierung des Kaufpreises erforderlichen Darlehensmittel zu bekommen.
    • Zustimmung Dritter: Viele Unternehmen bewerten bestehende Verträge, um diejenigen zu identifizieren, die in der Zeit nach der COVID-19-Pandemie nicht mehr „marktfähig“ sind. Wenn ein Vertrag für eine Vertragspartei günstig ist, ist zu erwarten, dass der Transaktion zustimmt wird, in der Hoffnung, diese günstigen Bedingungen aufrechterhalten zu können. Anderenfalls ist bei langfristen Lieferverträgen zu erwarten, dass die Zustimmung an eine Neuausrichtung der Bedingungen gekoppelt ist.

    4. Indemnification:

       

    • Haftungsbeschränkungen: Es ist mit einer Verschiebung hin zu käuferfreundlicheren Entschädigungsbedingungen zu erwarten, insbesondere im Hinblick auf notleidende Targets.

    5. Post Closing Covenants

       

    • Arbeitsverhältnisse: Die Verpflichtung, dass der Käufer bestimmte Beschäftigungsbedingungen beibehält, ist ggf. im Hinblick auf die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie anzupassen.
    • Transitional Service Agreement: Anpassung von Post Closing TSA, wenn der Käufer aufgrund der COVID-19-Pandemie Schwierigkeiten hinsichtlich der Integration eines Unternehmens bekommen könnte, weil die meisten wichtigen Mitarbeiter zunächst nur remote arbeiten.

    6. Sonstiges

       

    • Höhere Gewalt: Zudem ist zu prüfen, inwieweit Bestimmungen, die eine Verzögerung der Erfüllung von Verpflichtungen bei Vorliegen höherer Gewalt erlauben, angemessen sind. Wenn solche Bestimmungen enthalten sind, sollte der Verkäufer versuchen, die Möglichkeit des Käufers zu begrenzen, das Closing während des Vorliegens von höherer Gewalt zu verzögern, wenn alle anderen Bedingungen für den Abschluss erfüllt sind.
    • Steuern: Verkäufer sollten offenlegen, ob Steuerstundungen über das Closing hinaus bestehen oder während der Krise andere steuerrelevante Maßnahmen erfolgt sind.
    • Versicherung: Zuletzt sollten Verkäufer darlegen, ob Versicherungsleistungen aufgrund der Corona-Krise geflossen sind bzw. ob etwaige Ansprüche gegenüber der Versicherung bestehen.

    Autor/innen

    Matthias Nordmann

    Dr. Matthias Nordmann

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    Martin Böttger

    Dr. Martin Böttger

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    Stephan Morsch

    Dr. Stephan Morsch

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    Marion Anzinger

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    Sebastian Wallwitz

    Dr. Sebastian Graf von Wallwitz

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