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14.04.2020

Der Vermieter in der Corona-Krise

Der Bundestag hat mit Datum vom 27. März 2020 das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (kurz: Gesetz zur Abmilderung der Folgen von COVID-19) beschlossen. In Art. 5, § 2 des Gesetzes ist geregelt, dass der Vermieter das Mietverhältnis wegen ausbleibender fälliger Mieten im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 nicht kündigen darf, wenn die Nichtleistung der Miete auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht.

Entgegen einer weit verbreiteten Meinung befreit das neue Gesetz den Mieter aber nicht von der Zahlungspflicht, sondern bewahrt ihn lediglich vor einer Kündigung, wenn die Zahlung pandemiebedingt in diesem kurzen Zeitraum ausbleibt.

Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber sehenden Auges das Liquiditätsrisiko durch ausbleibende Mietzahlungen quasi von dem Mieter auf den Vermieter abgewälzt. Nach dem Willen des Gesetzgebers erhält der Vermieter durch die weitere Regelung, nämlich Art. 5, § 3 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen von COVID-19, Hilfe, indem der Vermieter, wenn er beispielsweise sein Immobilieneigentum mittels eines Darlehens finanziert hat und zur Bedienung der Darlehenszinsen auf die Mieten zwingend angewiesen ist, auch die Darlehensraten aussetzen darf, wenn die Bedienung der Raten ebenfalls pandemiebedingt, also durch die fehlenden Mieten, nicht erfolgen kann.

Bei genauer Betrachtung zeigt sich allerdings eine klaffende Regelungslücke, denn Hand in Hand mit dem Mieterschutz sind allenfalls die Vermieter geschützt, die ihr vermietetes Eigentum mittels eines Darlehens finanziert haben.

Anders sieht dies aber aus, wenn die Immobilie der Vermieter nicht (mehr) finanziert ist und der Vermieter eben nicht von den Mieten ein immobilienbezogenes Darlehen bedienen muss:

Folgendes Beispiel mag die Situation verdeutlichen:

Einem selbständigen Handwerksmeister ist seitens der Politik über die Jahre und Jahrzehnte stets vermittelt worden, er solle sich vornehmlich selbst um seine Rente kümmern und sich nicht (allein) auf die staatliche Rente verlassen. Diesem Gedanken folgend hat er weniger eingezahlt und sich stattdessen zwei Immobilien angeschafft, die zum Renteneintritt abgezahlt sind und von deren Mieteinnahmen er dann im Ruhestand leben kann. Tatsächlich sind die Immobilien nun abgezahlt und der Handwerksmeister inzwischen im Ruhestand.

Bleiben jetzt pandemiebedingt Mietzahlungen aus, kann der der Handwerksmeister aus dem Beispiel den Ausfall eben nicht kompensieren, indem er die Zahlung von Darlehensraten im Sinne des Art. 5, § 3 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen von COVID-19 ebenfalls stoppt. Er fällt bei strikter Anwendung des Gesetzes streng genommen durch die Maschen.

Neben dem Beispiel mit dem pensionierten Handwerksmeister gibt es zahlreiche weitere Konstellationen, in denen ein Vermieter das Risiko von Mietausfällen letztlich allein trägt.

Der Vermieter beispielsweise, der nur eine Immobilie vermietet, die ebenfalls bereits abgezahlt ist, könnte sich u. U. auf einen wesentlichen Ausfall des Grundeinkommens berufen und so einen Antrag auf Soforthilfe stellen. Ob diese dann tatsächlich zugesprochen wird und wie rasch, kann derzeit nicht sicher beantwortet werden. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass alle 16 Bundesländer im Grunde ähnliche Antragsverfahren haben, diese dann aber letztlich doch unterschiedlich sind und sicherlich auch nicht gleichermaßen effektiv und rasch umgesetzt werden können.

Ob ein Vermieter unter die Soforthilfe eines Solo-Selbständigen fällt, dürfte davon abhängig sein, ob er tatsächlich von den Mieteinnahmen lebt oder ob es sich nur um einen (unwesentlichen) Nebenerwerb handelt.

Im Ergebnis sollte der Vermieter im Falle des Ausbleibens der Miete im fraglichen Zeitraum sich im Sinne des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie in jedem Fall nachweisen lassen, dass der Mietausfall tatsächlich pandemiebedingt erfolgt. Dies mag beispielsweise im Falle von einer gewerblich genutzten Ladenfläche, einer Boutique, die derzeit geschlossen ist, evident sein, kann aber bei einem anderen Gewerbe, das nur wenig eingeschränkt weiterhin tätig ist, oder einer zu Wohnzwecken vermieteten Einheit, durchaus fraglich sein.

Ebenso wie im Falle der geschlossenen Boutique, wo eine pandemiebedingte Einschränkung offensichtlich ist, dürfte bei einem Mieter, der schon im Ruhestand ist und uneingeschränkt weiterhin staatliche Rente bezieht, ebenso offensichtlich sein, dass Mietzahlung jedenfalls nicht pandemiebedingt ausbleiben.

Dazwischen befinden sich jedoch zahlreiche Fälle, die eben nicht eindeutig zu beurteilen sind.

Deshalb sollte sich der Vermieter folgende Fragen stellen und sich so an die Thematik herantasten:

  • Handelt es sich um einen Gewerberaum- oder um einen Wohnraummieter?
     
  • Bleibt die Mietzahlung tatsächlich pandemiebedingt aus? Hat der Mieter dies hinreichend glaubhaft gemacht?
     
  • Kann und sollte ein Wohnraummieter bei Zahlungsschwierigkeiten der Miete einen Antrag auf staatliches Wohngeld stellen, um das Liquiditätsrisiko nicht unnötigerweise auf den Vermieter zu übertragen?
     
  • Haben die Mieter im Falle eines Gewerbemietvertrages Anträge gestellt, um beispielsweise aus Notfallfonds für kleine und mittlere Unternehmen Zuschüsse zu erhalten, um dann auch Mieten zahlen zu können?

Sollten Sie als Vermieter durch ausbleibende Mieten Nachteile befürchten oder bereits erleiden, unterstützen wir Sie gern und versuchen, Sie mit unserem Immobilienrechts-Team so gut wie möglich in der Krise zu begleiten. Hierzu bieten wir Ihnen eine unverbindliche  und unbürokratische Erstberatung an – zum Festpreis.

Bitte schreiben Sie uns eine Email an corona@skwschwarz.de.

Stand: 15.04.2020

Autor/innen

Christine Lingenfelser

Christine Lingenfelser

Partnerin

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