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16.11.2018

Brexit – Take a deep breath – Atempause für IP Rechteinhaber?

Am 14.11.2018 haben die EU-Parteien offenbar einen Durchbruch bei den Verhandlungen über ein Austrittsabkommen erzielt. Der nunmehr bekanntgewordene Entwurf muss allerdings noch vom britischen Parlament sowie den 27 EU-Regierungschefs sowie dem EU-Parlament abgesegnet werden. In den Art. 54 ff. des Entwurfs ist zum Schicksal von EU-weiten Rechten des geistigen Eigentums u.a. folgendes geregelt:

Inhaber eingetragener Unionsmarken bzw. international registrierter Marken mit Benennung der EU werden zum Ablauf einer Übergangsphase bis 31.12.2020 automatisch zusätzlich Inhaber entsprechender nationaler Marken in Großbritannien, ohne dass es hierfür eines gesonderten Registrierungsprozesses bedarf. Die Umwandlung erfolgt ohne gesonderten Antrag, ist kostenfrei und genießt dasselbe Anmelde- bzw. Prioritätsdatum wie die entsprechende Unionsmarke oder die gegebenenfalls in Anspruch genommene Seniorität einer älteren britischen Marke. Verlängerungsdaten werden ebenfalls von der Unionsmarke übernommen.

Innerhalb der genannten Übergangsfrist wirken sich ferner amtliche oder gerichtliche Beschlüsse über die Löschung der Unionsmarke wegen Verfalls, Nichtigkeit oder Verletzung älterer Rechte automatisch auch auf die umgewandelte britische Marke aus, es sei denn, der Löschungsgrund liegt für das Vereinigte Königreich nicht vor. Ein gegen eine Unionsmarke gestellter Löschungsantrag wegen Nichtbenutzung kann allerdings bis zum Ende der Übergangsfrist nicht darauf gestützt werden, dass die Unionsmarke in Großbritannien nicht rechtserhaltend benutzt wurde.

Sofern eine Marke innerhalb der Europäischen Union Bekanntheit erlangt hat, gilt die Bekanntheit bis zum Ende der Übergangsfrist auch für die umgewandelte Marke in Großbritannien; ab dem 01.01.2021 müssen dann allerdings die Bekanntheitsvoraussetzungen gegebenenfalls auch dort nachgewiesen werden.

Entsprechende Übergangsvorschriften sieht der Entwurf unter anderem auch für Gemeinschaftsgeschmacksmuster, international registrierte Geschmacksmuster mit Benennung der EU, gemeinschaftliche Sortenschutzrechte sowie geographische Angaben bzw. Ursprungsbezeichnungen vor. Auch das nicht registrierte Gemeinschaftsgeschmacksmuster soll automatisch in ein entsprechendes zusätzliches nationales Pendant umgewandelt werden, dessen Dauer nach den nationalen Gesetzen mindestens so lange beträgt wie in Art. 11 Abs. 1 der Gemeinschaftsgeschmacksmuster-VO vorgesehen.

Innerhalb der Übergangsfrist eingereichte, aber nicht zur Eintragung bzw. Schutzbewilligung gelangte Anmeldungen von Unionsmarken oder Gemeinschaftsgeschmacksmustern, die daher nicht automatisch umgewandelt werden, können bis 30.09.2021 unter Beibehaltung des ursprünglichen Anmelde- oder Prioritätsdatums bzw. einer Seniorität erneut in Großbritannien zur Anmeldung gebracht werden.

Schließlich sieht der Entwurf vor, dass geistige Eigentumsrechte, die sowohl in der Union als auch im Vereinigten Königreich vor Ende der Übergangsfrist des 30.12.2020 nach den Voraussetzungen des EU-Rechts erschöpft waren, dies auch in beiden Territorien bleiben. Wird also ein mit der Marke versehenes Produkt mit Zustimmung des Inhabers bis Ende der Übergangsfrist innerhalb des EU 27-Territoriums in den Verkehr gebracht, bleiben die Markenrechte auch mit Wirkung für Großbritannien erschöpft.

Es bleibt abzuwarten, ob der Entwurf des Abkommens die letzten Hürden nimmt und den Rechteinhabern somit eine weitere – wenn auch kurze – Atempause für ihr IP-Rechtemanagement verschafft.

Autor/innen

Dorothee Altenburg

Dr. Dorothee Altenburg

Partnerin

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