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22.03.2019

Bereichsausnahme Rettungsdienst hat Bestand – SKW Schwarz vertritt DRK Solingen erfolgreich vor dem EuGH

Die Regelungen über die öffentliche Auftragsvergabe gelten nicht für Rettungsdienste gemeinnütziger Organisationen. Dies entschied gestern (21.03.2019) der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Rechtssache Falck Rettungsdienste GmbH u. a. gegen die Stadt Solingen (C-465/17). In dem Verfahren vertraten die SKW Schwarz Anwälte René M. Kieselmann und Dr. Mathias Pajunk das Deutsche Rote Kreuz, Kreisverband Solingen, als Verfahrensbeteiligte.

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2016 führte die Stadt Solingen eine Rettungsdienstausschreibung durch. Sie nutzte die „Bereichsausnahme Rettungsdienst“ und beteiligte nur gemeinnützige Hilfsorganisationen am Verfahren. Dagegen klagte der private Anbieter Falck. Das Oberlandesgericht Düsseldorf legte dem EuGH die Frage vor, wie die seit 2016 in deutsches Recht umgesetzte Bereichsausnahme (§ 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB) auszulegen ist. Strittig war u. a., ob Aufträge für Rettungsdienst inklusive Krankentransport unter den Begriff „Dienstleistungen der Gefahrenabwehr“ fallen. Das OLG wollte außerdem wissen, wie der Begriff „gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen“ auszulegen ist.

Der EuGH stellte in seinem Urteil fest, dass sowohl die Notfallrettung mit Rettungswagen (RTW) als auch der qualifizierte Krankentransport mit Krankentransportwagen (KTW) der Gefahrenabwehr zuzurechnen sind und unter die Bereichsausnahme fallen.

Schließlich kam der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen, deren Ziel in der Erfüllung sozialer Aufgaben besteht, die nicht erwerbswirtschaftlich tätig sind und die etwaige Gewinne für ihr Ziel reinvestieren, unter den Begriff „gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen“ im Sinne der betreffenden EU-Richtlinie fallen.

„Die Entscheidung bedeutet einen unerwartet klaren Sieg für die gemeinnützigen Hilfsorganisationen und für den Erhalt der überwiegend ehrenamtlich getragenen Aufwachskapazitäten der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr in Deutschland“, sagt René Kieselmann. „Die Kommerzialisierung von Rettungsdienstleistungen über das Vergaberecht wurde beendet.“ In den letzten Jahren gab es in Vergabeverfahren diverse Fehlsteuerungen. Diese hatten negative Auswirkungen auf das haupt- und ehrenamtliche Personal der Leistungsanbieter. „Die Entscheidung des EuGH klärt zudem Fragen, die nach dem Votum des Generalanwalts beim EuGH im November 2018 noch offengeblieben waren“, ergänzt Dr. Mathias Pajunk. Unklar war vor allem, ob der qualifizierte Krankentransport noch mit unter die Bereichsausnahme fällt, weil man ihn zur Gefahrenabwehr rechnet. Dies hat der Gerichtshof im Sinne der Hilfsorganisationen bejaht. René Kieselmann abschließend: „Nun ergibt sich die spannende Frage, wie außerhalb des Vergaberechts Aufträge vergeben werden. Wir favorisieren ein ‚Planungsmodell‘, in welchem – ohne die Nachteile von Ausschreibungen – Anreize für ein starkes Ehrenamt gesetzt werden.“

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René M. Kieselmann

René M. Kieselmann

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Mathias Pajunk

Dr. Mathias Pajunk

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