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23.04.2019

Auswirkungen des Geschäftsgeheimnisgesetzes auf die arbeitsrechtliche Praxis

Das Geschäftsgeheimnisgesetz zielt darauf ab, die Rechtsposition von Unternehmen – im Hinblick auf den Schutz vor Verletzung von Geschäftsgeheimnissen – zu stärken. Um diesen Schutz zu genießen, müssen Unternehmen jedoch neue Pflichten erfüllen. Die wirksame Nutzung arbeitsrechtlicher Gestaltungsmechanismen ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg der Umsetzung der neuen Vorgaben.

Bildrechte: Olivier Le Moal - fotolia.com

Der Bundestag hat am 21. März 2019, den Entwurf eines Geschäftsgeheimnisgesetzes (19/4724) angenommen.

§ 2 Nr. 1 GeschGehG:
„Im Sinne dieses Gesetzes ist Geschäftsgeheimnis eine Information, die

a) weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und
b) Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist“ 

Mit fast einjähriger Verspätung wird mit Verabschiedung des Gesetzes die europäische Geheimnisschutzrichtlinie (EU) 2016/943 in nationales Recht umgesetzt. Durch das Gesetz soll der Schutz vor Verletzungen von Geschäftsgeheimnissen erhöht werden. Dieser war in Deutschland bisher uneinheitlich geregelt. Es gab entsprechende Normen in den Strafvorschriften der §§ 17-19 UWG sowie im allgemeinen Deliktsrecht des BGB (§§ 823,826 BGB). Diese konnten den europäischen Vorgaben jedoch nicht gerecht werden.

Die zentrale Neuerung des Geschäftsgeheimnisgesetzes (GeschGehG) betrifft die einleitend dargestellte Legaldefinition von Geschäftsgeheimnissen. Ein Kernelement dieser und somit auch Voraussetzung eines umfassenden Schutzes nach dem neuen Gesetz, ist das Erfordernis „angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen“. Nach bisherigem Rechtsverständnis reichte es aus, dass hinsichtlich der unternehmensbezogenen Informationen ein subjektiver Geheimhaltungswille bestand, der sich objektiv manifestiert hatte.

Das ändert sich durch das neue Gesetz. Um in den Schutzbereich des GeschGehG zu gelangen, müssen Unternehmen nun angemessene Schutzmaßnahmen ergreifen und diese auch dokumentieren. Hierbei gilt die Faustformel: Je wichtiger eine Information für das Unternehmen ist, desto strenger sind die Anforderungen, welche an die zu treffenden Maßnahmen zur Geheimhaltung gestellt werden. Im Streitfall ist das Unternehmen hinsichtlich entsprechender Geheimhaltungsmaßnahmen darlegungs- und beweisbelastet.

Die unbefugte Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen stellt eine zentrale Gefahrenquelle für den Verlust von Know-how dar. In mehr als 70 % der Fälle sind die eigenen Arbeitnehmer hieran – bewusst oder unbewusst – beteiligt. Um den Schutz des GeschGehG zu genießen und somit künftig im Falle einer rechtswidrigen Nutzung Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche geltend machen zu können, müssen Unternehmen aktiv werden und angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen ergreifen. Hierbei empfiehlt sich ein dreistufiges Vorgehen. Zunächst sollten die im Unternehmen vorhandenen Geschäftsgeheimnisse identifiziert werden. Dann sollte eine Kategorisierung der Informationen in Geheimhaltungsstufen erfolgen. Diese kann z. B. nach der folgenden Einteilung vorgenommen werden: existenzielles Know-how – zentrales Know-how – sonstiges im Wettbewerb relevantes Know-how. Zuletzt folgt die Erarbeitung und Umsetzung von für die jeweilige Geheimhaltungsstufe angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen.

In vielen Beiträgen zu den Auswirkungen des GeschGehG wird das Augenmerk verstärkt auf die organisatorischen und vor allem technischen Maßnahmen gelegt, welche für einen angemessenen Geheimnisschutz sorgen können. Hierzu zählen bspw. die Einordnung der Arbeitnehmer nach bestimmten Geheimhaltungsstufen, die Implementierung von Zugriffsbeschränkungen sowie die Verschlüsselung von Datenträgern und der Kommunikation. Eine elementare Bedeutung für den Schutz des betrieblichen Know-hows hat darüber hinaus jedoch die Verschwiegenheitspflicht der Mitarbeiter. Diese kann durch arbeitsrechtliche Instrumente abgesichert werden. Entscheidend ist hierbei, ob noch ein Arbeitsverhältnis besteht oder ob es bereits beendet ist.

Grundsätzlich besteht auch ohne eine vertragliche Vereinbarung während des bestehenden Arbeitsverhältnisses eine Verschwiegenheitspflicht des Arbeitnehmers. Für die Praxis, insbesondere vor dem Hintergrund der neuen gesetzlichen Regelung, ist hingegen zu empfehlen die Verschwiegenheitsverpflichtung ausdrücklich zu regeln. Hierzu kann eine Verschwiegenheitsklausel in den Arbeitsvertrag aufgenommen bzw. eine vorhandene Klausel angepasst werden. Bei der Formulierung der vertraglichen Regelung ist zu beachten, dass sie im Hinblick auf die konkrete Information hinreichend bestimmt sein muss. Sog. „catch-all Klauseln“, wonach sämtliche dem Arbeitnehmer bekannt gewordenen Informationen als Geschäftsgeheimnisse zu werten und vertraulich zu behandeln sind, sind meist unwirksam.

Daneben kann auch der Abschluss von Verschwiegenheitsvereinbarungen (Non-Disclosure Agreements) das Bewusstsein der Mitarbeiter über das Bestehen und die Reichweite der Verpflichtung stärken. Diese können insbesondere auch für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschlossen werden. Wichtig ist hierbei die Grenze zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot nicht zu überschreiten. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn dem Arbeitnehmer insgesamt die Verwertung der im Rahmen des bisherigen Arbeitsverhältnisses erworbenen Kenntnisse verboten wird. Im Gegensatz zur nachvertraglichen Verschwiegenheitsvereinbarung ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur wirksam, wenn es die Vereinbarung einer Entschädigung enthält. Um die Abgrenzungsproblematik und die Gefahr der möglichen Unwirksamkeit der Vereinbarung zu umgehen, sollte die weitgehende nachvertragliche Verschwiegenheitsvereinbarung gleichzeitig die Voraussetzungen im Hinblick auf eine Entschädigung für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot erfüllen.

Zusätzlich kann es sinnvoll sein, die Arbeitnehmer in Form von Schulungen über die Rechtslage zu informieren und sie somit für die Thematik des Know-how Schutzes zu sensibilisieren. Wird die Schulung verbunden mit einer Weisung, die arbeitsrechtlichen Vorgaben einzuhalten und etwaige Richtlinien des Arbeitgebers am Arbeitsplatz umzusetzen, so unterliegt diese als Unterrichtung i.S.v. § 81 I BetrVG nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats.