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24.06.2016

Auswirkungen des Brexit auf Unionsmarken und EU-Designs

Die Briten haben abgestimmt und sich mit einer knappen Mehrheit von 51,9% dafür entschieden, die Europäische Union zu verlassen. Während gegenwärtig Ungewissheit über die konkreten Szenarien eines Austritts herrscht, insbesondere, ob Großbritannien möglicherweise Mitglied des EWR oder der EFTA werden wird, dürfte feststehen, dass das Vereinigte Königreich nach einem formellen Austritt nicht mehr von bisherigen gemeinschaftsweiten Rechten wie der Unionsmarke oder dem eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster (Design) umfasst sein wird.

Unternehmen, die weiterhin Schutz für ihre Kennzeichen und Designs in Großbritannien beanspruchen wollen, sollten daher beizeiten Vorkehrungen treffen und ihre Strategie entsprechend ausrichten.

1. Unionsmarken

Es ist anzunehmen, dass es, ähnlich wie bei der Aufteilung bzw. Neugründung von Nationalstaaten wie etwa Russland, Ukraine, Kasachstan oder Kosovo im Madrider Markensystem (IR-Marke) Übergangsfristen geben wird, während derer die Markeninhaber in der Lage sein werden, ihre Unionsmarke in Großbritannien in eine nationale Marke umzuwandeln und dabei die Priorität der ursprünglichen Unionsmarke aufrecht zu erhalten. Wie genau das Britische Markenamt diese Regelung umsetzen wird, ist ungewiss.

Anzunehmen ist allerdings, dass Unionsmarkenanmeldungen ab dem Zeitpunkt des formalen Austritts das Vereinigte Königreich nicht mehr umfassen werden. Vor diesem Hintergrund bietet es sich einmal mehr an, europäischen Markenschutz über eine IR-Marke zu erlangen, d.h. auf Basis einer vorangehenden nationalen Anmeldung. Im Rahmen der IR-Anmeldung kann neben der Europäischen Union u.a. auch Großbritannien benannt werden, ohne dass – wie etwa bei einer Umwandlung in ein nationales Recht – ein Inlandsvertreter eingeschaltet werden muss.

Weitere Folgen des Brexits betreffen die Rechtsdurchsetzung:

Insbesondere werden gemeinschaftsweite Unterlassungsklagen bzw. –Verfügungen nicht länger das Vereinigte Königreich mitumfassen. Vielmehr muss der Inhaber einer Gemeinschaftsmarke zwei Verfahren anstrengen, um die gesamte Europäische Union einschließlich Großbritannien abzudecken. Um eine bereits bestehende gemeinschaftsweite Unterlassungsverfügung aufrechtzuerhalten, muss ferner ein weiteres Verfahren eingeleitet werden, um eine Markenverletzung in Großbritannien ab dem Austritt zu verhindern.

Ferner wäre eine Gemeinschaftsmarke, die allein in Großbritannien benutzt wurde, künftig ggf. löschungsreif, sofern keine rechtserhaltende Benutzung in der restlichen EU innerhalb des relevanten Zeitraums stattgefunden hat.

Auch ein EU-weiter Grenzbeschlagnahmeantrag wird nach Austritt nicht mehr in Großbritannien wirken; hier ist ggf. ein nationaler Antrag zu stellen.

Schließlich müssen existierende oder künftige Lizenzverträge oder Abgrenzungsvereinbarungen, die Unionsmarken bzw. das Territorium der EU zum Gegenstand haben, untersucht und ggf. angepasst werden.

2. Eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster (Designs)

Entsprechendes gilt für Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Auch hier dürfte nach einem Austritt eine Umwandlung in ein nationales eingetragenes Design oder eine erneute Anmeldung eines Geschmackmusters in Großbritannien erforderlich werden.

Gleichermaßen wird das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster ab Austritt nur noch Schutz für das verbleibende Territorium der EU bieten, sofern es innerhalb der EU veröffentlicht wurde. Sofern die nationale britische Gesetzgebung nicht entsprechende Neuregelungen schafft, würden Designer innerhalb des Vereinigten Königreichs entsprechende nicht eingetragene Geschmacksmusterrechte verlieren.

Praxisempfehlung

Im Hinblick auf die erleichterten und in der Regel kosteneffizienteren Umwandlungsmöglichkeiten empfehlen wir, Marken, die Schutz in der EU einschließlich Großbritannien genießen sollen, künftig über eine internationale Registrierung anzumelden.

Bei künftiger Anmeldung bzw. Eintragung von europaweiten Designs ist dieser Weg leider nicht möglich, da Großbritannien bislang nicht Mitglied des Haager Abkommens ist. Daher muss neben einem Gemeinschaftsgeschmacksmuster künftig auch ein Design für Großbritannien national angemeldet werden, um einen entsprechenden territorialen Schutz zu erreichen.

Lizenz- und Abgrenzungsverträge, die EU-Marken oder Geschmacksmuster zum Gegenstand haben bzw. sich auf das Territorium der EU beziehen, sollten analysiert und ggf. durch zusätzliche verträgliche Regelungen angepasst werden.

Autor/innen

Dorothee Altenburg

Dr. Dorothee Altenburg

Partnerin

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