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06.07.2016

Anteilig gezahltes Weihnachts- und Urlaubsgeld kann auf den Mindestlohn anrechenbar sein

Zahlt ein Arbeitgeber vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Kalendermonat neben dem  Monatsgehalt 1/12 der Jahressonderzahlung und des Urlaubsgeldes, so sind diese zusätzlichen Zahlungen grundsätzlich auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechenbar.

BAG, Urteil v. 25.05.2016 – 5 AZR 135/16 Die Parteien haben einen Arbeitsvertrag geschlossen, der neben einem Monatsgehalt die Zahlung eines Urlaubs- sowie Weihnachtsgelds vorsieht. Im Dezember 2014 schloss die beklagte Klinik-Servicegesellschaft mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Auszahlung der Jahresssonderzahlungen und zahlte der Klägerin seit Januar 2015 jeden Monat neben dem Bruttogehalt in Höhe von EUR 1.391,36 je 1/12 des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes und damit insgesamt EUR 1.507,30 brutto aus.

Nach Auffassung der Klägerin sei darin ein Verstoß gegen die Vorgaben des MiLoG zu sehen. Sie verlangt, dass ihr Monatsgehalt und die Jahressonderzahlungen ebenso wie die vertraglich zugesagten Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns i.H.v. 8,50 EUR brutto/Stunde geleistet werden müssten.

Das ArbG hat die Klage abgewiesen. Das LAG hat der Klägerin Nachtarbeitszuschläge i.H.v. 0,80 EUR brutto zugesprochen und im Übrigen die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Revision der Klägerin blieb erfolglos.

Wie das BAG herausstellte, hat die Klägerin keinen Anspruch aus § 1 MiLoG auf Zahlung eines erhöhten Monatsgehalts, erhöhter Jahressonderzahlungen und erhöhter Lohnzuschläge.

Der gesetzliche Mindestlohn trete als eigenständiger Anspruch neben die bisherigen Anspruchsgrundlagen, verändere diese aber nicht.

Wie das BAG in der zu der Entscheidung vorliegenden Pressemitteilung herausgestellt hat, schuldet der Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde. Er erfüllt den Anspruch durch die im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis als Gegenleistung für Arbeit erbrachten Entgeltzahlungen, soweit diese dem Arbeitnehmer endgültig verbleiben. Die Erfüllungswirkung fehlt nur solchen Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung (z.B. § 6 Abs. 5 ArbZG) beruhen.

Der nach den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden bemessene Mindestlohnanspruch der Klägerin wurde nach Auffassung des Gerichts seitens der Beklagten erfüllt, da den vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Kalendermonat zu 1/12 geleisteten Jahressonderzahlungen Erfüllungswirkung zukommt.

Praxistipp:

Da die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg bestätigt wurde, ist davon auszugehen, dass nach Auffassung des BAG ebenfalls der Zweck der Zahlungen entscheidend ist. Will ein Arbeitgeber den Mindestlohnanspruch durch eine anteilige Auszahlung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes erfüllen, müssen diese Zahlungen zumindest auch eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeit darstellen. Dienen sie allein dazu, die Betriebstreue zu belohnen oder den Mehrbedarf in der Urlaubszeit zu decken, könnte eine Anrechnung auf den Mindestlohn hingegen problematisch sein.