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11.07.2023

Änderung der Rechtsprechung: Erleichterung bei ausländischen Vermächtnissen über inländische Immobilien

Folgen aus dem BFH Urteil vom 23.11.2022 – II R 37/19

Mit Urteil vom 23.11.2022, Az. II R 37/19, hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass ein Vermächtnis als schuldrechtlicher Anspruch kein inländisches Grundvermögen im Sinne von § 121 Nr. 2 BewG darstellt, auch wenn der Vermächtnisanspruch auf Übertragung eines im Inland belegenen Grundstücks gerichtet ist.

Dem Urteil des FG München lag folgender Fall zugrunde: Im Wege eines Vermächtnisses übertrag eine Tante von Todes wegen ihrer Nichte ein in Deutschland belegenes Grundstück. Weder die Tante, noch die Nichte hatten einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und es lag auch kein Fall einer nachlaufenden Erbschaftsteuerpflicht vor. Entscheidend war damit die Rechtsfrage, ob ein Fall der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht in Deutschland gegeben ist. Dies ist anhand des abschließenden Katalogs von Inlandsvermögen gem. § 121 BewG zu bestimmen. Vorliegend war daher die Frage zu klären, ob ein Vermächtnis, welches auf die Übertragung eines im Inland gelegenen Grundstücks gerichtet ist, einem inländischen Grundstück für diese Zwecke gleichsteht, da § 121 Nr. 2 BewG (nur) inländische Grundstück nennt, aber keine Ansprüche, welche auf die Übertagung inländischer Grundstücke gerichtet sind.

Das Finanzamt hatte im Fall diese Frage bejaht und einen entsprechenden Erbschaftsteuerbescheid erlassen. Die Klägerin im Fall hatte gegen diesen Bescheid Einspruch eingelegt und nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung Klage zum Finanzgericht München erhoben. Das FG München folgte in seiner ablehnenden Entscheidung der Ansicht des Finanzamts. Der BFH hob nun in seiner Entscheidung das Urteil des FG München, die Einspruchsentscheidung und den Steuerbescheid auf und stellte klar, dass vorliegend keine deutsche Erbschaftsteuerpflicht gegeben war.

Der BFH hob in seinem Urteil auch noch hervor, dass der an einer früheren Entscheidung vom 10.5.2017, II R 53/14, nicht mehr festhalte, da er die Rechtslage dort noch anders beurteilt hatte. Diese Rechtsprechungsänderung ist zu begrüßen, da sie – wie auch sonst im Erbschaftsteuerrecht üblich – dem Zivilrecht folgt. Und zivilrechtlich handelt es sich bei einem Vermächtnis eben gerade um einen schuldrechtlichen Anspruch des Vermächtnisnehmers gegen den (oder die) Erben. Dieser muss zwar dann dinglich erfüllt werden, aber Gegenstand des erbschaftsteuerlichen Erwerbs, und damit der Erbschaftsteuer, ist ausschließlich der schuldrechtliche Anspruch. Der BFH betont in seiner Entscheidung zu Recht, dass die Grenze jeder möglichen Auslegung der Wortlaut der Vorschrift darstellt und Verschaffungsansprüche gerade nicht von § 121 BewG erfasst sind.

Der Streitfall spielte im Jahre 2013. Der BFH hat daher in seinem Urteil eine für die Praxis wichtige Einschränkung gemacht. Er hat ausdrücklich offengelassen, wie er in einem Fall nach dem Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung, d.h. nach dem 17.08.2015 entscheiden würde, wenn nach ausländischem Recht ein Vermächtnis unmittelbar dingliche Wirkung entfaltet und das deutsche Recht diese ausländische Rechtslage anerkennen muss.

Autor/innen

Heiko Wunderlich

Heiko Wunderlich

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