Alle News & Events anzeigen

04.02.2020

Arbeit 4.0: Der Einsatz digitaler Signaturen im Arbeitsverhältnis

Dr. Martin Greßlin, LL.M. und Alexandra Meyer, LL.M.

Der digitale Wandel und die Globalisierung machen auch vor dem Arbeitsverhältnis keinen Halt. Immer weiter wächst der Wunsch, Verträge oder andere Vereinbarungen in Sekundenschnelle weltweit zu versenden und vor allem zu unterzeichnen. Eine einfache Lösung für dieses Problem scheint die Verwendung digitaler Signaturen zu sein.

Gerade bei der Begründung und Durchführung von Arbeitsverhältnissen ist hier jedoch zumindest eine gewisse Achtsamkeit geboten. In einigen Fällen schreibt das Gesetz die Schriftform vor, die nur zum Teil mit einer sog. qualifizierten elektronischen Signatur ersetzt werden kann. Zum Teil ist die elektronische Form sogar gänzlich ausgeschlossen.

Arten der elektronischen Signatur

Grundsätzlich wird zwischen drei Arten der digitalen Signatur unterschieden:

– (Einfache) elektronische Signatur

– Fortgeschrittene elektronische Signatur

– Qualifizierte elektronische Signatur

Jede dieser drei Signaturen ist an verschiedene Voraussetzungen geknüpft, die verschiedenen Sicherheitsstufen entsprechen. Die Anforderungen, die an die jeweilige Signatur gestellt werden, ergeben sich aus der europäischen eIDAS Verordnung. Aufgrund ihres Charakters als Verordnung gilt sie ohne weitere Umsetzung des deutschen Gesetzgebers unmittelbar.

Nach der gesetzlichen Definition sind (einfache) elektronische Signaturen Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet (Art. 3 Nr. 10 eIDAS-VO). Dies kann bspw. bereits bei einer E-Mail-Signatur oder einer eingescannten Unterschrift der Fall sein.

Für die fortgeschrittene elektronische Signatur sind deutlich gesteigerte Anforderungen zu erfüllen. So muss diese Signatur eindeutig dem Unterzeichner zugeordnet werden können und die Identifizierung des Unterzeichners ermöglichen (Art. 3 Nr. 11, 26 eIDAS-VO). Außerdem muss gewährleistet sein, dass nachträgliche Änderungen erkannt werden können.

Die qualifizierte elektronische Signatur (Art. 3 Nr. 12, 15, 23 eIDAS-VO) muss alle Merkmale der fortgeschrittenen Signatur aufweisen. Zusätzlich muss sie von einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt worden sein und auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen beruhen. Qualifizierte Zertifikate können wiederum nur von sog. Vertrauensdiensteanbietern ausgestellt werden, die den Antragsteller anhand geeigneter Kriterien identifizieren. Sie können außerdem nur an natürliche Personen ausgestellt werden, nicht etwa an juristische Personen wie eine GmbH oder Aktiengesellschaft. Eine Liste der deutschen Vertrauensdiensteanbieter findet sich auf der Homepage der Bundesnetzagentur.

Schreibt das Gesetz die Schriftform – also die eigenhändige Unterschrift vor – kann diese allenfalls durch die qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden. Denn nur die qualifizierte elektronische Signatur erfüllt die Anforderungen an die sog. elektronische Form nach § 126a BGB. Die elektronische Form ist wiederum als Alternative zur Schriftform gesetzlich zulässig, wenn sich nicht aus den gesetzlichen Vorschriften etwas anderes ergibt. 

Auswirkungen auf die arbeitsvertragliche Praxis

Grundsätzlich können Arbeitsverträge und Änderungsvereinbarungen formfrei geschlossen werden, das heißt den Parteien steht es auch frei, auf welche Art sie (elektronisch) signieren. Denkbar ist damit zum Beispiel der Arbeitsvertragsschluss mittels fortgeschrittener elektronischer Signatur.

Im Arbeitsrecht gibt es allerdings eine Vielzahl an Erklärungen und Vereinbarungen, für die der Gesetzgeber die Schriftform vorgesehen hat. Einige wichtige Beispiele sind:

– Ablehnung eines Antrags auf Teilzeitarbeit

– nachvertragliche Wettbewerbsverbote

– Verträge zwischen Verleiher und Entleiher bei Arbeitnehmerüberlassung

Diese Erklärungen und Vereinbarungen können neben der eigenhändigen Unterschrift jedenfalls nach überwiegender Auffassung nur mittels der qualifizierten elektronischen Signatur wirksam digital unterschrieben werden. Wird die nötige Form nicht gewahrt, ist die jeweilige Erklärung oder Vereinbarung grundsätzlich nichtig.

In manchen Fällen ist sogar der Ersatz der Schriftform durch die elektronische Form komplett ausgeschlossen. Die wichtigsten Beispiele sind:

– Kündigungen

– Aufhebungsverträge

– Angaben nach dem Nachweisgesetz

In diesen Fällen ist zwingend eine eigenhändige Unterschrift notwendig; sie kann nicht einmal durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden. Nach dem Gesetz (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nachweisgesetz) ist der Arbeitgeber verpflichtet, spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Geschieht dies nicht, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Nachholung der Nachweispflichten und ggf. Schadensersatz. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Ansprüche geltend gemacht werden und eine Verletzung der Nachweispflichten tatsächlich Konsequenzen haben, dürfte sich jedoch – vor allem im laufenden Arbeitsverhältnis – in Grenzen halten.

Deutlich gravierender wirken sich Formverstöße bei einer Kündigung oder einem Aufhebungsvertrag aus. Werden diese lediglich elektronisch signiert, sind sie formunwirksam und damit nichtig. Dies führt zunächst dazu, dass das Arbeitsverhältnis inklusive des Vergütungsanspruchs weiter besteht. Bei einer außerordentlichen Kündigung kann dies sogar so weit führen, dass die Zwei-WochenFrist für die außerordentliche Kündigung verstreicht. Dann gilt nicht nur das Arbeitsverhältnis weiter, sondern für die aktuell im Raum stehende Pflichtverletzung kann die außerordentliche Kündigung nicht einmal mehr nachgeholt werden.

Sonderfall Befristung

Eine Besonderheit besteht schließlich bei befristeten Arbeitsverhältnissen. Eine wirksame Befristung fordert in jedem Fall die Einhaltung der Schriftform (§ 126 BGB). Ob hier die qualifizierte elektronische Signatur zulässig ist, ist in der Literatur umstritten und wurde vom Bundesarbeitsgericht bislang nicht entschieden. Auch wenn sehr gute Argumente für die Anwendbarkeit der elektronischen Form sprechen, besteht für die betriebliche Praxis bis zu einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts eine erhebliche Rechtsunsicherheit.

Rechtsfolge eines formunwirksam geschlossenen befristeten Arbeitsvertrages wäre, dass die Befristungsabrede nichtig ist – nicht aber der gesamte Vertrag. Damit wäre ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit dem jeweiligen Arbeitnehmer entstanden. Vorsichtige Arbeitgeber werden deshalb sicherheitshalber Abstand von der elektronischen Signatur für Befristungen nehmen.

Praktische Anwendungsfälle sind einerseits die klassischen Fälle der Befristung, wie bspw. zur Vertretung eines Mitarbeiters in Elternzeit oder die sachgrundlose Befristung bis zu einer Dauer von zwei Jahren. Häufig enthalten vermeintlich unbefristete Arbeitsverträge aber zudem eine Klausel, nach der das Arbeitsverhältnis automatisch mit Erreichen der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rente des Arbeitnehmers enden soll. Nach einer jüngeren Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich hierbei ebenfalls um eine formbedürftige Befristung des Arbeitsvertrages.

Wenngleich derzeit nicht absehbar ist, ob sich diese Entscheidung zu einer gefestigten Rechtsprechung entwickeln wird, werden vorsichtige Arbeitgeber an der klassischen Schriftform festhalten. Das Risiko der Verwendung einer elektronischen Signatur tritt dann praktisch zu Tage, wenn möglicherweise erst nach vielen Jahren die vereinbarte Altersgrenze erreicht wird und dann Streit darüber entsteht, ob eine Befristung vorliegt und falls ja, ob die nötige Form gewahrt wurde.

Fazit

Elektronische Signaturen sind aus dem Geschäftsalltag nicht mehr wegzudenken und haben dementsprechend auch Einzug in die Personalarbeit gefunden. Insbesondere bei gänzlich formfreien Vereinbarungen stellen elektronische Signaturen eine praktikable Alternative zur papierbasierten Unterschrift dar. Bei Vereinbarungen, die einer Formvorschrift unterliegen, ist jedoch penibel auf die Einhaltung der korrekten Art der Unterschrift zu achten. Dies gilt vor allem für Kündigungen und Aufhebungsverträge, die zwingend der Schriftform unterliegen. Bei befristeten Verträgen setzt der Einsatz der elektronischen Signatur eine gewisse Risikobereitschaft des Arbeitgebers voraus. Vorsichtige Arbeitgeber werden bei Befristungen weiterhin auf die altbewährte eigenhändige Unterschrift zurückgreifen.

Veröffentlicht im Newsletter Süßwarenindustrie Spezial – Ausgabe 2020.

Autor/innen

Martin Greßlin

Dr. Martin Greßlin

Partner

Profil anzeigen