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07.06.2019

Vorsicht bei der Errichtung einer ausländischen Stiftung (hier: Stiftung in Liechtenstein) – weitreichende steuerrechtliche Folgen bei einer „unglücklichen“ Gestaltung der Stiftungs-Statuten

zugleich Anmerkung zu BFH, Urteil vom 05.12.2018 - II R 9/15

Im vom Bundesfinanzhof („BFH“) zu entscheidenden Fall ging es um die Frage, ob das gesamte Vermögen einer in Liechtenstein errichteten Stiftung als steuerpflichtiger Erwerb nach deutschem Erbschaftsteuergesetz („ErbStG“) zu versteuern ist. Erbe war eine natürliche Person, Erblasserin die Stifterin. Die Erblasserin hatte im Jahr 1999 Vermögen auf eine neu zu gründende Stiftung in Liechtenstein übertragen. Der Erbe hoffte aufgrund des Erbfalls lediglich in die Position des Begünstigten der Stiftung „einzurücken“, nicht aber das Gesamtvermögen der in Liechtenstein belegenen Stiftung in Deutschland versteuern zu müssen. In diesem Fall wäre Erbschaftsteuer zu entrichten, ohne, dass es zu einem Mittelzufluss beim Erben gekommen ist, denn das Vermögen der liechtensteinischen Stiftung war auch nach dem Erbfall unverändert bei der Stiftung „gebunden“.

Das Erbschaftsteuerfinanzamt des Erben hatte eine Besteuerung des gesamten Vermögens der Stiftung vorgenommen. Der Erbe hat hiergegen geklagt. Sowohl das Finanzgericht Münster, als Vorinstanz, als auch der BFH haben die Besteuerung jedoch für rechtmäßig erachtet und die Klage des Erben gegen die Festsetzung von Erbschaftsteuer abgewiesen. Aus der Urteilsbegründung des BFH wird ersichtlich, dass die – für den Erben äußerst nachteilige – Besteuerung des Gesamtvermögens der Stiftung aufgrund einer insoweit „unglücklichen“ Gestaltung der Stiftungs-Statuen eingetreten ist.

Vom BFH wurde eine zweistufige Prüfung der Statuten vorgenommen:

  1. Zunächst wurde gefragt, ob aufgrund der Statuten eine transparente oder intransparente Stiftung gegeben ist. Vermögen einer intransparenten (= selbstständigen) Stiftung gehört nicht zum Vermögen des Stifters und kann damit auch nicht Gegenstand der Erbmasse bei dessen Versterben sein. Bei der transparenten (unselbstständigen) Stiftung dagegen wird das Vermögen weiterhin dem Stifter zugerechnet. Im Streitfall waren dem Stifter nach den getroffenen Regelungen in den Statuten bzw. Beistatuten „umfassende Herrschaftsbefugnisse“ über das Vermögen der Stiftung vorbehalten. Die Stiftung war insofern gehindert, über das ihr übertragene Vermögen tatsächlich und frei zu verfügen. Aufgrund dessen sah der BFH das Vermögen der Stiftung weiterhin als dem Stifter zu zurechnen an und bejahte damit eine transparente bzw. unselbstständige Stiftung.

    Herrschaftsbefugnisse“ in diesem Sinne ergeben sich z.B. durch den Vorbehalt des Stifters in Bezug auf Entscheidungen über Anlage und Verwendung des Vermögens, die Möglichkeit, die Rückübertragung des Vermögens verlangen zu können oder die Vereinbarung umfassender Weisungsbefugnisse des Stifters gegenüber dem Stiftungsrat.
     
  2. Die Regelung solcher „Herrschaftsbefugnisse“ allein bedeutete jedoch noch nicht die Zuordnung des Vermögens der Stiftung zur Erbmasse und damit die Besteuerung mit Erbschaftsteuer. Der BFH prüfte die Statuten der Stiftung in einer zweiten Stufe noch dahingehend, ob die „Herrschaftsbefugnisse“ als vererblich anzusehen sind. Grundsätzlich sind entsprechende Befugnisse des Stifters nicht vererblich, sondern erlöschen mit dem Tod des Stifters. Damit entfällt dann zugleich auch mit dem Tod des Stifters die Zurechnung des Stiftungsvermögens beim Stifter. Rechtsnachfolger des Stiftungsvermögens ist in diesem Fall die Stiftung selbst und nicht der Erbe des Stifters. Dieser kann jedoch Begünstigter der Stiftung sein, soweit wiederum entsprechende Regelungen in den Stauten getroffen sind.

    Nach den Feststellungen des BFH in der zweiten Prüfungsstufe waren die geregelten „Herrschaftsbefugnisse“ in den Statuten jedoch so ausgestaltet, dass von deren Vererblichkeit auszugehen war. Damit ist der Erbe auch in Bezug auf die Sonderregelungen für die Stifterin in deren Position eingetreten, mit der Folge, dass das gesamte Vermögen der Stiftung als steuerpflichtiger Erwerb anzusetzen war. Ausschlaggebend für die Annahme der Vererblichkeit waren nach BFH Regelungen in den Statuten, wonach die Stifterin unter bestimmten Voraussetzungen z.B. die Auskehrung des Stiftungsvermögens verlangen konnte oder die Befugnis hatte, Statuten und Beistatuten der Stiftung zu ändern.

Fazit:

Die Gestaltung der Statuten einer ausländischen Stiftung (hier: Stiftung in Liechtenstein) hat somit für die Besteuerung des Stifters zu seinen Lebzeiten, insbesondere aber auch für die Besteuerung bei dessen Erben eine ganz erhebliche Bedeutung. Bei den zu treffenden Regelungen ist somit stets abzuwägen zwischen der Umsetzung der Wünsche des Stifters bzgl. einer Einflussnahme auf „seine“ Stiftung und den steuerlichen Folgen, die hieraus zwangsläufig entstehen werden.