Alle News & Events anzeigen

03.04.2017

Schadensersatzanspruch bei falscher Auskunftserteilung durch den Arbeitgeber

Ein Schadensersatzanspruch wegen unzutreffender Auskunftserteilung kommt nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer entweder auf ausdrückliches Verlangen nach Informationen falsch informiert oder wenn er ihn im Rahmen von Verhandlungen über Vertragsänderungen, die der Arbeitgeber initiiert hat, falsch berät.

BAG, Urteil v. 15.12.2016 – 6 AZR 578/15 Der Kläger ist bei der Beklagten als Geschäftsstellenleiter einer Agentur für Arbeit beschäftigt und bezog seit 2006 eine tarifliche Funktionszulage. Im Jahr 2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sich auch nach der Neuverhandlung des Funktionsstufenkataloges mit den Tarifvertragsparteien eine Änderung der Bezüge für den Kläger nicht ergebe. Während des Zeitraums Januar 2010 bis Januar 2014 zahlte die Beklagte eine tarifliche Funktionszulage versehentlich nicht, obwohl sie dem Kläger zustand. Nachdem die Beklagte dem Kläger im Januar 2014 mitgeteilt hatte, dass die Funktionszulage künftig entfalle, machte der Kläger die Nachzahlung der Zulage geltend, die daraufhin nur für den Zeitraum bis einschließlich Juli 2013 erfolgte. Im Übrigen berief sich die Beklagte auf eine tarifliche Ausschlussfrist. Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte könne sich nicht auf den Verfall des tariflichen Anspruchs auf Zahlung der Funktionsstufe berufen und sei zum Schadenersatz wegen der fehlerhaften Erteilung der Auskunft im Jahr 2010 verpflichtet.

Der Kläger beantragte mit der Klage, die Beklagte zu verurteilen, die Funktionszulage für den Zeitraum Januar 2010 bis Juli 2013 nachzuzahlen.


Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Die Revision des Klägers blieb ohne Erfolg. Nach Ansicht des Senats ist der geltend gemachte Nachzahlungsanspruch aufgrund der tariflichen Ausschlussfrist verfallen.

Das Bundesarbeitsgericht führt aus, dass es Sache des Arbeitnehmers sei, sich über die Rechtslage hinsichtlich eines Anspruchs und des Ablaufs einer Ausschlussfrist selbst zu informieren, da im Arbeitsverhältnis aufgrund der im Zivilrecht geltenden Privatautonomie jede Partei für die Wahrnehmung ihrer Interessen grundsätzlich selbst zu sorgen habe.

Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gegen das Berufen des Arbeitgebers auf die Ausschlussfrist sei nur dann erfolgreich, wenn es der Arbeitgeber pflichtwidrig unterlässt, dem Arbeitnehmer Umstände mitzuteilen, die ihn zur Einhaltung der Frist veranlasst hätten. Der Arbeitgeber sei hingegen nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer auf tarifliche Änderungen hinzuweisen. Zwar habe die Beklagte den Kläger im Jahr 2010 „überobligatorisch“ von sich aus über die Auswirkungen der Tarifänderung auf sein Arbeitsverhältnis informiert. Da sie jedoch hierzu nicht verpflichtet war, stelle die gleichwohl erteilte Information - auch wenn sie unvollständig war - kein pflichtwidriges Unterlassen dar.

Wie das Bundesarbeitsgericht herausstellt, ergibt sich auch kein Schadensersatzanspruch aus der Erteilung einer falschen Auskunft. Erteilt der Arbeitgeber Auskünfte, müssen diese richtig, eindeutig und vollständig sein, andernfalls haftet der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer für Schäden, die aufgrund der schuldhaft erteilten fehlerhaften Auskunft entstehen. Die Information der Beklagten aus dem Jahr 2010 stelle aber keine Auskunft dar, da hierfür erforderlich sei, dass der Kläger ein gesteigertes Informationsbedürfnis zu erkennen gibt. Dies könne sich aus einem ausdrücklichen Verlangen des Arbeitnehmers oder im Rahmen von Vertragsverhandlungen, die auf Initiative des Arbeitgebers geführt werden, ergeben. Beides sei vorliegend nicht gegeben.

Praxistipp:

Um das Entstehen von Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers zu vermeiden, sollte der Arbeitgeber auf die unaufgeforderte Erteilung von Auskünften verzichten oder deren Richtigkeit, Eindeutigkeit und Vollständigkeit sicherstellen. In die Risikosphäre des Arbeitnehmers fällt hingegen die rechtzeitige Geltendmachung seiner Ansprüche und die Wahrung der Ausschlussfristen.