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04.04.2018

Mündlich ausgesprochene Kündigung des Arbeitnehmers formnichtig

Eine mündlich ausgesprochene Eigenkündigung des Arbeitnehmers ist formnichtig; die Berufung auf die Formnichtigkeit ist selbst dann möglich, wenn während eines Zeitraums von 2 Wochen der Arbeitnehmer die Eigenkündigung 4-mal, zum Teil auf ausdrückliche Nachfrage, bestätigt.

LAG Hamm, Urteil v. 28.04.2017 – 1 Sa 1524/16 Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer mündlich ausgesprochenen Eigenkündigung des Arbeitnehmers. Nach dem Vortrag des Arbeitgebers hat der Arbeitnehmer mündlich eine Eigenkündigung ausgesprochen. Diese mündliche Kündigung habe er 2-mal gegenüber anderen Arbeitnehmern des Arbeitgebers bestätigt. Da der Arbeitnehmer als Fahrer beschäftigt war, wollten Vertreter des Arbeitgebers das überlassene Fahrzeug beim Arbeitnehmer abholen. Im Rahmen dieser geplanten Fahrzeugübergabe habe der Arbeitnehmer erklärt, dass er doch gerne weiter beschäftigt werden würde. Auf diese Erklärung hin sei der Arbeitnehmer erneut befragt worden, ob er an der Eigenkündigung festhalte. Dies habe er erneut bestätigt. Der Arbeitgeber verfasste dann ein Kündigungsbestätigungsschreiben, bei dessen Übergabe der Arbeitnehmer erneut bestätigt habe, dass er gekündigt habe – unterschrieben hat der Arbeitnehmer das Schreiben jedoch nicht. Wenige Wochen später begehrte der Arbeitnehmer die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch seine Erklärung aufgelöst worden ist. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht gaben der Klage statt.

Das LAG führte zunächst – wenig überraschend – aus, dass mündlich ausgesprochene Kündigungen nach den §§ 125, 126 BGB nichtig sind, weil sie nicht dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB genügen. Nach dem LAG sei die Berufung des Arbeitnehmers auf diese Formnichtigkeit auch unter Berücksichtigung des – zunächst einmal als unstreitig unterstellten – Sachverhalts nicht treuwidrig. Vielmehr stelle die Berufung auf die fehlende Schriftform erst dann eine unzulässige Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens dar, wenn die Berufung auf die Formunwirksamkeit für die Partei, die von den Konsequenzen der Formunwirksamkeit betroffen ist, nicht nur hart, sondern schlechthin untragbar wäre.

Dem Arbeitnehmer könne der Einwand treuwidrigen Verhaltens nur dann entgegengehalten werden, wenn der Arbeitgeber als Erklärungsgegner einen besonderen Grund hatte, auf die Gültigkeit der Erklärung trotz des Formmangels zu vertrauen und sich der Erklärende mit der Berufung auf den Formmangel zu seinem eigenen vorhergehenden Verhalten in Widerspruch setzt. Das könne nur dann angenommen werden, wenn der Erklärende seinen Willen mit ganz besonderer Verbindlichkeit und Endgültigkeit mehrfach zum Ausdruck gebracht und damit einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen habe.

Erstaunlicherweise sah das LAG Hamm diese Voraussetzungen vorliegend nicht als erfüllt an. Vielmehr habe gerade die Erklärung des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit der geplanten Fahrzeugabholung gezeigt, dass er doch am Arbeitsverhältnis festhalten wolle. Dies führe dazu, dass kein Vertrauenstatbestand beim Arbeitgeber dahingehend entstehen könne, dass der Arbeitnehmer endgültig und mit ganz besonderer Verbindlichkeit an seinem Beendigungswunsch festhalten wolle.

Zudem lagen nach Auffassung des Gerichts keine untragbaren Konsequenzen für den Arbeitgeber vor, so dass die Berufung auf den Formmangel auch aus diesem Grund nicht treuwidrig gewesen wäre.

Folgen für die Praxis:

Die Subsumtion des LAG überrascht. Eine verbindlichere und endgültigere Positionierung eines Arbeitnehmers, als die 4-malige Bestätigung einer mündlich ausgesprochenen Kündigung ist nur schwer vorstellbar. Arbeitgebern ist daher – weiterhin - dringend zu raten, selbst bei subjektiv empfundenen eindeutigen Aussagen eines Arbeitnehmers, umgehend eine formwirksame Abrede mit dem Arbeitnehmer über die Beendigung zu treffen. Anderenfalls kann das Vertrauen des Arbeitgebers in die Nachhaltigkeit der Positionierung des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber nachteilige Konsequenzen haben.

Autor/innen

Alexander Möller

Alexander Möller

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