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22.05.2015

Keine Stromsteuer für Leitungs- und Umspannverluste

Das Finanzgericht München hat mit Urteil vom 29. Januar 2015, Az.: 14 K 2822/13, entschieden, dass Leitungs- und Umspannverluste im Rahmen der Stromsteuer steuermindernd zu berücksichtigen sind.

Das Finanzgericht München hat mit Urteil vom 29. Januar 2015, Az.: 14 K 2822/13, entschieden, dass Leitungs- und Umspannverluste im Rahmen der Stromsteuer steuermindernd zu berücksichtigen sind.

Sachverhalt

Die in Deutschland ansässige Klägerin, ein Wirtschaftsunternehmen, verfügte über mehrere Betriebsstätten, in denen u. a. Stromerzeugungseinheiten betrieben wurden. Die Klägerin ist im Besitz einer Erlaubnis zur Leistung von Strom an Letztverbraucher (Versorgererlaubnis, § 4 StromStG). In den jeweiligen Betriebsstätten entnahm die Klägerin u.a Strom zum Eigenverbrauch, welcher versteuert wurde. Neben den Entnahmen entstanden zusätzlich Umspann- bzw. Leitungsverluste, welche durch die Klägerin nicht zur Steuer angemeldet wurden. Im Rahmen einer Außenprüfung ist dieser Umstand festgestellt und der „Fehlbetrag“ nachträglich festgesetzt worden.

Rechtslage

Nach Auffassung der Finanzverwaltung können die Leitungs- und Umspannverluste nicht steuermindernd abgezogen werden. Die entsprechenden Strommengen sind regulär der Strombesteuerung zu unterwerfen. Denn die entsprechenden Verluste treten nicht im Versorgungsnetz auf, sondern in einem betrieblichen Netz, sodass entsprechende Verluste, wie auch bei anderen Letztverbrauchern, der Versteuerung unterliegen müssen. Das Finanzgericht München hat mit vorgenanntem Urteil die Auffassung der Finanzverwaltung verworfen. Das Finanzgericht begründet seine Entscheidung damit, dass es im Stromsteuerrecht keine Unterscheidung zwischen Versorgungsnetzen und betrieblichen Netzen gebe. Insbesondere seien die entsprechenden Regelungen des Energiewirtschaftsgesetzes nicht unmittelbar anwendbar. Stattdessen ergebe sich bereits aus dem Stromsteuergesetz, dass stets von einem Netz ausgegangen werde, sodass die getätigte Unterscheidung der Finanzverwaltung nicht tragfähig ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Sinn und Zweck des Stromsteuerrechts vorsieht, lediglich den tatsächlichen Verbrauch zu besteuern. Darüber hinaus ist für eine Stromsteuerentstehung entscheidend, dass Strom willentlich dem Leitungsnetz entnommen wird, da nach § 5 StromStG eine „Entnahme“ erforderlich ist. An einer solchen willentlichen Entnahme fehlt es jedoch, wenn Strom aufgrund technischer Vorgänge „verloren geht“.

Anmerkung

Die Entscheidung des Finanzgerichts München ist zu begrüßen, da sie sowohl systematisch als auch vom Ergebnis her zu den richtigen Ergebnissen kommt. Nach unserer Ansicht kann weder differenziert werden zwischen verschiedenen Netzen mit entsprechenden unterschiedlichen Rechtsfolgen bei vergleichbaren Sachverhalten; noch beantwortet der Ansatz der Finanzverwaltung die Frage, warum technisch bedingte Leitungsverluste versteuert werden sollen, wenn das Stromsteuerrecht gerade nicht an eine Versteuerung des hergestellten, sondern des verbrauchten Stromes anknüpft. Dies kann u. E. nur Strom sein, der willentlich genutzt wird, um andere Nutzenergien, wie beispielsweise Licht oder Wärme, zu erzeugen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Revision beim BFH wird unter dem Aktenzeichen VII R 7/15 geführt. Es bleibt spannend, wie der Bundesfinanzhof die Sache entscheiden wird. Was bedeutet das Urteil für die Unternehmen? Unternehmen der Versorgungswirtschaft bzw. solche, die über eigene Stromerzeugungseinrichtungen verfügen, sollten prüfen, ob in der Vergangenheit Umspann- und Netzverluste steuermindernd berücksichtigt wurden. Für abgegebene Steuererklärungen empfehlen wir eine Berichtigung, sofern die Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten ist. Bei zukünftigen Anmeldungen sollten die entsprechenden Verluste steuermindernd in der Anmeldung berücksichtigt werden. Hierbei ist unter dem Gesichtspunkt des vorsichtigen Waltens ein Hinweis an das jeweilige Hauptzollamt auf das Vorliegen des FG München-Urteils ratsam.


Urteil des FG München vom 29. Januar 2015