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29.07.2020

Ist die Feiertagsvergütung stets zwingend?

Ist die Feiertagsvergütung stets zwingend?
Ist die Feiertagsvergütung stets zwingend?
Der Idee eines Arbeitgebers, dass Arbeitstage nur solche sind, die nicht Feiertage sind, und dementsprechend die in § 2 Absatz 1 EFZG normierte Feiertagsvergütung nicht gelte, hat das Bundesarbeitsgericht jüngst einen Riegel vorgeschoben.

Dies entschied das Gericht im BAG, Urteil vom 16.10.2019, Az. 5 AZR 352/18.

Zum Hintergrund

Der Kläger ist bei der Beklagten als Zeitungszusteller beschäftigt. In dem geschlossenen Arbeitsvertrag heißt es unter anderem, dass die Tätigkeit sich über die Belieferung von Abonnenten/Empfängern mit periodischen Zeitungen und Zeitschriften definiert und die Belieferung täglich von Montag bis Samstag erfolge. In der im Arbeitsvertrag zum Vertragsbestandteil erklärten Anlage 1 unter Ziffer 3 lit. d) heißt es zudem, dass (vergütungspflichtige) Arbeitstage nur solche sind, an denen Zeitungen im Zustellgebiet erscheinen. Die Beklagte rechnete das Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns für Zeitungszusteller als Grundlohn nebst weiterer Lohnansprüche basierend auf der Anzahl zugestellter Zeitungen/Zeitschriften als Stücklohn ab.

Für die Feiertage am 3. April 2015 (Karfreitag), am 5. April 2015 (Ostermontag), am 1. Mai 2015 (Tag der Arbeit, ein Freitag), am 14. Mai 2015 (Christi Himmelfahrt, ein Donnerstag) und am 25. Mai 2015 (Pfingstmontag), an denen der Kläger nicht arbeitete, zahlte sie keine Vergütung. Nach erfolgloser außergerichtlicher Geldendmachung verlangte der Kläger gerichtlich die Zahlung einer Vergütung in Höhe von € 241,14 nebst Zinsen für die vorbezeichneten Feiertage. Er vertrat die Ansicht, dass die Beklagte gesetzlich zur Entgeltzahlung verpflichtet sei, da der Arbeitsausfall an den bezeichneten Tagen ausschließlich feiertagsbedingt gewesen sei.

Die Regelung unter Ziffer 3 lit. d) der Anlage 1 stehe dieser Beurteilung nicht entgegen, vielmehr sei sie in mehrerlei Hinsicht unwirksam. Die Beklagte beantragte Klageabweisung und vertrat die Ansicht, dass der für den gesetzlichen Entgeltzahlungsanspruch erforderliche monokausale Zusammenhang zwischen Feiertag und Arbeitsausfall nicht gegeben sei. Denn die Arbeit sei nicht etwa wegen des Feiertags unterblieben, sondern deshalb, weil im Zustellbezirk des Klägers keine Presseerzeugnisse erschienen seien, mit deren Zustellung die Beklagte beauftragt sei. Mit Blick auf solche Tage habe sie – insoweit auch feiertagsunabhängig – entschieden, ihrer unternehmerischen Tätigkeit nicht nachzugehen. Dem trügen die vertraglichen Vereinbarungen in zulässiger Weise Rechnung.

Das Ergebnis des Urteils

Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Versäumnisurteil stattgegeben und dieses nach rechtzeitigem Einspruch der Beklagten aufrechterhalten. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Revision hatte zwar insoweit Erfolg, als die Höhe der zugewiesenen Beträge aufgrund falscher Berechnungsgrundlagen fehlerhaft gewesen sei. Mit dem Vortrag, dass der Kläger aufgrund der vertraglichen Regelungen bereits dem Grunde nach keine Vergütung beanspruchen könne, drang die Beklagte indes nicht durch.

Das Bundesarbeitsgericht bestätigte grundsätzlich den Entgeltanspruch des Klägers für die auf Werktage fallenden Feiertage. Denn gemäß § 2 Absatz 1 EFZG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, das Entgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Der Arbeitnehmer ist danach so zu stellen, als hätte er an dem gesetzlichen Feiertag im Umfang der für diesen Tag geschuldeten Arbeitszeit gearbeitet. Die Vereinbarung der Parteien, wonach Arbeitstage des Klägers alle (und nur) Tage seien, an denen Zeitungen im Zustellgebiet des Klägers erscheinen, schließe den Entgeltzahlungsanspruch nicht aus.

Die Regelung verstoße gegen § 12 EFZG, wonach vom EFZG (bis auf § 4 Absatz 4) nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden darf. Denn die arbeitsvertragliche Klausel sollte alleine bewirken, dass sich unter der Voraussetzung einer fehlenden Belieferung mit Zeitschriften die vom Kläger im Arbeitsverhältnis geschuldete „Soll-Arbeitszeit“ um diejenige Zeit verkürzt, die ohne die vertragliche Regelung auf den Feiertag entfiele. Einer solchen Vereinbarung stehe jedoch die Unabdingbarkeit des gesetzlichen Entgeltzahlungsanspruchs entgegen. Der Arbeitgeber kann der Verpflichtung aus § 2 Absatz 1 EFZG nicht dadurch entgehen, dass er für den Feiertag von vornherein keine Arbeit einplane.

Die Entscheidung des BAG ist nicht überraschend, zumal bereits die Vorinstanzen die vertragliche Praxis des beklagten Arbeitgebers zur Umgehung der Vergütung von feiertagsbedingtem Arbeitsausfall für unwirksam erklärten. Soweit ein Feiertag die alleinige Ursache eines Arbeitsausfalls ist, beziehungsweise die jeweilige Freistellung durch die gesetzliche Feiertagsruhe bestimmend beeinflusst ist, besteht für den Arbeitnehmer ein Anspruch auf Feiertagsvergütung aus § 2 Absatz 1 EFZG, die der Höhe nach der Vergütung entspricht, welche der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte.